Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2007
...was bisher geschah

Unterstützt durch

Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!

Teil 7

20. Mai 07

Eine Nacht ohne Übernachtungsgäste! An eine solche Situation muss man sich von nun an immer wieder einmal gewöhnen.


Das leere Nest

Die Schorschis haben in und um das Nest nur wenige Aufgaben zu erfüllen, sie können es sich sogar erlauben, die  Nacht woanders zu verbringen, ohne befürchten zu müssen, dass sie die Kontrolle über das Nest verlieren. Bei Auseinandersetzungen blieben sie bisher stets die eindeutigen Sieger. So zeigt Sylvias erster Morgenschnappschuss ein leeres Nest! Dies hatte sich am Vorabend schon angedeutet, als keiner der Schorschis mehr aufgetaucht war.

Dass es später ausgerechnet unser aller Schorsch war, der um 11 Uhr am Vormittag wieder antanzte, musste schon ein wenig überraschen.


Schorsch ist da!

In seinem Zustand – ausgehungert, fast besinnungslos vor Durst und Hitze – sicher eine tolle Leistung! Oder ist es eigentlich doch nicht so schlimm, wie manche stets behaupten? Schorschs Schnabelverletzung geht in die vierte Woche, dafür hält er sich wirklich wacker. Ob es ihm letztlich etwas hilft, werden die nächsten Wochen zeigen. Vielleicht bleibt ihm wenigstens das Schicksal unseres „Fritz“ vom Hof unseres Jens erspart! Das Foto zeigt besagten „Fritz“ als Stopfpräparat im Storchenpflegehof in Papendorf. Damit ist er dort die Attraktion, zumal er seine Prothese mit Anstand trägt.


Armer Fritz!

Nun mal ehrlich! Da wäre es doch wirklich besser gewesen, ihm die Giftspritze zu setzen und ihm eine solche Groteske zu ersparen. Nun reiht er sich wenigstens nahtlos in die Jagdtrophäensammlung des Jens vom Storchenpflegehof in Papendorf ein. Fehlt nur noch die passende Schnabelprothese und ein echter Wolpertinger wäre beisammen. (Sollte nur als kleine Anregung dienen!)

Experten für solche Schnabelersatzhilfen gibt es im Internet unheimlich viele, da wäre es doch gelacht, wenn man Jens nicht ein wenig behilflich sein könnte. Passend zum Stützbein könnte da eine Schnabelprothese in weißer Keramikverblendung zur Anwendung kommen. Bestellnummer bei mir bitte anfragen, Versand nur gegen Vorauskasse! Zahlt aber nicht die Krankenkasse!

Bei aller Begeisterung um Schorsch darf eines nicht verschwiegen und vergessen werden: Solche Schnabelverletzungen, wie sie unser Schorsch davongetragen hat, scheinen, nachdem, was alles an Unsinn darüber im Gästebuch verzapft wurde, eine sehr häufige Verletzung zu sein und die Zahl der Fälle sollte sich nach Hunderten oder Tausenden bewegen! Da wird vollmundig von 1 bis 2 Zentimetern „Nachwuchs“ pro Monat erzählt, aber leider kein einziges Belegfoto und auch kein einziges Beobachtungsprotokoll darüber vorgelegt. Ohne den immensen Erfahrungsschatz mancher Pflegestationen in Zweifel ziehen zu wollen, kann ich mit solchen unbelegten Hinweisen absolut nichts anfangen.

Sollte der Schnabel nicht nachwachsen – diese Meinung vertrete ich persönlich nach wie vor – und sollte Schorsch den Sommer überleben, dann darf er meinetwegen auch den Abflug machen. Und wenn er dabei auf der Strecke bleibt, wird ihn niemand daran hindern. Er wird dann ein weiteres Opfer in einer unendlich langen Todesliste während des Zuges verkörpern. Was soll's? Wer sich wegen eines solchen Verlustes groß aufregt, ist selber schuld und muss sich um die Verhältnismäßigkeit solchen Tuns ernsthafte Fragen gefallen lassen. Sehen Sie doch die Natur etwas entspannter! Das ist eine völlig andere Kategorie als bei Mutti auf der Couch! Es gilt das Prinzip „Fressen und Gefressenwerden“. Da wäre es doch ein feiner Abschluss, wenn Schorsch einem Räuber – sei es in Dinkelsbühl oder sonst wo auf der Welt – als Proteinreserve dienen könnte! Welches Leid hat Schorsch anderen Tieren in seinem Leben zugefügt und bislang ist er straffrei ausgegangen. Ungezählte Mäusemamas und Mäusepapas haben durch ihn ihr Leben verloren und damit auch ungezählte Jungmäuse, die vergeblich auf die Rückkehr ihrer Ernährer warten mussten und jämmerlich den Hungertod starben. Man denke nur an das Große Heupferdweibchen, das ungezählte legereife Eier gebildet hatte und kurz vor der Ablage derselben vor den noch intakten Schnabel Schorschs geriet und ohne Gnade verspeist wurde. Ich denke an das Heer prächtiger Laufkäfer und ungezählter Grasfrösche, die einen qualvollen Tod durch die Untaten unseres Schorsch starben.   

Nehmen Sie sich doch nicht wichtiger als Sie sind, verehrte Tierschützer! Das Heer in Storchenhöfen und Storchenhinterhöfen gehaltener Adebare geht in die Hunderte, vielleicht sogar in die Tausend und mehr! Dem einen Betreiber dienen sie als Schauobjekte mit guten Einnahmequellen, dem anderen zur Belustigung für Kind und Kegel. Lassen Sie ganz einfach diese perversen Spielchen und schließen sie die zum Himmel stinkenden und durch nichts zu rechtfertigenden Tierverwahranstalten! In einer Pflegestation haben Dauergäste – zu welchem Sinn und Zweck auch immer – erst recht keine Aufenthaltsberechtigung. Somit haben Fritz und Co. in einer Storchenpflegestation - oder wie diese Dinger auch immer heißen mögen – nichts verloren.

Schorsch stand also ab 11 Uhr bei Fuß! Großartig! Ob er einen Feind ausgemacht hatte? Sein Verhalten deutete ganz darauf hin.


Feind in Sicht?

Der Vorbeiflug eines Storches am Nest, von der Webcam festgehalten, wurde von Schorsch anstandslos toleriert. Man konnte schon an das Erscheinen von Nummer 6 denken, doch nichts dergleichen geschah.


Der Vorbeiflug

Als eine gute halbe Stunde auf dem Dachfirst vor dem Nest ein Storchenkopf erschien, war das Rätsel teilweise gelüftet. Ein Storch, wahrscheinlich ein Fremder, war neben dem Nest gelandet, wurde aber von Schorsch in dieser Position toleriert. Nummer 6 sollte es nicht gewesen sein, denn der hätte sich sicher zu seinem Partner ins Nest begeben. Dieser Status – Schorsch im Nest, ein zweiter Storch auf dem Dachfirst – hielt über eine Stunde an, ehe Bewegung in das Ganze geriet.


Wer hat den Zaungast entdeckt?

Um 13:09 Uhr zitterte die Erde und die ganze Situation blieb leicht undurchsichtig. Während einer heftigen Kampfszene, an der wohl drei Störche beteiligt waren (unser Traumpaar und ein Fremder, der versuchte, im Nest Fuß zu fassen). Ein vierter Storch beobachtete die Auseinandersetzungen während des gesamten Zeitraums seelenruhig vom Dachfirst aus. Meine Vermutung geht in die Richtung, dass es heute zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen den Schorschis und dem „zweiten Paar“ gekommen ist, das uns schon seit Wochen in Trab hält.

 
Während sich zwei streiten, freut sich der dritte auf dem Dachfirst!

 
Nummer 6 außer Rand und Band!


Schorsch eilt herbei...


...und landet zur Luftunterstützung

 
Totale Aufregung!
 

Nach gut 5 Minuten hatte sich alles wieder beruhigt und zur Belohnung und auch zum Abbau angestauter Spannungen vollzogen Schorsch und Nummer 6 den Liebesakt in sehr guter Manier.


Das tut gut!

Die gesehenen Kampfhandlungen machten hungrig, so dass sich die beiden Sieger in die Nahrungsgründe aufmachten und erst nach 21 Uhr am Nest erschienen. Es gab eine neue gemeinsame Nacht zwischen unseren Traumpartnern. Das gestrige Ausbleiben blieb also ein einmaliger Ausrutscher.


Nummer 6 landet

Herrliches Nachtbild!

Wo zumindest Schorsch versuchte, etwas Essbares zu finden, konnte Rolf-Dieter in Erfahrung bringen. Schorsch erinnerte sich an seinen Ausflug zum Campingplatz (siehe Tagebuch vom 18.5.) vom Freitag. Wieder hielt er sich eng an Angler am Ufer des Sees in der weiträumigen Anlage des Platzes. Die beiliegenden Fotos von Schorschs Ausflug stellte mir dankenswerterweise Rolf-Dieter zur Verfügung!

Camping-Schorsch




 
21. Mai 07

Es gab ein friedliches Erwachen unserer beiden Schorschis. Mit Sylvias Schnappschüssen konnten alle – auch die Langschläfer – hautnah dabei sein.


Erwachen!

 In der ersten Stunde gab es ein ungewöhnliches Hin und Her von Nummer 6. Diese häufigen An- und Abflüge dienten dem Transport von Nistmaterial. Dabei kamen neben Gras auch einige Äste zum Vorschein. Schorsch beteiligte sich an derlei Arbeit nicht, sondern er verabschiedete sich gegen 5:30 Uhr zunächst einmal. Nach den morgendlichen Turbulenzen trafen sich die Nestbewohner am Vormittag zu einer weiteren Runde Gemeinsamkeit, der auch am Nachmittag eine solche folgte. Sage noch einmal einer, dass Schorsch jede freie Minute für die Nahrungssuche verwenden müsse. Über Stunden verschleuderte er seine kostbare Zeit, um mit Nummer 6 der Ruhe im Nest zu frönen. Relativ früh stellte sich dieser am Abend zur Übernachtung ein und erhielt zu später Stunde – es war gegen 21:40 Uhr – Nachtbesuch von Schorsch.


Schorsch allein

Nummer 6 beim Nestbau
   

Schorsch allein

Nummer 6 beim Nestbau
   

Am Vormittag

am Nachmittag
   

Nummer 6 am Abend

Paar vereint zur Übernachtung

Für mich stand am Nachmittag die Beringung der Störche von Mosbach an. Gerade mal 5 Kilometer von meiner Wohnung in Feuchtwangen entfernt, gehört dieses Nest zu meinen Lieblingsnestern, von dem ich seit fast 40 Jahren lückenlose, von mir erhobene Aufzeichnungen besitze.

Auch heuer gehörte dieses Paar – das Weibchen brütet seit 2001 ununterbrochen in der kleinen Wörnitzgemeinde – zu den ersten Rückkehrern meines Bearbeitungsgebietes. Die Vorgänge um unseren Schorsch verhinderten es in diesem Jahr, dass ich mir einen genaueren Einblick in das Brutgeschehen verschaffen konnte. So liegen mir erst wieder Daten vor, als die Jungen bereits geschlüpft und etwa 15 Tage alt waren. Damals gab es vierfachen Nachwuchs. Von abgeworfenen toten Jungen wurde mir aber nichts gemeldet, so dass die Zahl vier wohl auch der Zahl der geschlüpften Jungen entspricht.

Diese vier – sie haben auch die kalten Tage der vergangenen Woche anstandslos überstanden - galt es also heute zu beringen. Mit rund 23 bis 26 Tagen hatten sie sich schon zu properen Storchenjungen entwickelt, so dass man hoffen kann, sie würden auch die nächsten vier bis fünf Wochen bis zum Ausfliegen gut überstehen.

Da mir bis zum Eintreffen der Feuerwehr noch etwas Zeit blieb, konnte ich die Angriffe von zwei Fremdstörchen längere Zeit beobachten. Sie waren der Anlass für heftigste Klapperstrophen der beiden, zur Verteidigung des Nestes bereitstehenden Nestinhaber. Besonderes Bonmot: Bei einem der Fremden handelte es sich zweifelsfrei um die Dinkelsbühler Nummer 6. Ihr kleiner, einmaliger Ring ließ an der Identifizierung keinen Zweifel aufkommen. Ein Storch mit teilweise fehlendem Unterschnabel konnte in der Gruppe von mir nicht ausgemacht werden. Also war Schorsch doch lieber vor den Toren Dinkelsbühls geblieben und hatte sich die 10 Kilometer Flugstrecke gespart. Nach rund 15 Minuten verabschiedete sich das Trio wörnitzaufwärts und beendete damit die wenig bösartigen Belästigungen der Mosbacher Störche.


Bilder aus Mosbach

 
22. Mai 07

Schorsch und Nummer 6 begrüßten gemeinsam einen neuen Morgen, um sich bereits um 5:06 Uhr aus dem Nest zu verabschieden.


Paar erwacht

Sicher gaben fremde Störche erneut den Anlass, dass es für die Schorschis ein unruhiger Vormittag wurde. Ab 10 Uhr stellten sich die Eigentümer der Wohnung „Altes Rathaus“ ein. Die Anwesenheit entwickelte sich zu einer Dauereinrichtung, wobei Nummer 6 immer mal zwischendurch die „Fliege“ machte und für kurze Zeit das Nest verließ. Als sich die Angelegenheit beruhigt hatte, verzog man sich zur Futtersuche.

 
Morgenimpressionen
 

Schorsch ist auch 25 Tage nach seiner Schnabelverletzung noch längst nicht tot, sondern er erfreut sich nach wie vor bester Gesundheit. Ein Einfangen wird weiterhin nicht erfolgen, was sollte man denn danach mit ihm anstellen? Auch noch den Oberschnabel abschneiden? Er frisst doch bislang selbständig und muss nicht gefüttert werden! Also keine Sorge, alles bleibt wie es ist!

Vielleicht kann uns Jens ja mal ein paar aussagekräftige Fotos seiner zahlreichen, schnabelverletzten Störche vorlegen, damit wir uns einmal ein Bild seiner Pflegeleistungen machen können. Es sollen von ihm schon einige Störche mit fehlendem Unterschnabel geheilt worden sein. Das wäre doch endlich eine echte Hilfe für unsere Bemühungen, einmal vor Augen geführt zu bekommen, wie die Heilungsergebnisse im Falle eines Schorschs in einigen Monaten aussehen könnten. Bloße Behauptungen in den Raum zu stellen, ist stets mit einem faden Beigeschmack zu genießen. Also: An alle Storchenpflegestationen und ähnliche Einrichtungen sei die Bitte gerichtet, mir Bildmaterial von schnabelverletzten Störchen mit einer ähnlichen Verletzung wie bei unserem Schorsch zu übersenden. Es zählen nur Lebendfunde und unbearbeitete Fotos. (Man kann jedes Storchenfoto digital so aufarbeiten, dass man einen Schorsch dabei erhält!)

Wünschenswert wären dabei Datensätze mit Bildbeleg, die die wöchentlichen Zuwachsraten verdeutlichen. Seriöse Pflegestationen sollten eine solche lückenlose Dokumentation im Sinne einer wissenschaftlich fundierten Arbeitsweise locker zur Hand haben. Liegen solche Belege nicht vor oder werden sie gar nicht erhoben, sollte man von einer weiteren Förderung absehen und die Einrichtung schließen.

Auf baldige Nachricht freut sich Ihr Tagebuchschreiber! Ach, bald hätte ich es vergessen! Wann ist die Anfertigung einer Schnabelprothese angebracht und zwingend notwendig? Auch hierüber wäre ich um eine kurze Antwort sehr dankbar. Damit wäre für das nächste Jahr eine Rückfrage nicht mehr nötig und den zukünftigen Bewohnern des Dinkelsbühler Rathausnestes wäre 2008 dann schneller geholfen!

Es macht also Freude, den Schorsch nach wie vor in gutem Zustand zu erleben. Immer noch erreicht er das Nest in luftiger Höhe ohne fremde Hilfe und kann immer noch nur den Kopf schütteln über die Aufschreie um sein Schicksal. Zugegeben: Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass er das erste Monat so gut übersteht, aber man lernt stets dazu und die Haltung vor Ort, abzuwarten und zu beobachten, war ein echter Volltreffer. Vier Wochen konnte ich nun schon Schorsch davor bewahren, in einer Pflegestation hinter Gittern zu verbringen. Da kann man doch auch ein wenig stolz sein!

Auch der Nachmittag war wieder geprägt von einem Storchenduo im Nest. Besonders rührend nahm sich dabei die sorgsame Gefiederpflege der Nummer 6 bei Partner Schorsch aus. Man hatte den Eindruck – natürlich unter vermenschlichenden Gesichtspunkten – sie würde Schorsch bei der Gefiederpflege helfen. Natürlich alles Blödsinn! Das machen Störche häufig so. Das hat nichts mit Liebe oder Hilfsbereitschaft zu tun. Dazu sind Vögel und natürlich auch unsere Lieblinge einfach zu blöd und dies meine ich in keiner Weise beleidigend oder abwertend.

 
Liebevolle Körperpflege

Offensichtlich hatte danach Schorsch genug von den Liebkosungen seines Partners und wollte diesen nicht auch noch während der Nacht ausgesetzt sein. Deshalb zog er es vor, nicht im Nest zu übernachten, sondern diese Plattform ganz seiner Nummer 6 zu überlassen. Schorsch war unerkannt entkommen.


Nummer 6 allein zu Haus

Während sich das oben Beschriebene ereignete, begab sich Ihr Tagebuchschreiber auf große Fahrt. Erstmals in der Geschichte des Ortes Höchstädt an der Donau stand die Beringung der Jungen im Nest auf dem Schloss bevor. Seit gestern befand sich – ein glücklicher Umstand – dort ein großer Autokran im Einsatz, mit dessen Hilfe Sturmschäden am Dach des Schlosses behoben wurden. Am frühen Nachmittag waren diese Arbeiten beendet und der Kranwagen stand für die Beringung zur Verfügung.


Der Autokran


Der Käfig – noch ohne Inhalt

Kein alltäglicher Einsatz, selbst für Ihren Tagebuchschreiber bedeutete es höchste Konzentration. Auch an diesem Nest gab es vor und nach der Beringung Alarm und drei Fremdstörche (davon mindestens einer mit einem ELSA-Ring) umkreisten Nest und Schloss und machten auch immer wieder Zwischenlandungen auf dem Dach des imposanten Gebäudes. Die Verteidigung durch die Altstörche funktionierte auch in Höchstädt bestens, so dass keine Gefahr für die beiden Jungen bestand, die im übrigen mit fast vier Wochen schon prächtige Burschen waren. Die zwei noch im Nest befindlichen Eier gaben einen Hinweis, dass sie entweder unbefruchtet waren oder abgestorbene Embryonen enthielten. Ein wenig stolz durfte ich die Heimreise antreten.


Die Nestbesatzung in froher Erwartung


Stehe ich so richtig?

Ein auf der Rückfahrt eingeplanter Beringungstermin mit der FFW Dinkelsbühl in Weiltingen fiel einem aufziehenden Gewitter zum Opfer und wurde vertagt.

 
23. Mai 07

Auch dieser Tag brachte wie die vergangenen einen strahlend blauen Himmel mit Höchsttemperaturen von 28 Grad. Der Regen der letzten Woche hat sich längst verflüchtigt und Feld und Flur können wieder als reichlich trocken bezeichnet werden.

Ob es an seinem Junggesellenstatus lag, dass Nummer 6 es am Morgen richtig langsam angehen ließ?


Nummer 6 hält lange die Stellung

Sie wollte zunächst das Nest gar nicht verlassen! Jedoch wenn es ans Eingemachte, sprich an die Signale des Magens geht, wird selbst der beste Hungerkünstler einmal schwach. Doch allzu lange blieb es im Nest nicht leer! Ein Fremder stand kurz vor 9 Uhr für einige Augenblicke auf  feindlichem Terrain.


Der große Unbekannte

Der Rest sei kurz erzählt: Auch abends blieb es bei einem einsamen Übernachtungsgast in Gestalt von Nummer 6. Von Schorsch sah ich persönlich an diesem Tag nichts. Keine Spur von unserem geschätzten Kämpfer! Er wird sich halt ein wenig verspekuliert haben oder er genießt ganz einfach eine sehr ergiebige Nahrungsquelle und hat es vorgezogen, bei den vollen Fleischtöpfen zu bleiben.


Nummer 6 allein

Für das Kollegium meiner Schule stand ab Mittag unser traditioneller Betriebsausflug auf dem Programm. Er führte uns in das Gebiet um den Hesselberg. Von dessen Spitz in 689 Metern über dem Meeresspiegel blickt man auf den Lauf der Wörnitz und hat die Storchennester von Wilburgstetten, Weiltingen, Wittelshofen, Gerolfingen und Wassertrüdingen vor sich liegen. Bei der Abfahrt von der Bergspitze konnten wir gerade noch erleben, wie in Gerolfingen zwei Fremdstörche um das Nest kämpften. Da bedauerte ich, dass wir im Bus saßen und ich außerdem weder Fernglas noch Spektiv zur Hand hatte. Nach dem Besuch des neu geschaffenen Römerparks bei Ruffenhofen mit den Überresten eines Reiterkastells, gab es noch eine Brotzeit in den Wörnitz-Stuben in Wittelshofen.

 
24. Mai 07

Der Sommer im Mai macht immer noch keine Pause. Traumwetter pur, Temperaturen um 30 Grad und trotz angekündigter Unwetter blieb es auch heute trocken. Was konnte Nummer 6 in aller Frühe schon veranlasst haben, sich im Nest wie von der Tarantel gestochen aufzuführen? Da Taranteln nicht zur heimischen Fauna gezählt werden, lag es sicher nicht an diesen Tieren. War es die reine Lebensfreude, die da aus Nummer 6 heraussprudelte?

 
Von der Tarantel gestochen?

Warum es eine Elster Nummer 6 gleich tat, als diese endlich abgezogen war, muss leider ebenfalls offen bleiben.


Die Elster kann es auch!

Wer geglaubt hatte, dass damit die ungewöhnlichen Tanzeinlagen beendet seien, sah sich nach der Rückkehr von Nummer 6 eines Besseren belehrt. Das Tänzchen ging munter weiter und wuchs sich zu einem prächtigen Intermezzo im Stile einer Primaballerina aus.

 
Das Tänzchen geht weiter

Die Folgezeit brachte neue Aufregungen um das Nest. Schorsch gesellte sich zur „Vor-Tänzerin“ und es kam verstärkt Unruhe auf. Die üblichen Szenarien wurden abgespult und Schorsch hielt sich dabei in keiner Weise zurück. Man hatte im Gegenteil den Eindruck, er wolle jetzt erst recht seine Kampfbereitschaft unter Beweis stellen. Dass die ablaufenden Verhaltensweisen auch wirklich begründet waren, bewies ein dritter Storch, der für kurze Zeit auf dem Dachfirst des alten Rathauses Platz gefunden hatte.


Unruhe und ein unbekannter Dritter

Man ist Herr der Lage!

Für Schorsch und Nummer 6 schien es auszureichen, den Eindringling auf Distanz gehalten zu haben und ihn von der Besitznahme des Nestes abgehalten zu haben. Ohne attackiert zu werden, machte der große Unbekannte schließlich den Abflug und Ruhe kehrte über den Dächern der Stadt ein. Der nachmittägliche Aufenthalt unseres Paares am Nest galt dann wieder der gegenseitigen Körperpflege und man genoss die Streicheleinheiten, die jeder nach bestem Wissen und Gewissen verteilte. Der eine ein bisschen mehr, der andere ein bisschen weniger.

 
Kuscheleinheiten

Die Übernachtung erfolgte nach so viel Gemeinsamkeit während des Tages ebenfalls gemeinsam. Um 21:32 Uhr sah man die Schorschis so langsam im Dunkel der beginnenden Nacht versinken.


Die Schorschis schlummern dahin

Gleich nach einem anstrengenden Schultag war Ihr Tagebuchschreiber zu einer weiteren Beringungsfahrt gestartet. In dem riesigen Gebiet entlang der Donau, der Altmühl sowie der Wörnitz mit seinen etwa 35 bis 40 Brutpaaren erfordern der unterschiedliche Brutbeginn und damit auch die zeitlich versetzte Jungenaufzucht oft mehrere Fahrten ins gleiche Gebiet, um alle Jungen im Nest beringen zu können. Ich hatte für den Nachmittag jeweils Termine mit den Feuerwehren von Gunzenhausen und Weißenburg. Ich verband die Fahrt mit der Kontrolle der Nester, in denen eine Beringung noch nicht erfolgen konnte oder musste. Dabei stellte ich fest, dass jedes Brutpaar bereits mit Nachwuchs gesegnet war. Das Alter der Nestlinge reichte dabei von knapp vier Wochen bis zu wenigen Tagen. Es sieht also bombig aus und bedeutet für mich in den anstehenden Ferien viel Arbeit und viele Hundert Kilometer Fahrtstrecke.

In Windsfeld, südlich von Gunzenhausen, hatte ich ein Date mit der Drehleiter aus Gunzenhausen. Dort konnte ich bereits vor 38 Jahren zusammen mit meinem Vorgänger, dem leider schon verstorbenen Joachim Werzinger, die ersten Jungstörche beringen. In meinen Anfangsjahren bedeutete jede dieser Aktionen über brüchige Dächer, mit auf dem Dachfirst aufgesetzten Leitern einen Einsatz unter Lebensgefahr. Drehleitern, wie sie die Feuerwehren größerer Gemeinde heute besitzen, gab es damals schlicht und einfach nur höchst selten. Mit großem Leichtsinn ausgestattet, allerdings noch ohne eigene Familie, konnte man nur von Glück sprechen, wenn ich ohne schweren Unfall die Anfangsjahre überstand. Danach – es geschah in den 70er Jahren – stattete man viele Feuerwehren mit 30 Meter Drehleitern aus, so dass lebensgefährliche Einsätze immer seltener wurden und heute gänzlich der Vergangenheit angehören.

So war es an diesem Tag auch in Windsfeld. Die vorausgegangen Fahrten hatten gezeigt, dass dort im Augenblick das Jungvolk der Störche im besten Beringungsalter stand. Mit vier Wochen lassen sich die Jungen am besten „bearbeiten“, so dass ich, wenn möglich, bei Erreichen von etwa 30 Lebenstagen das Beringen vornehme. Nach oben besteht für mich eine Grenze bei sechs Wochen. Danach kann es mit dem Eintritt der Akinese Schwierigkeiten geben und man will ja auf keinen Fall, dass ein Junges durch die Beringung zu Schaden kommt.


Vorfahrt am Nest


Wir kommen


Das Trio

Drei prächtige Junge erhielten ihre ELSA-Ringe und dürfen sich nun über ihre neuen Aufgaben im Dienste der Wissenschaft freuen. Die Storchenmama hielt bei der Anfahrt der Leiter lange im Nest aus, ehe sie sich dezent zurückzog und unmittelbar nach Einfahren des Leiteraufbaus wieder bei ihren Jungen Platz bezog. Der beringte Storchenmann bekam von der ganzen Sache nichts mit und suchte derweil weiter nach bester Nahrung für die Jungen.

Rund 10 Kilometer weiter gab es nur wenig kleineren Nachwuchs zu kennzeichnen. Für Trommetsheim in der Nähe von Weißenburg war die Drehleiter der dortigen Feuerwehr im Einsatz.  

Das riesige Nest auf dem hohen Kamin der ehemaligen Molkerei barg – wie vorher in Windsfeld – ebenfalls drei kräftige Junge. Auch sie ließen die Prozedur klaglos über sich ergehen und auch hier blieb das Männchen bis zum letzten Augenblick im Nest, ehe es sich auf umliegende Gebäude verzog und sofort nach Einfahren der Leiter wieder im Nest landete.


Am Nest in Trommetsheim


Das Männchen harrt lange aus


Das Trio nach der Beringung

Die Rückfahrt gehörte danach noch der Kontrolle der Nester an der Wörnitz von Wassertrüdingen bis Schopfloch. Auch in diesem Gebiet werden in allen Nestern ebenfalls mehr oder weniger große Junge versorgt.

 
25. Mai 07

Immer noch zeigt sich an der Wetterfront im westlichen Mittelfranken kein Ungemach! Während anderswo heftigste Gewitter niedergingen, blieb es bei den Schorschis ausgesprochen ruhig und bei Nachttemperaturen von 12 Grad und Höchsttemperaturen von 31 Grad richtig heiß.

Sylvias Morgenbild präsentierte unsere Schorschis in gewohnter Eintracht. Man war gerade dabei, sich stadtfein zu machen und dann zu verduften.


Die Schorschis
erwachen

Wer ist der Schönste
im ganzen Land


wir verduften

Um 5:20 Uhr hatte unsere Dauergäste ihr Domizil verlassen . Während Schorsch dem Nest längere Zeit den Rücken kehrte, machte Partner Nummer 6 uns vermehrt seine Aufwartung. Er ließ sich nicht davon abhalten, schon nach einer relativ kurzen Frühstückspause um 6 Uhr mit Nistmaterial am Nest aufzukreuzen und dieses über 90 lange Minuten unter Beschlag zu halten. Beide Schorschis nahmen dann kurz nach 9 Uhr ihre Zwischenmahlzeit in der Storchenburg ein und verwöhnten die User mit herrlichen Bildern trauter Zweisamkeit.


Nummer 6 mit Nistmaterial

Tanz um eine Feder
   

Stressfreie Zone

Abflug Nummer 6

Schon seit Tagen fallen die weiß bekalkten Beine von Nummer 6 besonders ins Auge. Diese – meine Leser wissen längst Bescheid – Verfärbung ist auf das Absetzen eines der Thermoregulation dienenden Spezialkots direkt auf die langen Stelzbeine der Vögel zurückzuführen. Die Verhaltensweise greift, sobald hohe Temperaturen einen erhöhten Wärmeabfluss aus dem Körpern erforderlich machen. In Ermangelung von Schweißdrüsen bedienen sich Störche – neben dem Hecheln – dieser Art des Wärmeentzugs aus dem Körper. Der sehr dünnflüssige „Spezialkot“ entzieht dem Körper im Bereich der gut durchbluteten hinteren Extremitäten durch Verdunstungskälte überschüssige Wärme und macht damit die Hitze erträglicher. So einfach funktioniert das! Bei Schorsch ist diese Weißfärbung nicht vorhanden. Offenbar verzichtet er auf Grund seiner nicht optimalen Ernährungslage auf eine Verschleuderung seiner Ressourcen und behält lieber die Körperwärme da, wo er sie im Moment dringender braucht. Wenn man einen leeren oder nur teilweise gefüllten Magen vorweisen kann, neigt man eher zum Frösteln und schwitzt natürlich weniger leicht. Weiter fällt auf, dass seit kurzem auch wieder die eine oder andere Feder aus dem Großgefieder unserer Helden zum Ausfall kommt und mehr oder weniger lang im Nest zu beobachten ist. Keine Angst! Schorsch und Nummer 6 werden deshalb nicht gleich flugunfähig. Solche Mauserstadien dauern sehr lange und führen immer nur zum Ersatz einzelner Feder. In einem Zeitraum von 1 bis 2 Jahren werden allerdings alle Federn ersetzt, so dass eine Federn längstens knapp 1,5  Jahre gebrauchsfähig sein muss.

Am Abend verhinderte die schlechte Beleuchtung der Dinkelsbühler Altstadt eine sichere Aussage, ob das Paar gemeinsam im Nest übernachtet hat. Nummer 6 war auf alle Fälle an Ort und Stelle. Bei Schorsch sind wir uns für dieses Mal nicht so ganz sicher. Macht nichts! Wir werden ihm bestimmt morgen im Nest erneut begegnen.


Nummer 6 ist zur Übernachtung bereit

Beringung die Fünfte! Große Schwüle am Nachmittag machte den fünften Beringungstag zu einer Schweiß treibenden Angelegenheit. Immer wenn es mit der Dinkelsbühler Drehleiter auf Reise geht, macht es besonders Spaß. Mein langjähriger Begleiter und gleichzeitig auch der Fahrer des Feuerwehrfahrzeuges, Günter Rödel, nahm sich über viele Jahre Zeit, mir zu helfen. Nie klagte er, stets fragte er bei meinen Anrufen nur: „Wann?“

Ein Termin wurde vereinbart und Günter war stets pünktlichst zur Stelle. Leider wird dieses Jahr die Zusammenarbeit mit ihm zu Ende gehen, weil er altersbedingt aus dem aktiven Feuerwehrdienst ausscheiden wird. Die Zusammenarbeit mit der FFW Dinkelsbühl wird dennoch weitergehen – so hoffe ich – aber Günter hat hierfür besonders hohe Maßnahme angesetzt.

Da mir ein fahrbarer Untersatz an diesem Tage nicht zur Verfügung stand, bestieg ich das Leiterfahrzeug am Dinkelsbühler Gerätehaus und Günter Rödel chauffierte mich gen Weiltingen. Dort hatte das Paar – das beringte Weibchen brütete von 1997 bis 2000 auf dem Rathausnest in Dinkelsbühl und seit 2001 ununterbrochen in Weiltingen – vier Jungen ans Licht der Welt verholfen. Nun brachten sie es bereits auf ein Alter von knapp vier Wochen und durften ihre Ringe in Empfang nehmen. Günter assistierte in gewohnt gekonnter Weise und die Viererbande ließ alles anstandslos und in Akinese verfallen mit sich geschehen.


Die Mutter harrt bei ihren Jungen aus.


Das Quartett

Auf dem Rückweg nahmen wir gleich noch das Nest in Wittelshofen mit. Die Anfahrt auf den Hof  der ehemaligen Molkerei wurde bereits vom örtlichen Nestbetreuer Hansjürgen Wölfinger beobachtet, der anschließend zum Nest auf den hohen Kamin mitfahren durfte. Das einzige Junge, das die vierte Lebenswoche dort erreicht hatte, wurde von Ihrem Tagebuchschreiber gekennzeichnet. In Wölfingers Tagebuch können Sie die Ereignisse um das Nest in Wittelshofen umfassend nachlesen und gerade den heutigen Einsatz noch einmal Revue passieren lassen. Schauen Sie einfach unter  www.wittelshofen.de/storchentagebuch/tagebuecher/2007/storchentagebuch_2.html im Internet auf der Homepage der Gemeinde Wittelshofen nach!


Kurz vor dem Ziel


Das einzige Junge von Wittelshofen

Zurück in Dinkelsbühl hatte ich noch weitere zwei Stunden Zeit, bis mein fahrbarer Untersatz in der Werkstatt wieder fahrtüchtig war und für mich ein ereignisreicher Tag zur Neige ging.

 
26. Mai 07

Das Pfingstwochenende hält seinen Einzug! Für mich bedeutet dieses Datum, dass ich etwas Kraft schöpfen kann, Büroarbeiten erledigen und auch der Familie sowie den musikalischen Neigungen in Kirchenchor und Posaunenchor nachgehen werde. Die vergangenen Wochen seit Schorschs Schnabelverletzung brachten auch für mich einen zeitweiligen Ausnahmezustand. Mit den mir entgegengebrachten Gehässigkeiten immer richtig umzugehen, war manchmal sehr schwer und machte mich schon betroffen. Dass Zeitgenossen sich dabei unterster Schubladen bedienen, entspricht in vollem Maße ihrer Geisteshaltung sowie ihrer Niveaulosigkeit. Das gab mir wieder Mut und bestärkte mich in der Gewissheit, jetzt erst recht mit meiner Arbeit fortzufahren und weiter dafür zu kämpfen, dass Tiere stets das Recht haben, in einer artgerechten Umgebung zu existieren und vor jedem überflüssigen Eingriff geschützt werden müssen. Störche sind nicht dazu geschaffen, von dubiosen Storchenpflegehöfen zu Schauzwecken missbraucht zu werden. Pflege auf Zeit muss geleistet werden. Hoffnungslose Fälle sowie solche, die nie mehr in Freiheit gesetzt werden können und dürfen, sind einer Wiederverwertung als Futter oder einer Eingliederung in die allgemeine Nahrungskette zuzuführen. Über Rezepte zur Zubereitung von Störchen für den heimischen Herd ist mir noch nichts Relevantes bekannt, wer welche kennt, darf sich mit mir in Verbindung setzen. Gemäß dem Motto: „Da brat´ mir doch einer einen Storch!“

Bevor das Geschrei meiner heimlichen Tagebuchleser wieder losbricht, bedenken Sie doch bitte, dass dies nur unserer Einschaltquote dient! Wer möchte sich dieser Schuh aber schon anziehen wollen?

Sie wissen doch (und die immer wieder ausbrechende Erregung gibt mir Recht), dass ich mit dieser Haltung genau den Kern der Problematik getroffen habe. Rehe, Hasen, Wildschweine, Gänse, Enten  & Co. werden von vielen von uns mit großer Begeisterung gegessen, nachdem sie vorher vom braven Waidmann mit der Kugel erlegt oder ermordet wurden. Ich habe aus diesem Grunde noch von keinen Morddrohungen oder Anzeigen gegen die Täter gelesen. Wer aber einen schnabelverletzten Storch, dem es gut geht, der uneingeschränkt flugfähig ist und der mit Bravour sein Nest verteidigt, in Freiheit lässt, wird mit Mord und Totschlag bedroht!   

Also bewahren Sie Augenmaß und überlegen Sie beim nächsten Mal genau, was Sie schreiben, bevor Sie es schreiben. In diesem Sinne wünsche ich schöne Pfingsttage und nichts für ungut!

Am Nest auf dem alten Rathaus war der Teufel los! Was sich hier über Stunden ereignete, war mehr als man in seinen kühnsten Träumen erwarten durfte. Und Schorsch war stets mittendrin im Geschehen. Es ging bereits um 5:00 Uhr los, allerdings recht unspektakulär mit einem leeren Nest.


Keiner mehr zu Hause

Doch schon die nächste Runde ab 7 Uhr offenbarte in herrlichstem Morgenlicht Schorsch mit seiner Nummer 6 als glückliches Ehepaar.

   
Zeit füreinander

Diese Ruhe und Besinnlichkeit hielt den gesamten Vormittag an, sie wurde aber immer wieder unterbrochen von heftigstem und anhaltendem Abwehr- und Drohverhalten der beiden Nestbesitzer. Dass zwischendurch die Paarbindung durch gegenseitiges Kraulen und Knabbern intensiviert wurde, verdient angesichts der Behinderung von Schorsch höchste Anerkennung.

 

Dicke Luft

Gegen 13 Uhr gab es die erste Unterbrechung in der langen Nestpräsenz.

Es war um 16:54 Uhr, als ich wie elektrisiert an meinem Schreibtisch hochfuhr. Zwei Störche waren gelandet und es war mir im selben Augenblick klar, dass es sich um zwei fremde handeln musste. Beide erwiesen sich als sehr langbeinig (das kennen wir ja schon), einer trug einen ELSA-Ring!


Das fremde Paar

Die Fremden, der Ringstorch steht links

Einen derart beringten Storch konnten wir vor einigen Wochen schon einmal am Nest über mehrere Tage beobachten und mir gelang damals die Ablesung. Er war nestjung im Jahre 2003 in Wilburgstetten von Ihrem Tagebuchschreiber beringt worden. Doch im Gegensatz zu dem Storch aus Wilburgstetten trug der neue Nestbesucher seinen Ring nicht über dem linken Fersengelenk, sondern über dem rechten. Kein Zweifel, so schnell wechseln selbst Störche nicht ihre Ring! Also kann es nur ein anderer Ringstorch sein. In solchen Fällen zögere ich keine Sekunde, um ins Auto zu springen, nach Dinkelsbühl zu brausen, zu hoffen, dass der Ringträger so lange am Nest aushält und eine Ablesung zu versuchen. Es gelang!! 13 Minuten nachdem das Paar im Nest gelandet war, hatte ich die Entfernung nach Dinkelsbühl überbrückt, sah das Paar noch im Nest stehen, packte mein Equipment aus, bezog Stellung und hatte binnen Minutenfrist ein Ergebnis vorliegen. Auch dieser Storch gehörte zu meinen „Kindern“ und war von mir in Trommetsheim an der Altmühl im Jahre 2004 beringt worden. Erfreulicherweise liegen von diesem Storch aus den vergangenen Jahren schon einige Wiederfunde vor, zu einer Brut konnte er sich aber bisher noch nicht entschließen. Auf seinem ersten Wegzug wurde der Jungstorch am 29.8. 2004 zusammen mit anderen Jungen im Kloster Schlehdorf in Oberbayern abgelesen. Am 24.9.2004 befand er sich bereits auf der berühmten Mülldeponie von Medina Sidonia in der Provinz Cadiz in Spanien. Im darauf folgenden Sommer konnte ich den Storch in meiner Heimatstadt Feuchtwangen ablesen. Am 3.7.2005 stand er auf dem alten Rathaus von Feuchtwangen und verschwand danach still und leise. Am 1.12.2005 kam er erneut in der Nähe von Medina Sidonia zur Beobachtung und verbrachte dort seinen zweiten Sommer. Schließlich erbrachte eine Ablesung vom 24.6.2006 aus Raisting in Oberbayern erneut einen Nachweis über seinen unsteten Lebenswandel während der Sommermonate. Nach einem weiteren, allerdings unbelegten Aufenthalt im Süden Spaniens gelang mit nun heute in Dinkelsbühl eine weitere Beobachtung.

Während der Ablesung wechselte der Ringstorch vom Nest auf den benachbarten Kamin, in dessen unmittelbarer Nähe die Kamera für die Nestaufnahmen befestigt ist. Dort blieb er schließlich stehen, bis ich meine Beobachtungen beendet hatte. Der unberingte Partner hielt unterdessen im Nest Stellung. Während dieser Zeit war von den Schorschis weit und breit nichts zu entdecken.

Die Nestbesetzung dauerte etwas über eine Stunde. Nach Ablauf dieser Frist bahnte sich eine dramatische Wende an. Man sah plötzlich unsere Nummer 6 alleine im Nest auftauchen und heftigst drohen. Es kam zu richtigen Kampfhandlungen, bei denen nicht immer klar ersichtlich war, wie viele und welche Störche an den Auseinandersetzungen beteiligt waren. Am Ende ging auf alle Fälle das Stammpaar als Sieger vom Platz. Wenn man davon ausgeht, dass der unberingte Fremde das Männchen war und unsere Nummer 6 ebenfalls ein Vertreter des starken Geschlechts darstellt, hielten sich die jeweiligen Partner der beiden Männchen etwas zurück und überließen es ihren Männern, den Gewinner zu präsentieren. Die Bilder, die während der Kämpfe entstanden, lassen an Dramatik nichts zu wünschen übrig.


Einzelkämpfer in Abwehrstellung

Das fremde Paar


Nummer 6 tritt auf den Plan

 
Der eigentliche Kampf

 


Der erste Teilerfolg

Schorsch setzt nach


Nummer 6 geht auf die Verfolgung

Erst in den späten Abendstunden ließen die Angriffe nach und die Schorschis kamen zur Ruhe. Da man gemeinsam stärker ist, blieb man während der Nacht zusammen im Nest.


Vereint

 
27. Mai 07

Heute Nachmittag hat der Regen auch unseren Raum erfasst. Es gab nur einzelne kräftige Schauer, dazwischen zeigte sich aber immer wieder die Sonne und zum Abend hin strahlte sie noch einmal von einem wolkenlosen Himmel. Mit 24 Grad Höchsttemperatur blieb es dabei erfreulich mild. Doch dies soll sich bis morgen gewaltig ändern. Man mag es kaum glauben, doch es wird sicher wahr werden!

Auch am heutigen Pfingstsonntag herrschte ein munteres Treiben an unserem Nest. Schorschs 30. Tag seit seiner Schnabelverletzung und keine Anzeichen von Müdigkeit. Im Gegenteil: Er konnte erneut über mehrere Stunden am Nest und bei der aktiven Feindabwehr beobachtet werden.

Bei Einbruch der Dämmerung ging es erneut ziemlich drunter und drüber am eier- und jungenlosen Nest. Das Paar war vor 5 Uhr bereits abgeflogen, aber schon nach wenigen Minuten zurückgekehrt und nun war es nicht mehr schwer, den wahren Grund des frühen Abflugs zu erkennen.


5 Uhr schon ausgeflogen

Was ist denn da los?

Es gab Alarm, der sich auch in den nächsten Stunden ungebremst fortsetzte, dann aber unter alleiniger Beteiligung von Nummer 6.


Alarm!

Wer fliegt denn da hinten?

Erst ab 10 Uhr konnte man Schorsch im Kampfeinsatz bewundern. Er hatte sich seinem Partner angeschlossen und unterstützte diesen nach Kräften. Für einige Minuten sah man neben dem Nest auf dem Dachfirst des alten Rathauses den Fremdstorch stehen, ehe dieser dann doch das Weite suchte.


Landung der Nummer 6

 
Das Paar und der Eindringling auf dem Dachfirst

Beendet wurden die unruhigen Stunden durch einsetzende Regenfälle, die jegliche Aktivität aus den Schorschis, aber auch aus dem Angreifer entfernten.


Die Attacken nehmen kein Ende

 
Sie stehen im Regen!

Kaum setzte sich die Sonne wieder durch, ging es erneut los. Für die Beobachter hatten die Geschehnisse einen großen Vorteil: Fast während des gesamten Tages war das Nest besetzt!


Mit der Sonne steigt die Kampflust

Schorschs tolle Landung

 In den Abendstunden erwachte der Nestbautrieb unserer Nummer 6 abermals zu neuem Leben und sie landete mit einer großen Portion Gras. S07052760 Nistmaterialtransport

Wenige Minuten nach 21 Uhr gesellte sich Schorsch dazu und beide verbrachten eine weitere Nacht vereint.


Vereint

Carola konnte auch noch ein Foto beisteuern, das möglicherweise einen der Störenfriede des heutigen Tages zeigt. In der Nähe ihres Dinkelsbühler „Nestes“ traf sie diesen links ELSA-beringten Storch bei der Grasernte an.

 
28. Mai 07

Wer hätte vor zwei Tagen noch gedacht, dass sich die Wetterverhältnisse in dieser kurzen Zeitspanne so gravierend ändern können. Die Höchsttemperatur ging um sage und schreibe 20 Grad zurück und erreichte an diesem Pfingstmontag nur noch kümmerliche 9 Grad. Die Regenmengen hielten sich in Grenzen, doch von Flugwetter konnte keine Rede sein.

Zehn Minuten nach 5 Uhr hatten Schorsch und Nummer 6 das Nest bereits wieder verlassen. Das war einen ganzen langen Tag über die letzte Sichtbeobachtung der Schorschis am Nest.

 
Kurz zum Genießen

Am Nachmittag verstärkte sich der Regen bei einem böigen Wind noch und machte die Stimmung nicht besser, wenn auch Regenbilder durchaus ihre Reize haben. Für die Schorschis bringen die heutigen Regenfälle so und so keine dramatischen Folgeerscheinungen mit, müssen sie sich doch nicht um Junge im Nest kümmern.

In solchen Momenten fallen mir sofort die Ereignisse der vergangenen Jahre ein, als bei vergleichbaren Wetterlagen mein befreundeter Storchenvater aus Erlangen und seine unermüdlichen Helfer von der Feuerwehr von Nest zu Nest fuhren, um die durchnässten Jungen trocken zu legen, zu fönen, auszuhorsten (aus dem Nest zu entfernen), in die warme Stube zu nehmen und nach dem Regen erneut zurückzubringen. Klingt doch wunderbar!

Wer mit einer solchen Tierliebe ausgestattet ist, ist ein Mensch mit Herz! Solche finden sich auf unserem von Grausamkeiten nur so triefenden Globus nur ganz wenige! Man nehme zum Vergleich Ihren Tagebuchschreiber! Was der sich mit Ihrem Schorsch so alles erlaubt hat und weiter erlaubt! „Pfui, Teufel“, kann man da nur rufen. Er überlässt diese arme, jämmerliche Kreatur einfach ihrem Schicksal. Er sieht weiter zu, wie sie sich vor Schmerzen krümmt, bei Wind und Wetter draußen unter freiem Himmel verbringen muss und nicht einmal einem Tierarzt vorgestellt werden darf. Skandalös!!

Entscheiden Sie doch bitte selbst, wessen Handlungen sie für die richtigen und besseren halten?

Kurz vor 18 Uhr hatte es Nummer 6 vorerst einmal satt, durch die nasse Wiese zu waten. Sie zog es vor, sich am Nest wieder einmal umzusehen.


Nummer 6 zurück

Drohend

Ich kann mir gut denken, dass sie ihre innere Unruhe an diesen Ort geführt hat, denn sie zeigte sich sehr erregt und flog mehrmals an und ab. Ein fremder, unberingter Storch landete einmal für 5 Sekunden im Reich der Schorschis und war ebenso schnell wieder weg.


Wer da?

Durchgestartet

Trotz Regenwetters konnte ich es nicht lassen, vor Einbruch der Nacht noch einmal in Richtung Dinkelsbühl zu starten. Schorsch hat seit Tagen ganz offensichtlich einen neuen Nahrungsplatz gefunden, den Ihr Tagebuchschreiber noch nicht kennt. Jedenfalls kann ich ihn seit einiger Zeit nicht mehr an seinem angestammten Platz entdecken. Spielt keine Rolle, denn es geht ihm ja augenscheinlich immer noch gut, so dass er sein Nest stets ohne fremde Hilfe erreichen kann.

Das Nest auf dem alten Rathaus war kurz vor 20 Uhr leer. Ich wollte danach im Gebiet um Lohe auf die Suche gehen, als mein Auto von einem Storch, der aus Richtung Altstadt kam,  in niedriger Höhe überflogen wurde. „Schorsch oder Nummer 6?“, dachte ich bei mir. Ich änderte meine Planungen und fuhr in die Richtung, in die Meister Adebar geflogen war, es war die Richtung zur Froschmühle. Einige Minuten später hatte ich ihn vor meinem Fernglas. Er trug als leuchtendes Abzeichen über dem rechten Intertarsalgelenk einen weißen Kunststoffring mit einer Folge aus vier Großbuchstaben. Über dem linken Fersengelenk sah man einen nicht abzulesenden, sehr kleinen Metallring. Hat es sich also doch gelohnt, dem Storch zu folgen, denn derartige Ringe gehören zum Programm der französischen Storchenkollegen. Also hat sich heute – und vielleicht auch schon in den vergangenen Tagen – auch ein echter Franzose für unser Storchennest interessiert. Wenn ich einmal die Sichtungen fremder Störche der letzten Wochen am und um das Dinkelsbühler Nest zusammenfasse, kommt doch ein interessanter Cocktail zustande. Da hätten wir den heutigen Besucher aus Frankreich, die beiden von mir beringten Störche aus Wilburgstetten und Trommetsheim (jeweils mit ELSA-Ringen), deren jeweilige unberingte Partner und vielleicht noch weitere, die wegen fehlender Kennzeichen nicht nachzuweisen sind und waren. Da sage noch einmal jemand, an unserem Nest sei es langweilig! Von wegen!

Nachdem die Schorschis bereits um 20:37 Uhr ihr Domizil in luftiger Höhe bezogen hatten, kam es in der Folge nochmals zu mehreren Abflügen unserer Nummer 6. Möglicherweise standen diese ja sogar mit dem französischen Ringträger in Zusammenhang. Ab 21:09 Uhr gab es wieder Ruhe und vereint träumte man in die Nacht.


Nummer 6 in Aufregung

Kurz vereint
   

Schorsch fliegt erneut an

Gute Nacht
 
29. Mai 07

Das Wetter spielt verrückt.! Der nächste Tag mit einer Höchsttemperatur von 9 Grad, dazu aber leider mit rund 80 Liter Regen auf dem  Quadratmeter ein extrem nasser. Diese Mischung aus Regen und Kälte wird für eine nicht unerhebliche Zahl von Vögeln das Todesurteil bedeuten. Da sind sicher auch einige Storchenjunge dabei, aber dies ist uns als langjährige Nestgucker hinlänglich bekannt und schadet der Gesamtpopulation unserer Störche überhaupt nicht!

Ich hatte es gestern kaum ausgesprochen, da greift heute Nachmittag schon die große Storchenrettungsmaschinerie „Marke Erlangen“ mit zahllosen blindwütigen Nachahmern. Hoffentlich habe ich jetzt niemanden beleidigt! Die Nester von Höchstadt und Adelsdorf wurden als erste leer geräumt. Da lagen doch einmal vier und einmal zwei Junge im Nest und wollten sich nicht so recht rühren. Beide Nester waren außerdem einer großen Zahl von Sehern schon lange sehr suspekt. Und ehe man sich durch gezielte Beobachtung von der Unversehrtheit der Jungen überzeugt hatte, griff man zum Handy und holte doch glatt einen Experten aus einer wichtigen Besprechung. Bald darauf war das erste Nest leer, die Jungen in Sicherheit. Ähnlich lief es auch in Adelsdorf. Man sah gerade noch zwei putzmuntere Jungstörche, dann keine Jungen mehr, einen Plastiksack mit Nistmaterial, dann ein leeres Nest und zum Schluss einen sichtlich irritierten Altstorch, der seine Jungen zu suchen schien.


Adelsdorf unter Wasser

Höchstadt unter Wasser
   

Höchstadt nach der Bergung

In Adelsdorf wird Hand angelegt
   

In Adelsdorf zwei irritierte Altstörche

In Erlangen stimmt es auch nicht!

Auch jenseits der bayerischen Landesgrenzen greifen die ersten Rettungsaktionen. In Volkertshausen entschließen sich helfende Hände zum zweifachen Jungenraub.


Der Volkertshauser Jungenraub

Wenn sich herumspricht, dass man mit Storchenküken reichlich Geld verdienen kann, werden in absehbarer Zeit Hubsteiger und Drehleitern durch unsere Lande fahren und bevorzugt bei Starkregen an Storchennestern erscheinen, um Junge zu retten. Später werden sie zum Stückpreis von 500 Euro an viele neu entstandene Vogelparks als Attraktion verkauft. Es heißt auf Nachfrage lapidar: Leider sind die Jungen nicht mehr zu retten gewesen. Sie haben  es nicht geschafft! Heile Welt!

Wer entscheidet eigentlich über Kompetenz? Da gibt es einen Tagebuchschreiber mit einem abgebrochenen Biologiestudium. Obwohl dieser Vorgang nun schon 31 Jahre zurückliegt, wurde der fleißige Schreiberling neulich beim intensiven Studium des Gästebuches wieder daran erinnert. Es ehrt ihn sehr, dass sich die Eleven eines Storchenvaters aus Erlangen immer noch an dieses Großereignis erinnern. Diese verbinden gleichzeitig die kühne Behauptung, dadurch sei jegliche Kompetenz in Storchenfragen erloschen. Sie folgen viel lieber den Ansichten eines Gurus, der sich über viele Jahre als Helfershelfer der Atomlobby mehr der Naturzerstörung gewidmet und durch ein spätes Coming-out, an dem Ihr Tagebuchschreiber nicht ganz schuldlos war, zur Natur gefunden hat. Ich durfte als Ziehvater in Storchenfragen meinen damaligen Freund in die Geheimnisse der Störche einweisen, er durfte mich an viele Storchennester begleiten und zum ersten Mal Einblicke in Storchennester gewinnen. Da er selbst kein Auto hatte und hat, durfte er in meinem sogar mitreisen. Bei halsbrecherischen Kletterpartien über fränkische Dächer hielt sich der Familienvater bewusst zurück und spendete dafür nach erfolgter Aktion von unten laut Beifall. Leider müssen seine angestauten Gewissensbisse hinsichtlich seiner naturverachtenden Berufsausübung derart schwer gewogen haben, dass er fortan gelegentlich das nötige Augenmaß vermissen ließ, wenn es um biologische Grundsätzlichkeiten geht, z.B. in der Frage, wann, wo, wie oft, warum, wieso an Nestern, in denen beide Altstörche die volle Kontrolle über das Brutgeschehen innehaben, eingegriffen und  ausgehorstet (also Junge entnommen werden) und sonstiger Schabernack betrieben wird! Nicht mehr und nicht weniger sei an diesem Tag einmal wiederholt.

Angesichts mancher Schreckensnachricht kann man nur froh sein, dass unsere Schorschis sich entschlossen haben, auf die gefährliche Aufzucht von Jungen zeitlebens zu verzichten. Da müssen bei Wetterkatastrophen keine populären und schon gar keine unpopulären Entscheidungen getroffen werden und alles verläuft recht harmonisch. Na, den Schnabel kann man sich noch wegoperieren lassen, das sorgt natürlich auch für Aufsehen.

Wie gesagt – heute stand der Regen im Vordergrund und dem waren die Schorschis genauso ausgesetzt wie alle Störche der Umgebung und die anderen Vögel in Wald, Wiese und Flur. Nur eine Lobby für all die uninteressanten Vogelarten um uns herum existiert leider nicht. Da gibt es millionenfachen Tod und keiner geht hin. Niemand erwähnt die Wiesenbrüter oder die Vogelarten, die ausschließlich von Fluginsekten leben. Niemand denkt an die Vögel in Hecke oder an Ackerrandstreifen, die wirklich bei solchen Regenfällen ertrinken. Ein Storch, schon gar nicht solche im Alter von vier Wochen und mehr kann in einem Storchennest ertrinken. Wer immer davon redet, hat noch niemals ein Storchennest aus nächster Nähe gesehen! Das geht gar nicht, es sei denn ein Jungstorch vergräbt sich bis über die Nasenlöcher in einer sich kurzzeitig im Nest entstehenden Pfütze, begeht also regelrecht Selbstmord!

Die Schorschis verspürten am Morgen noch wenig Lust, in aller Herrgottsfrühe das Nest zu verlassen. Man blieb deshalb ein wenig länger und trotzte den Wetterverhältnissen. Bis 7 Uhr praktizierte man diese Übung, schwang sich aber dann doch davon.


 Paar harrt im Regen

Man will nicht weichen


Da probiert man es mit Klappern

Keine Regung zeigte sich fortan bei Dauerregen am Nest. Es fielen fast 80 Liter auf den Quadratmeter. Erst um 19:44 Uhr erschien Nummer 6 und blieb zur Übernachtung. Der Regen ließ in den Abendstunden nach und hörte bald ganz auf!


Nummer 6 zurück

 
Alles ist nass!

Von Schorsch war nichts mehr zu sehen. Kam er oder kam er nicht? Dies blieb für diese Nacht mal wieder sein Geheimnis. Solches steht ihm ja durchaus zu! Er will sicher, dass wir nicht hinter jedes seiner Geheimnisse blicken. Da kenne ich Schorsch mittlerweile doch zu gut!

Während Nummer 6 und sicher auch unser Schorsch sich vor den Toren Dinkelsbühls nass regnen ließen, spielten sich während des Tages andernorts Tragödien ab, die für viele nicht so leicht hinnehmbar waren und den einen oder anderen sichtlich überforderten. Dass man in Isny zum wiederholten Male den Tod aller Jungen vermelden musste, überraschte dabei überhaupt nicht und bestätigt allenfalls biologische Gesetzmäßigkeiten. In einer der regenreichsten Gegenden Deutschlands ist für Meister Adebar kein optimaler Lebensraum. Hier wird er sich auf Dauer nicht halten können. Man hat den Neststandort saniert, damit das Wasser schön abfließen kann und dennoch sterben nach der Sanierung die Jungen genauso wie vorher. Das Sterben hat einen feuchten Kehricht mit den nassen Stellen im Nest zu tun! Die Nässe kommt von oben und führt im Gefolge mit niedrigen Temperaturen zu einer Unterkühlung und wegen fehlender Fütterungen zu einer zusätzlichen Schwächung. Akute Atemwegserkrankungen treten unvermittelt auf und so kommt es, dass binnen weniger Stunden alle Jungen eines Nestes sterben. Nicht mehr und nicht weniger! Was kann man da schon empfehlen? Ich rate zuerst einmal, dass man mit jeglicher Art von Fütterungen (im Winter, aber auch im Sommer) aufhört und den Störchen auf diese Art und Weise Isny als Storchenstandort möglichst unattraktiv macht. Wenn dies nicht gelingt, wird eben in 9 von 10 Fällen das passieren, was heute geschehen ist. Man regt sich unheimlich auf, dass die Toten im Nest bleiben sollen. Tote Junge aus dem Nest zu entfernen, ist so überflüssig wie ein Kropf.

Nie in der Evolution der Tiere haben Menschen Tierkadaver aus Nestern entfernt. Wenn es die Eltern nicht schaffen, dies zu tun, dann bleiben tote Tiere eben im Nest liegen und nach relativ kurzer Zeit wird man in den Sommermonaten nichts mehr von den Überresten entdecken. Der Kadaver wird schnell Teil des Nestes. Die Altvögel versuchen aus einem angeborenen Verhalten heraus, Tote, die zum Verschlingen schon zu groß sind, einfach an den Nestrand zu zerren. Das gelingt häufig und nicht selten, wenn die Bemühungen schon tagelang andauern, fallen Reste größerer Kadaver danach immer wieder einmal über Bord, da sie ja mit der Zeit auch immer leichter werden. Fazit: Isny ist kein typischer Storchenstandort! Mit Verlusten muss eigentlich in jedem Jahr gerechnet werden. Man sollte deshalb die Altstörche ab sofort zu keiner Jahreszeit mehr füttern und ansonsten einfach abwarten! Spätestens wenn Romeo und Julia aus Altersgründen verstorben sind, wird sich das Problem „Isny und seine Störche“ erledigt haben. Dies kann aber noch eine ganze Weile dauern. Nicht lamentieren, wenn es Verluste gibt! Am Nest und seiner Konstruktion liegt es nicht. In das Nest auch nur einen Euro zu investieren ist vergeudetes Geld. Stattdessen sollte die Gemeinde bei der Gestaltung und Bewahrung des Lebensraumes richtig klotzen, denn es gibt neben den Störchen Tausende anderer Tier- und Pflanzenarten, die an die in der Voralpenlandschaft herrschenden klimatischen Bedingungen besser angepasst sind. Und für die alle lohnt sich der Einsatz und das geht ganz ohne Fütterung oder den großflächigen Abwurf von Vogelfutter aus Hubschraubern, wie er von Peter Berthold in seinem neuen Buch gefordert wird.

Mit diesem Werk ist Berthold eine glänzende Persiflage auf die Fütterungsproblematik gelungen. Dass er sich so nebenbei noch die Vogelfutterindustrie zum Freund gemacht hat, mag ein lukratives Nebenprodukt des schmalen Büchleins sein, aber man liest es trotzdem mit viel Freude, weiß man doch mit welcher Schelmerei hier Berthold zu Werke geht. Dass es in Bertholds Vita heißt, der Verfasser gehöre „zu den zehn weltweit führenden Ornithologen“, stimmt aus meiner Sicht ganz uneingeschränkt, man hätte nur zu gerne gewusst, welche Ornithologen ebenfalls zu diesem illustren Kreise gezählt werden. „Vögel füttern – aber richtig“ entstand nach Bertholds Ausscheiden aus dem Amt als Direktor der Vogelwarte Radolfzell. Er setzt sich damit gleichzeitig ein Denkmal, das nur er, mit seiner geschliffenen Art zu formulieren und aufzuzeigen, zu Papier bringen kann. Würde man die Absicht Bertholds nicht von Anfang an durchschauen, könnte man beim Studium des Bändchens den Eindruck gewinnen, ein unzufriedener Pensionär würde aus Gram und Frust über seine Berufserfahrungen nun zu einem großen Rundumschlag gegen alle Naturschutzbehörden und Naturschützer ausholen, indem er Ansichten propagiert, die einer längst verflossenen Zeit angehören und die eines Wissenschaftlers seines Schlages gänzlich unrühmlich wären. Doch wer ihm solches unterstellen wollte, wäre selbst ein Narr und sollte dies tunlichst unterlassen.

Nun bin ich doch etwas vom Thema abgewichen, aber ich denke, dass es von Zeit zu Zeit immer wieder angebracht ist, über herausragende Publikationen zu informieren.

Was passierte nach an diesem schaurigen Dienstag? In Höchstadt und Adelsdorf ging man als nächstes zu Werke. Eigentlich seltsam,  dass ausgerechnet im Gebiet der rührigen Natur- und Umwelthilfe Erlangen, zwei Nester (die einzigen, in die man direkten Kameraeinblick hat) eine so miserable Wasserdurchlässigkeit besitzen. Hat man das eigene, immer wieder groß propagierte Merkblatt nicht gelesen? Das wäre fatal und würde zeigen, dass man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Man wollte der Natur nicht ihren Lauf lassen und kam deshalb in Krisenzeiten zu folgender Empfehlung an alle Horstbetreuer.

"Im vernachlässigten Storchennest sterben ca. 60% der Jungtiere (Reihenfolge mit abnehmender Häufigkeit)

. an Unterkühlung (Horstvernässung, verstärkt durch den Eintrag von Plastikfetzen)

. an Nahrungsmangel (besonders in trockenen Jahren bei Abwesenheit des Regenwurms)

. durch Beinabschnürung (Eintrag von Plastikschnüren)

Die NUH hat jahrzehntelange Erfahrung in der Horstbetreuung und schlägt zur Verringerung der Nestlingsverluste folgendes vor:

Erstes Horstanfahren, nachdem dieser aufgetaut ist (in der ersten Märzwoche, also vor der Rückkehr der Störche). Mit einem geeigneten Werkzeug (Misthaken) wird der innere Horstbereich auf einem Durchmesser von ca. 60 cm und einer Tiefe von ca. 40-50 cm bzw. bis zur Horstunterlage entnommen (1-2 Säcke). Das entstandene Loch wird mit Stroh vollgestopft. Der Horst ist jetzt wasserdurchlässig.

Zur Erleichterung des Weiterbaus des Reisigrings (äußerer Horstbereich), kann man in diesen Eichenreisig schräg einschieben.

Zweites Horstanfahren, kurz nach dem Schlüpfen der Brut, ca. 10-12 Tage nach dem ersten Futterwürgen (bei Starkregen auch früher).

Diesmal indirektes Anfahren, damit der wachhabende Altstorch die "Gefahr" kommen sieht und ohne Panik abstreicht.

Die Jungtiere (4-6) werden auf die mitgebrachte Gummiwärmflasche gelegt, die in ein Handtuch eingewickelt ist.

Der Brut wird Futter angeboten (kleingeschnittenes Rindfleisch, mit Warmwasser an gewärmt).

Falls die Brut stärker vernässt ist, abfahren und trocken föhnen! Beinchen auf Abschnürungen untersuchen.

Entnahme des Nistmaterials unter der Horstmulde bis zum Stroh des ersten Horstbesuches und Formen einer neuen Horstmulde mit Stroh (unten) und Heu (oben).

Einsammeln von Plastik (Fetzen und Schnüre) und anderem Unrat, soweit oberflächlich erkennbar. Brut in die neue Horstmulde legen!

Weitere Horstkontrollen sind in der Regel nicht nötig, allenfalls nach Starkregen und die Brut noch jünger als 6 Wochen. Später nicht mehr, da dann die Gefahr des Abspringens besteht."

Soweit die entsprechenden Passagen aus dem Merkblatt und nun heute diese Katastrophen. Da muss sich jeder Außenstehende schon fragen, warum ein solches Merkblatt existiert, wenn nicht danach gehandelt wird. Da gab es lange Gesichter, als das Wasser im Höchstädter Storchennest einige Zentimeter hoch stand. Der Lokalreporter wird später schreiben, dass die Jungen im Nest ertrunken seien. Was soll diese Polemik? Wir haben es alle gesehen: Die Jungen sind keineswegs ertrunken! Und wenn man das Nest in alle seine Einzelteile zerlegen würde, käme nichts Absonderliches zum Vorschein, was dies Aussage in irgendeiner Form stützen könnte. Man braucht bei der NUH Erlangen aber diese Polemik, geht es doch nach wie vor um den Eintrag von Plastikmüll und damit um die Berechtigung beziehungsweise Legitimierung der albernen Punkte „Horstanfahren“ im obigen Merkblatt.

Am Abend sah man in Adelsdorf und Höchstadt zwei leere Nester, irritierte Altvögel sowie neues Nistmaterial in den ausgeräumten Storchenwohnungen. Sie wissen, was in den nächsten Stunden passiert: Fönen, Wärmen und Fressi, Fressi geben! Übrigens: Die beiden Adelsdorfer Jungen machten im Moment des Aushorstens keinen lebensbedrohlichen Eindruck, aber im Falle eines Falles nimmt man alles mit, was man bekommen kann.

Der Storch auf dem besten Wege zum Hausschwein! Auf mich will man bei der NUH nicht hören. Ich predige schon seit Jahren, dass es unverantwortlich ist, Offenbrüter (im Gegensatz zu Höhlenbrütern) immer noch schutzlos der Witterung auszusetzen. Ein Alteleve aus Höchstadt fragte mich einmal, als er seinen Kofferraum mit Jungstörchen vollgeladen hatte: „Würdest du deine Kinder bei diesem Wetter auch da oben (und er deutete auf das Storchennest in 17 Metern Höhe) liegen lassen?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Nein, aber..!“ Weiter kam ich nicht mehr, denn mit einem „Siehst du!“ hatte sich der Retter schon im Auto davongemacht. In der warmen Stube erholten sich die Jungen schnell und dienten den Kindern des Helfers in der Not kurzzeitig als exquisite Spielkameraden.

Warum die Jungen danach aber – soweit möglich – wieder ins Freie entlassen werden, mag mir nicht mehr einzuleuchten. Man setzt sie erneut den Unbilden einer immer extremeren Witterung aus und missachtet wiederum die Gefahren, die in allernächster Zeit auf die Brut einstürmen können. Deshalb gilt meine ganze Kraft zu erreichen, dass in Mittelfranken (auch in anderen Gegenden ist dies überall denkbar) zentral zwei bis drei Stationen errichtet werden, an denen in luftdurchlässigen Stallungen, etwa 50 bodenständige Störchennestimitate aus Kunststoff in 2 Metern Abstand zueinander errichtet werden. Die Bedeckung der Anlage kann aus weißem Leinenstoff bestehen, der wie im Zeltbau über die Nester platziert  wird. Das Ausgangsmaterial bilden die Eier aller in den betreffenden Regionen brütenden Storchenpaare, die man den „Freiluftnestern“ nach Fertigstellung des Geleges entnimmt. Alles Weitere ist ein Kinderspiel. Die Eier kommen bis zum Schlüpfen der Jungen in eine Brutmaschine, die geschlüpften Jungen danach – wie beschrieben - in die stoffüberspannte Halb-Freianlage. Die Schlüpfrate beträgt annähernd 100 Prozent, die Ausfliegerate ebenfalls. Statt weniger als 50% können dann endlich die angestrebten 100% ausfliegenden Jungstörche ausgewildert werden. Eine fest angestellte Kraft sowie eine Aushilfskraft können eine  „Anlage 50“ betreiben (50 = für 50 Nester oder rund 250 Jungstörche), die sich durch die Möglichkeit der Besichtigung aus den Eintrittsgeldern selbst trägt. Der immense Gewinn, der vor allem durch den Besuch von ungezählten Schulklassen erzielt wird, stellt einen unermesslichen Wert für eine positive Einstellung unserer Jugend zur Natur und ihrer komplexen Zusammenhänge dar.   

Ein Narr, wer solches nicht wollte! In der weiteren Entwicklung wäre schließlich auch an eine Vermarktung des Nachwuchses zu denken, da die vielen Jungen, die nun alljährlich die Landschaft überschwemmen, zu erheblichen Problemen mit verständnislosen Zeitgenossen führen. Kerners Kochsendung und dabei bekannt gemachte Rezepte (siehe früherer Eintrag) könnten in der Folge die Überhandnahme des Weißstorchs und seine anschließende Verwertung als Braten durch die Einrichtung einer befristeten Jagd in geordnete Bahnen lenken. Somit würden in der Jagdstatistik neben den momentan allein in der Bundesrepublik getöteten 2,1 Millionen Vögeln auch einige Tausend Störche aufscheinen.

Sie haben sicher bemerkt, dass ich in Obigem etwas überzeichnet und karikiert habe, aber für ein besseres Verständnis dessen, was bereits alles möglich ist und durchgezogen wird, habe ich die Geschichte einfach ein wenig vorausblickend weiterentwickelt.

 
30. Mai 07 Die Sonne lacht am Morgen, als ob nichts geschehen wäre. Dabei werden sich die gesamten Auswirkungen erst in den nächsten Tagen und Wochen in ihrer vollen Tragweite zeigen. Es blieb den ganzen Tag trocken, das Thermometer erreichte schon wieder 20 Grad! Ich machte mich erneut auf große Beringungstour und konnte mich dadurch hautnah über die Auswirkungen des Wetters auf den Storchenbestand machen. In Wittelshofen – meiner ersten Durchfahrtstation – hatte ich am 25. Mai das einzig verbliebene Junge dort beringt. Es hat den vergangenen Dienstag überlebt und erfreute sich heute bester Gesundheit. In Gerolfingen war ich mir schon nicht mehr so sicher. Auch wenn die Jungen hier höchstens zwei Wochen alt sein konnten, sah ich in den wenigen Minuten meiner Beobachtungszeit keine Spuren. Ähnlich verhielt es sich in Wassertrüdingen. Ein Altvogel flog ab, der zweite legte sich ins Nest, offenbar um zu hudern. In Oettingen sind die Jungen ebenfalls noch sehr klein, so dass eine kleine Überlebenschance besteht. In Munningen gab es abermals einen Männchenwechsel. Das alte beringte Männchen hat erneut den Platz von seinem Kampfgenossen und Vorgänger übernommen. Offenbar gab es ein Nachgelege, das im Augenblick bebrütet wird. In Rudelstetten stand ein Feuerwehrtermin zum Zwecke der Beringung an. Zwei Junge im Alter von knapp vier Wochen haben überlebt, ein dritter Jungstorch war vor Einsetzen des Starkregens am 28. Mai um die Mittagszeit verendet. Eine Kamera gibt Einblick über die Geschehnisse im Nest.


Dieses Bild bot sich mir in Rudelstetten


Nach der Beringung

Ich fuhr weiter nach Gunzenhausen. Dort wird ebenfalls noch gebrütet. In Laubenzedel konnte ich eine Ablösung am Nest beobachten und anschließend eine Fütterung erleben. Außerdem kam mindestens ein etwa 10 Tage altes Junge zum Vorschein. In Altenmuhr lebt ebenfalls noch mindestens ein Junges im Alter von knapp drei Wochen. Im benachbarten Neuenmuhr wartete ich auf die Feuerwehr aus Gunzenhausen. Das richtige Aufstellen des Leiterfahrzeuges gelang erst beim zweiten Versuch. Und selbst danach erwiesen sich die 30 Meter als fast zu wenig für den fast 30 Meter hohen Kirchturm. Drei Junge entschädigten für die Mühen und zeigten mir, dass nicht alle Junge während der Regenfälle gestorben waren. Ein viertes Junge war bereits vor 14 Tagen aus dem Nest geworfen worden und im Friedhof gelandet.


Das Neuenmuhrer Trio

Weiter fuhr ich nach Wolframs-Eschenbach. Ein Altstorch lag im Nest, so dass man glauben durfte, er hudere noch Junge. Die gleiche Situation stellte sich in Merkendorf dar. In   Triesdorf gab es einen Termin mit der Feuerwehr aus Bechhofen. Im Triesdorfer Nest konnte ich zwei Junge beringen. Die fast vertrockneten Körper zweier weiterer, sehr kleiner Junge hatten sich im äußersten Zweigkreis des Nestes verfangen und verwesten nun vor sich hin.


Das Triesdorfer Nest


2 Junge haben überlebt

Zum Schluss machte ich noch in Herrieden Halt. Die etwa drei Wochen alten Jungen waren nicht mehr zu entdecken. Hier scheint es zu einem Totalausfall gekommen zu sein.

Wie ging es an den Nestern, die gestern für Aufsehen gesorgt hatten, weiter. In Höchstadt hat ein Junges nicht überlebt, die beiden Nestgeschwister wurden wieder erfolgreich zurückgehorstet. In Adelsdorf dürfen sich die beiden Jungen über die gewonnene Freiheit freuen. Sie waren gestern aber auch ohne Not einfach mitgenommen worden. In Volkertshausen am Bodensee verschwanden vorübergehend die beiden Jungen aus dem Nest, eines zeigte sich heute als Überlebender in der Eigentumswohnung. Totalverluste sind aus Isny, Bad-Waldsee und Pfaffenhausen sowie aus Diedorf zu vermelden.     

Da hat man auf dem Steinbachbräu in Erlangen in diesem Jahr einen Hightech-Storchenhorst installiert für einige Tausend Euro! Wer für diesen Unfug einen einzigen Euro aufgebracht hat, hat selber Schuld! Heute sah man einen reichlich indignierten Storchenvater Zimmermann in Aktion, ohne allerdings zu erfahren, was der Grund seines Einsatzes war. Dieser nach allen Regeln der Kunst und der Technik gebaute Horst schien nun leider nicht das zu halten, was man sich vorher von ihm versprochen hatte. Garantiert rostfrei, ferner garantiert ohne einen Plastikanteil im Nistmaterial hatte der Regen auch dort sein Unwesen getrieben. Am Ende waren von fünf kräftigen Jungen nur mal eines noch im Nest. Ob der Rest von vier Jungen tot oder lebendig abtransportiert wurde, konnte bislang nicht in Erfahrung gebracht werden. Ist ja letztlich unerheblich und es interessiert auch niemanden.


Nur noch ein Junges ist am Leben?!

Wer allerdings glaubt und kolportiert, sie seien im Nest ertrunken, wie es die Presse meldet, liegt falsch oder spricht die Unwahrheit. Hier würde ich doch dringend bitten, wieder einmal die Kadaver einer tierärztlichen Untersuchung zuzuführen. Bei toten Störchen hat man damit ja keine Schwierigkeit. Nur durch eine klare Diagnose der Todesursache könnten schließlich Maßnahmen ergriffen werden, die solches verhindern helfen. Meine Lösungen kennen Sie ja durch meine Einlassungen weiter oben schon zur Genüge. Dennoch wäre es eine feine Sache, auch die Meinung eines Tierarztes zu hören. Bei Schorsch war es ja nicht so leicht, ihn einem Tierarzt vorzustellen, lag er doch nicht reglos in einem Nest, sondern flog munter umher und freute sich seines Lebens.

Apropos Schorsch! Es war genau um 9:52 Uhr, als Schorsch zum ersten Mal an diesem Tag an seinem so geliebten Nest erschien.


Paar vereint! Schorsch mit kurzem Schnabel


An diesen Anblick muss man sich erst gewöhnen

Was da zum Vorschein kam, ließ die Seher in großes Erstaunen ausbrechen. Es ist passiert! Schorsch war beim Tierarzt! Sein Oberschnabel war exakt auf die Länge des Unterschnabels eingekürzt. Man sprach von einer fachmännischen, sprich tierärztlichen Arbeit, die Schorsch seit dem gestrigen Nachmittag irgendwo unerkannt über sich ergehen lassen musste. Nach seiner Freilassung am heutigen Morgen muss er dann sofort sein Nest wieder angesteuert haben? War dies der Ablauf des Geschehens? Oder können Sie sich mit der folgenden Lösung anfreunden?

Der Regen prasselte den gestrigen Tag unablässig auf unseren Schorsch herab. Er hatte sich deshalb unter einen Busch außerhalb der Stadt zurückgezogen. Ihr Tagebuchschreiber kannte dieses ungewöhnliche Versteck und hatte sich bereits Stunden vorher mit einigen Lachsforellen dort halb eingegraben. Als der hoffnungsfrohe Retter in spe bereits seine Gliedmaßen kaum noch spürte und der Regen die Haut durchweicht hatte, näherte sich Schorsch auf leisen Sohlen. Er war es. Ihr Tagebuchschreiber wagte nicht zu atmen. Wie lange hatte er auf diesen Moment warten müssen? Er tat es. Als Schorsch in Reichweite kam,  streckte der heimliche Fänger seine Fänge aus, ergriff Schorsch an den langen Stelzbeinen und zwang ihn in die Knie. Nachdem die mitgeführten Forellen verspeist waren (Storchenväter nehmen immer Leckereien mit, wenn sie sich an Storchennestern oder Störchen zu schaffen machen. Sie hinterlassen dann Opfergaben, die die bösen Geister gnädig stimmen mögen.), entnahm der Tagebuchschreiber seinem Spezialrucksack einen batteriebetriebenen Trennschleifer und trennte damit den Oberschnabel in Höhe des abgebrochenen Unterschnabels millimetergenau ab. Eine gekonnte Meisterleistung, die selbst einem Amtstierarzt auf Regierungsebene gut angestanden hätte. Das abtropfende Blut wurde für weitere kultische Zwecke gesammelt und in einem Glasröhrchen sichergestellt. Nach einer warmen Nacht unter Rotlicht (Rotlichtmilieu) und erstmals mit einem Dach über dem Kopf kam Schorsch am nächsten Tag in seiner gewohnten Umgebung wieder in Freiheit. Alles Weitere konnten Sie, werte Leser, live im Internet verfolgen.

Oder verlief die Geschichte vielleicht so?

Eine Gruppe militanter Tierschützer begab sich bei heftigstem Regenwetter am gestrigen Dienstag auf fremdes Terrain. Ausgerüstet mit einem unauffälligen Leihwagen der Marke Nissan reiste man aus der kleinsten Großstadt aufs flache Land und erreichte nach 90-minütiger Fahrt abseits der Fernstraßen das Revier unseres Schorsch. Als sich die zweiköpfige Gruppe mit ihrer Angelausrüstung aus dem Auto schälte, hätte keiner geahnt, mit welchem Auftrag sie an die Wörnitz kam. Es galt Schorsch zu fangen, da ein örtlicher Dummschwätzer selbst nicht in der Lage oder Willens schien, ein solches Unternehmen auszuführen. Man ließ sich an den Gestaden des kleinen Heimatflusses nieder und tat so, als wolle man angeln. Schorsch ließ sich nicht lange bitten. Das Schema „Angler“ signalisierte ihm Futter. Im Nu hatte er sich bis auf wenige Meter den Eindringlingen genähert. Und schon bald flog ein Weißfisch, aus dessen Maul noch eine Schlaftablette ragte, Schorsch entgegen. Mit einem wahren Heißhunger sprang er dem Leckerbissen entgegen und verschlang ihn in Sekundenschnelle. Danach passierte nichts mehr. Schorsch wartete auf weiteres Futter, doch zusätzliche Futtergaben erfolgten nicht. Nach 10 Minuten knickte Schorsch urplötzlich im Fersengelenk ein und eine weitere Minute später legte er sich gänzlich ins Gras und schien zu schlafen. Darauf musste das Paar nur gewartet haben. Langsam näherten sie sich unserem Schorsch, der Mann ergriff den leblosen Körper, die Frau holte ein zangenartiges Werkzeug aus der mitgeführten Bereitschaftstasche und machte sich eine kurze Zeit am Schnabel zu schaffen. Nach wenigen Augenblicken war das Werk vollendet und Schorsch hatte einen Kurzschnabel wie die gleichnamige Gans. Eine halbe Stunde wartete man noch ab und als Schorschs Lebensgeister wieder erwachten bestieg das fremde Paar seinen fahrbaren Untersatz und verschwand über die nahe Autobahn. Schorsch, sichtlich geschwächt, blieb alleine zurück.

Oder gibt es für Schorschs Genesung folgende Geschichte?

Dass Schorsch in eine Falle geriet, steht sicher außer Zweifel. Dass er dabei die Hälfte seines Unterschnabels verlor, hat jeder ebenfalls gesehen. Dass aber auch der Oberschnabel durch die Einwirkung des Fanggerätes eine Beeinträchtigung erfuhr, war bereits kurz nach dem Unglück ersichtlich. Auffällig war, dass ungefähr ab der Mitte bis zur Spitze des Oberschnabels (genau ab der Höhe der Bruchstelle des Unterschnabels) bald eine deutliche Verfärbung eintrat, die darauf hinwies, dass auch der Oberschnabel nicht mehr normal durchblutet, also auch beeinträchtigt, schien. Er begann sich über ein Rotbraun bis hin zu einem grauen Farbton farblich wie auch sicher von der Stabilität her zu verändern. Am 33. Tag des auslösenden Ereignisses verlor schließlich auch die entsprechende Hälfte des Oberschnabels den Kontakt zur Basis und fiel einfach so von selbst ab. Als Schorsch danach am Nest erschien, präsentierte er sich in einem völlig neuen Outfit.

Welcher der drei Geschichten geben Sie nun persönlich den Vorzug? Halten Sie eine vierte oder fünfte für glaubhafter? Mal sehen, was Sie noch an Ideen entwickeln? 

Im Nest war Schorsch am Vorabend nicht erschienen und auch in der Nacht gab es keinen Sichtnachweis von ihm. Als erste trat nach dem morgendlichen Abflug wieder die Nummer 6 auf den Plan.  


Nummer 6 eröffnet das Morgenkonzert

Um 9:34 Uhr stand sie im Nest eine knappe Viertelstunde später besagter Schorsch mit ganz neuer Schnabelgröße. Irgendwo habe ich es gelesen: Schorsch, der Storch mit dem weltweit kürzesten Storchenschnabel. Die Dinkelsbühler lassen es also wieder krachen!

Auch um die Mittagszeit sowie am Nachmittag gab es noch weitere Male Gelegenheit, den neuen Schorsch samt Partner ausgiebig am Nest zu beobachten und ab 21:07 herrschte wieder die bekannte Zweisamkeit am Nest.


Dauerbesuch am Nest

Kleiner Schorsch ganz groß


Für die Nacht vereint

Die Hiobsbotschaften dagegen rissen auch in den folgenden Stunden nicht ab, Herr Norbert Sahliger aus Donauwörth, Betreuer der dortigen Störche, sandte mir ein ungemein ausdrucksstarkes Bild seines Storchennestes. Von vier Jungen dort hat eines den gestrigen Regentag nicht überlebt.  


Drama in Donauwörth

Ebenso musste er von Brutaufgaben wegen Totalverlusten aus Mertingen und Rennertshofen berichten. Ein Großteil der bayerischen Störche hat diesen Katastrophentag nicht überlebt. Und dennoch bleibt eine Stückchen Hoffnung im Wissen darum, dass es in der 150 Millionen Jahre alten Geschichte der Störche schon viele solche Ereignisse gegeben hat. Störche haben – auch ganz ohne uns böse Menschen – Eiszeiten und Warmzeiten und Regenzeiten schon viele Male überlebt, ohne dass man in ihre Lebensabläufe eingegriffen und darin herumgefummelt hätte. Noch relativ viele Störche kann man zu den Wildtieren rechnen und für diese gilt uneingeschränkt und für jeden Fall: Ins Brutgeschehen wird nicht eingegriffen!!!! Wer sich auf unsere Website einlässt, weiß das und muss dies respektieren! Wer anderes bevorzugt, findet dazu ebenfalls Vorbilder.

Ich höre schon wieder die gebetsmühlenartigen Klagegesänge vom süßen Störchlein, das von einer vom Menschen gebeutelten Natur derart geschlagen und gepeinigt wurde, dass es gar jämmerlich im Nest verenden musste. Warum greift der Mensch nicht ein, der mächtige Alleskönner? Zuerst den Störchen die Nahrung entzogen, das Klima verändert, Plastikabfälle ins Nest gepackt, Fallen aufgestellt und noch mehr Untaten angeleiert! Da ist es doch die reine Pflicht und der reine Anstand, sich für diese Schandtaten bei Meister Adebar zu entschuldigen und Abbitte zu leisten, bis man ihn endlich vollends verhausschweint hat.

 
31. Mai 07

Das Telefon stand heute nicht still! Aus vielen Orten meldeten sich besorgte Einwohner. Viele hatten wohl den Zeitungsbericht über die heldenhaften Rettungstaten meiner Erlanger Freunde gelesen. Die Presse titelte mit der Falschaussage. „Jungstörche ertranken im Nest“. Nebenbei erfährt man alles über Rinderhack und Eintagsküken, Fön und Heizlüfter sowie Rotlicht und Heu. Man erfährt aber leider nichts darüber, warum man die Jungen offensichtlich ungeniert abermals in die unwirtliche Umgebung eines Storchennestes setzt. Kein Wort, keine Andeutung! Über diese Herzlosigkeit kann man nur mit dem Kopf schütteln.

Da fällt mir ein, dass ich neulich einen Bericht über eine Beringungsaktion in Baiersdorf – die Orte sind beliebig austauschbar – gelesen habe, die von dem bekannten Storchenvater Michael Zimmermann durchgeführt wurde und die mich wegen der Dreistigkeit wieder einmal in Staunen versetzt hat. Ähnlich oder genauso laufen übrigens alle Aktionen Zimmermanns ab. In den Richtlinien für Beringer heißt es sinngemäß: ..“die Störung durch den Eingriff am Nest ist so kurz wie möglich zu halten!“  

Da passiert stets folgendes. Brit schildert den Ablauf so:

„Unser Storchenvater Michael Zimmermann fuhr dann hinauf um die 4 kleinen Storchenkinder herunter zu holen. Sind es mehr als 2 oder 3 macht er das lieber unten als oben in der Enge des Horstes. Schließlich möchte er die kleinen Störche auch genau anschauen, ob sie nicht irgendwo “verkabelt“ sind, d.h. Abschnürungen durch Plastikfäden und dgl. haben. Die Storchenmutter hatte derweil nicht weit entfernt auf dem Dachfirst Platz genommen, - schließlich will man ja schon alles im Auge behalten!“

Soweit das kurze Zitat.

Statt einmal das Nest anzufahren, die Jungen im Nest zu beringen und anschließend wieder abzurücken – das dauert keine fünf Minuten – verlängert sich bei Zimmermann die gleiche Prozedur um ein Vielfaches:

Nest anfahren, Drehleiter ausfahren, alle Junge entnehmen (das Einpacken und das Hantieren mit den Jungen ist eine völlig überflüssige Geschichte), Drehleiter einfahren, alle Jungen wieder auspacken, Gespräche führen, streicheln lassen, eine Schulklasse hat viele Kinder, wieder einpacken, Leiter wieder ausfahren, am Nest Junge auspacken usw.

Eine halbe Stunde ist da schnell vorbei. Man mag sich gar nicht ausdenken, welchem Stress die hilflosen Geschöpfe in diesen Minuten ausgesetzt sich. Viermal von schweißnassen Händen gequetscht und „gehandelt“ zu werden und völlig ohne plausible Begründung. Tierschützer sollten Protestnoten verfassen, Petitionen an den Bundesbeauftragten für Tierschutz sowie an die Bundeskanzlerin verschicken sowie in Mails an Amnesty International ihre Besorgnis zum Ausdruck bringen.

Auch in meiner direkten Nachbarschaft ließen die Schreckensmeldungen nicht nach. In Mosbach starben alle vier Junge im Alter von fast sechs Wochen, in Schopfloch flog ein Jungstorch tot aus dem Nest, wahrscheinlich liegen weitere Todesopfer noch in der Storchenbehausung. Einwohner sprachen auch hier von vier Jungen, die vor dem Regen im Nest waren. In Herrieden ist die Lage identisch. Es rührt sich nichts mehr. Mal sehen, wie lang die Liste noch werden wird.

Sicher darf man aber schon jetzt von einem Jahrhundertereignis sprechen, so dass man damit für 100 Jahre vor einem ähnlichen Schicksalsschlag verschont sein würde. Der Mai 2007 war der niederschlagreichste seit es Wetteraufzeichnungen gibt. Da muss man sich nicht wundern, wenn es sich so fatal für unsere Störche ausgewirkt hat.

Tag 2 im Leben unseres Kurzschnabelstorches Schorsch. Sylvia hat zwei Schnappschüsse aufbereitet, die zeigen, dass unser Nest auf dem Altrathausdach um 23:00 Uhr des 30.5., dem Zeitpunkt des Abschaltens, bereits geräumt war. Also müssen sich die Schorschis zwischen 21 und 23 Uhr von dort verabschiedet haben. Da die Tage immer länger, die Nächte damit auch immer kürzer werden, passiert es in den nächsten Wochen naturgemäß häufiger, dass beim Einschalten der Bildübertragung um 5 Uhr unsere Schorschis schon abgedüst sind.


Schon abgedüst!

Vielleicht richte ich demnächst an unsere Technik mal eine Petition mit der Bitte, den Termin des Übertragungsbeginns auf 4 Uhr vorzuverlegen. Nummer 6 erschien nach kurzem Nestleerstand erneut als erster um 6:30 Uhr und blieb mit kleinen Unterbrechungen bis in die Mittagsstunden.  


Nummer 6 zum Ersten...

...und zum Zweiten

Vor 10 Uhr gesellte sich Kurzschnabel-Schorsch hinzu und beide zogen über Stunden ihr komplettes Nestprogramm durch, ehe Schorsch am frühen Nachmittag als erster wieder abzog. Am Abend das gleiche Bild. Nummer 6 erschien zuerst, flog zwischendurch noch einmal ab, dann erschien Schorsch und am Ende träumten beide in die Nacht hinein.

 
Wie sich Schorschs Klappern wohl anhört?


Nummer 6 da

Nummer 6 ab


Paar da und gute Nacht

 
1. Jun. 07

Ein neuer Morgen, gefüllt mit niederschmetternden Nachrichten. Meldung Nummer 1 kam aus Gundelsheim im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Hier führte zur Abwechslung mal nicht der Dauerregen zum Tod der beiden Küken im Storchennest, sondern der Verlust des Weibchens, das sich ausgerechnet am Montag vor der Regenkatastrophe aus seinem Brutnest verabschiedet hatte und seitdem verschwunden blieb. Das allein zurückgebliebene Männchen war danach völlig überfordert und konnte schließlich nur noch den Tod der beiden Jungen betrauern oder eben zur Kenntnis nehmen. Das mit der Trauer ist natürlich genauso Quatsch und Unsinn wie alles andere, das im Augenblick über Störche so im Umlauf ist (einzige Ausnahme das hier vorliegende Tagebuch!!). Entfallen die Schlüsselreize, die von lebenden Jungen ausgehen, heißt das für die Altstörche, dass sie kein Futter mehr auswürgen müssen und dass das, was sich da im Nest befindet, einen Fremdkörper darstellt, den man nach Möglichkeit aus dem Nest bugsiert (wenn es von der Größe her noch geht).

Die Tagespresse berichtet heute abermals von der Mediengeilheit engagierter und herziger Retter zwischen Erlangen und Höchstadt. Statt solche Aktionen still und leise über die Bühne zu bringen, scheuen sich die besagten Storchenschützer nicht, mit ihrem Tun die Naturschutzbehörde – in diesem Fall die bei der Regierung von Mittelfranken – lächerlich zu machen und sie an den Pranger zu stellen. Wer sich an das geltende Recht hält, gilt als blöd und sollte sich was schämen!

Dabei wäre es eine Kleinigkeit, jeglichen Ärger zu vermeiden, wenn die bestehenden Gesetze angewandt und bei Übertretungen Strafen ausgesprochen werden würden. Aber da bin ich eher skeptisch, sondern in den nächsten Jahren werden die Rufe immer lauter, die bei Regen und Kälte ein Eingreifen, d.h. ein Aushorsten aller Jungen, explizit fordern. Es wird kein Tag vergehen, an dem nicht Horstbetreuer oder wie die Dinger auch immer heißen mögen ausfahren, um Leben zu retten. Ich appelliere deshalb schon jetzt, folgendes für jeden Neststandort ins Auge zu fassen und stets parat zu haben: Statt unhandlicher Feuerwehrdrehleitern tun es locker etwas aufwändigere Hubsteiger aller Couleur, die bei Bedarf gemietet werden können. Da muss niemand nachfragen oder eine Genehmigung einholen, sondern wer glaubt, dass es nötig ist zu helfen, der hilft! Da mag es in der Definition von Starkregen unterschiedliche Auffassungen geben, aber im Zweifel sollte es immer für den Storch gut enden. Sicher ist in jedem Falle sicher! Lieber dreimal zu oft als einmal zu wenig geholfen. Eine Rückführung in die entsprechenden Spendernester ist mit großem Vorbehalt zu sehen. Lieber behält man den geretteten Nachwuchs ein paar Tage länger in menschlicher Obhut, vor allem wenn der Wetterbericht für die nächste Zeit noch keine Entspannung signalisiert. Sollten die Nahrungsverhältnisse im Umgriff der jeweiligen Nester weniger günstig erscheinen, verlängert sich die Phase der Aushorstung um einige weitere Tage oder auch Wochen.

Eine Fahrt entlang der Wörnitz im Landkreis Ansbach erbrachte folgendes Ergebnis nach der Katastrophe: 8 Nester waren von einem Paar besetzt, in sieben Nestern waren Junge geschlüpft (Ausnahme Dinkelsbühl), 9 Junge waren vor dem Regen beringt worden (in Mosbach, Weiltingen und Wittelshofen), in Schopfloch, Wilburgstetten, Gerolfingen und Wassertrüdingen waren mindestens 10 Junge geschlüpft, wahrscheinlich noch einige mehr. Diese letzten 10 standen im Alter von etwa 3 Wochen, während die beringten 3 Wochen bis 5,5 Wochen alt waren. Heute lebte von den rund 20 Jungen allein das bereits beringte Einzelküken von Wittelshofen, alle anderen waren tot! Damit starben bei der Katastrophe 95% aller Jungen an der Wörnitz im Landkreis Ansbach!!

Morgen bereise ich noch die Altmühl im Landkreis Ansbach. Auch hier sollten ähnliche Ergebnisse zum Vorschein kommen. Totalverluste melden bereits Leutershausen und Herrieden.

Während ich mir das Trauerspiel in Schopfloch besah, gab es Luftalarm über dem Nest. Vier Fremdstörche attackierten mehrmals das jungenlose Nest, ehe sie sich Richtung Süden entfernten. In Lehengütingen thronte zu meiner Überraschung seit langem wieder einmal ein Adebar im Nest.


Die Lage in Schopfloch.


In Lehengütingen tut sich auch mal wieder was

Kurz hinter Dinkelsbühl an der Straße nach Diederstetten stieß ich unverhofft auf einen Trupp von sage und schreibe neun Weißstörchen. Die Reisegruppe setzte sich aus zwei Störchen mit französischen Ringen (einer war mir bereits am 28.5. bei der Froschmühle begegnet), aus 2 Störchen mit ELSA-Ringen und 5 unberingten Störchen zusammen. Einen Elsa-Ring konnte ich ablesen. Sowohl bei diesem als auch bei den beiden Franzosen handelt es sich um Störche, die vielleicht einjährig oder höchstens zweijährig waren. 


Der 9er-Trupp bei Dinkelsbühl

Nun zu etwas ganz Erfreulichem, unseren Schorschis nämlich! Unser „Kurzschnabel“ kommt mit seiner neuen Situation offenbar gut zurecht. Er zeigt weiterhin keine Schwäche, erscheint stetig am Nest, bearbeitet sein Gefieder und sollte mit der Nahrungsaufnahme ebenfalls keine Schwierigkeiten haben. Um 5:11 Uhr stand die erste Storchensichtung des Tages an, nachdem das Nest vorher schon verlassen war. Schorschs Partner befand sich zu diesem frühen Zeitpunkt bereits in heller Aufregung. Sicher gab es irgendwo einen Nebenbuhler. Bei den zahlreichen Sichtungen von Fremdstörchen wäre dies keine Überraschung. Dem Nest galt Nummer 6 später die volle Aufmerksamkeit, ehe sich Schorsch wieder meldete und vom Partner freudig in der gemeinsamen Wohnung begrüßt wurde. Dass es Schorsch auch alleine im Nest gut aushalten kann, bewies er auch noch zur Genüge. Der Abend war geprägt von viel Zärtlichkeit und Gemeinsamkeit und schließlich von einer gemeinsamen Nacht.


Nummer 6 in Aufregung

und beim Nestbau

 
...und mit Partner Schorsch

 
Schorsch kann es auch ohne Begleitung


Bei der Gefiederpflege

Begrüßungszeremonie


Vereint
 

 
2. Jun. 07

"Hallo Hartmuth
und alle anderen,

jetzt ist es ja schon wieder kräftig am regnen..., die armen Knilche kriegen ja gar keine Zeit...!

Einfach melden bei benötigter Hilfe..., und wenn ich nur den Fön halten soll!!!

Da hab ich ja leider was mit den "Experten" gemeinsam.., nämlich keine praktische Erfahrung!
Aber macht ja nix...wo ein Wille ist usw.....

Eine Frage: Ist vielleicht bekannt wie es den Baiersdorfer Störchen geht?
Meine Frau schaut täglich Richtung Nest...die interessiert das brennend, ob es dort besser steht als
im den restlichen Horsten!!

So.., hoffentlich bleibts mal bißchen trocken und wird bißchen wärmer..!

lg Stefan"

Brit nimmt Stellung: 

"In einem Schreiben vom Mai 2006 der oberen Naturschutzbehörde, Bezirksregierung von Mfr., gez. von Regierungsamtsrat Herbert Nagel steht u.a. folgendes geschrieben:

1.7: Es darf keinerlei „Pflege“ der Jungstörche, wie z.B. Herausnehmen aus dem Nest, Trockenföhnen oder Füttern stattfinden.

Die Durchführung der hier verbotenen Aktivitäten haben vielen mittelfränkischen Störche das Leben gerettet!

Pfingstdienstag Morgen bei Dauerregen hat unser Storchenvater Michael Zimmermann die Horste angefahren, für die eine Feuerwehrleiter zur Verfügung stand. Und was er da vorfand waren Horste in einem unbeschreiblich faulig-nassen Zustand, teilweise mit Wasserpfützen in der Nestmulde. Die bereits toten Jungen hat er zu dem Zeitpunkt belassen, die noch lebenden Todeskandidaten mitgenommen zum Trockenföhnen, wärmen mit den mitgebrachten Wärmflaschen und füttern. Bei Einbruch der Dunkelheit mussten die Arbeiten eingestellt werden und bei unseren Storchenvätern zu Hause, Edmund Lenz hatte am Nachmittag auch mit der Feuerwehr Horste abgefahren, ging die Arbeit weiter, die ganze Nacht wurde um das Leben der Pfleglinge gerungen.

Am nächsten Morgen schien unglaublicher Weise die Sonne und alle Jungen wurden wieder in ihre Horste zurückgebracht, deren Schlamm in der Horstmulde natürlich durch ein trockenes Strohbett ersetzt und natürlich auch die toten Jungen herausgenommen worden waren.

In allen Fällen wurde die Brutpflege von den Storcheneltern sofort wieder aufgenommen!

Bei den Horsten die erst am Mittwoch angefahren werden konnten, waren bei den Bruten mit den Schwungfedern noch in den Blutkielen nur noch tote Junge festzustellen. Nur die Bruten, die über 6 Wochen alt sind, d.h. mit vollständig ausgebildetem Gefieder, haben überlebt.

Im Horst auf dem Steinbachbräu hat keiner der 5 Jungstörche überlebt. Die beiden Alttiere waren deshalb sehr glücklich, als ihnen ein Adoptivkind zugeführt wurde! Letzteres war der schwierigste Patient. Bei ihm war schon eine Art Totenstarre eingetreten, als er im Wärmebad wieder Reaktionen zeigte.

Ein Verstoß gegen die behördlichen Vorschriften aus Ansbach, die unsere beiden Storchenväter Edmund Lenz und Michael Zimmermann nicht zögern ließen zum Wohl der Störche das Richtige zu tun.

Ich persönlich möchte dazu nur sagen, dass das, was ich die letzten beiden Tage erlebt habe wahre Wunder bei der Rettung der kleinen Störche sind. Die Wunder hießen Wärme und nachdem die Todeskandidaten zum Leben zurückgefunden hatten, füttern. Jeder der Michael Zimmermanns „Merkblatt zur Weißstorch Horstbetreuung“ verunglimpft, der hat nichts, aber auch gar nichts verstanden! Wahrscheinlich auch mit eigenen Augen das Elend nicht gesehen oder begriffen.
Dem würde ich dringendst empfehlen auch jegliche Parolen v.w.“ kein Eingriff in die Natur“ für sich zu behalten und nicht die Umgebung damit zu verpesten.

Mein Dank gilt Michael und Rosi Zimmermann und Edmund Lenz für ihren unermüdlichen Einsatz zum Wohl der Störche!"

 

Soweit einige Passagen zu den Ereignissen der letzten Tage, die ich unverändert – also auch mit Fehlern – aus dem Internet übernommen habe. Sie stammen aus anderen Foren und Gästebüchern. Das oben erneut erwähnte „Merkblatt“ möchte ich weiter massiv „verunglimpfen“, denn es fordert zu Eingriffen heraus, die an Perversität kaum noch zu überbieten sind und dem Storch ein Leben als Wildvogel komplett absprechen. Für alles und jedes gibt es da konkrete Vorgehensweisen, die den Weißstorch zum Spielzeug renitenter Ex-Technokraten degradieren. Ich weiß sehr wohl, dass meine Kritik eine prächtige Werbung für diese Handreichungen darstellt, nehme dies aber billigend in Kauf.

Der neue Horst in Erlangen, nach neuesten Erkenntnissen der Technik mit Stand des Jahres 2007 entwickelt und garantiert wasserdurchlässig, hat in keinem Falle auch nur ansatzweise die Geschehnisse verhindern können. Trotz Merkblatt ein 5-facher Totalverlust.


Wer es sich nicht vorstellen kann: 10 tote Jungstörche aus dem Raum um Erlangen

Da scheute man auch nicht davor zurück, allen Webcamsehern dort ein Kuckuckskind  unterzuschieben, um nicht ein leeres Nest präsentieren zu müssen. Wie macht man dieses Vorgehen plausibel? Was ist mit den leiblichen Eltern des Jungstorchs passiert? Hält die Natur- und Umwelthilfe diese nicht mehr für kompetent genug, um der Aufzucht nachzukommen?  Oben steht, dass die Storcheneltern vom Steinbachbräu „sehr glücklich waren, als ihnen ein Adoptivkind zugeführt wurde“. Zugeführt klingt ja wirklich wie die Unschuld vom Lande. Sollte es nicht besser „aufgezwungen“, untergeschoben“ oder „aufgenötigt“ heißen? Wie stellen sich eigentlich die leiblichen Eltern zu diesem Fall? Sie weinen seit Dienstag über den Kindesraub und haben bereits eine Audienz beim Papst beantragt, die dazu führen soll, dass ihnen der Nachwuchs wieder ausgehändigt wird. Alle wahren Tierschützer sind deshalb hiermit aufgerufen, eine Petition bei der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Mittelfranken einzureichen mit folgendem Inhalt:
Wir fordern, dass der Jungstorch vom Steinbach-Bräu in Erlangen sofort an seine rechtmäßigen Eltern zurückgegeben wird. Er hat nicht das Recht, von unfähigen Eltern erzogen zu werden, die bereits ihre gesamte Brut auf dem Gewissen haben.

In welchen Nestern kam es noch zu Umsiedlungen? Denn warum sollte man ein in einem anderen Nest überlebendes Jungtier ausgerechnet in Erlangen einsetzen und nicht in seinem Geburtsnest? Sind überlebende Junge auch an Zoohaltungen und Vogelstationen abgegeben worden oder zum Zwecke des Einhorstens von dort angefordert und fremden Paaren unterschoben worden?

Im weiteren Verlauf des Tages tat sich noch einmal Überraschendes im Steinbach-Bräu! Ein weiteres Junges ist aus den Schlammpfützen aufgetaucht, nachdem es vorher dort regelrecht übersehen worden war. Der Text in obiger Petition ist deshalb entsprechend abzuändern! Ich denke, Sie schaffen das schon!

Es geschehen also immer wieder Zeichen und Wunder durch helfende Hände. Oder ist man im Lenzschen Schuppen in Höchstadt noch auf ein Findelkind gestoßen? Nun weinen ganz offensichtlich neue Eltern über den Verlust eines Kükens und das Erlanger Storchenpaar kommt so langsam auf seine vor dem Regen ermittelte Jungenzahl von 5. Seien wir also gespannt, mit welchen Überraschungen wir noch rechnen dürfen?.    

Nach diversen Trauerspielen machte ich mich am Nachmittag auf die Suche nach überlebenden Jungen im Bereich der Altmühl. Ich steuerte zuerst Herrieden an. Von dort war schon vor Tagen der Verlust der gesamten Brut gemeldet worden. Die beiden Altstörche standen heute etwas außerhalb ihres Brutortes auf dem Firmengelande der Baywa in Mühlbruck.


Das Herrieder Paar an seinem Ausweichplatz

Offenbar vermeiden sie es im Augenblick, das Nest, das zum Grab für die Jungen geworden ist, anzufliegen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Im benachbarten Rauenzell muss Ihnen eine klare Stellungnahme zum Zustand der Jungen schuldig bleiben. Ein Altstorch lag im Nest und wollte während meiner Beobachtungszeit auch nicht aufstehen .Es ist aber gut möglich, dass hier Junge überlebt haben. Das Highlight des Tages war die Beobachtung am Nest in Neunstetten. Hier gibt es dreifachen Nachwuchs im Alter von 3 Wochen. Nicht nur, dass es die erste erfolgreiche Brut seit dem Jahre 2000 ist, sondern ebenso erfreulich ist die Tatsache, dass es trotz der Regenkatastrophe mit Jungen geklappt hat.


Die Störche von Neunstetten

Von Leutershausen war Trauriges schon vorher bekannt geworden. Nichts rührte sich mehr im Nest, die beiden Altstörche standen auf dem benachbarten Museum und scheuten sich sichtlich davor, die Storchenwohnung anzufliegen. Gestern bekam ich einen Anruf aus Meuchlein, etwa 5 Kilometer nördlich von Leutershausen und ebenfalls an der Altmühl gelegen. Dort hatte vor 10 Jahren ein Storchenpaar ein Junges zum Ausfliegen gebracht. Das war es dann auch schon mit der Storchengeschichte dieses Ortes. Als das Nest auf einem Dunstabzugskamin im Lauf der Jahre wieder verfallen war, errichtete man unweit des alten Standortes eine künstliche Unterlage. Seit einer Wochen nun regt sich erstmals wieder Storchenleben im kleinen Altmühlort. Ein Paar erschien und begann sofort mit dem Nestbau auf dem Wagenrad. Dieser glückte und nun präsentiert sich die Unterlage in einem brutfähigen Zustand.


Neugründung in Meuchlein

Trotz zahlreicher Kopulationen in den vergangenen Tagen, wird es nicht mehr zu einer Brut kommen, aber was nicht ist, kann ja im nächsten Jahr noch werden. Heute traf ich das Paar in den ausgedehnten Wiesen im Umfeld des Ortes an. Unter dem Trillern der Brachvögel konnte ich beide Störche ein ganzes Weilchen beobachten. Während ein Storch ohne Ring war, zeigte der männliche Storch am rechten Bein oberhalb der Zehen einen sehr schmalen Aluring mit Lasche. Auch ohne dass mir die Ablesung gelang, wusste ich sofort Bescheid, wen ich da vor mir hatte. Es konnte sich nur um den letztjährigen Brutstorch von Aurach handeln, der in diesem Jahr dort nicht mehr zum Zuge kam, danach nach Aichau, einem Feuchtwanger Ortsteil, auswich und ungefähr 14 Tage blieb, danach in Schloss Rammersdorf bei Leutershausen auf einer künstlichen Nestunterlage ein Nest baute und ebenfalls 14 Tage die Stellung hielt und nun nach Meuchlein umgesiedelt ist und mit einem Weibchen drauf und dran ist, hier länger Station zu machen.  

Ein Besuch zum Abschluss in Rammersdorf bestätigte meine Vermutung. Dort ist der Ringstorch seit etwa einer Woche wieder verschwunden. Wir wissen jetzt auch wohin! 

Unsere Schorschis räumten erneut vor 5 Uhr ihr Nest, um nach gut einer Stunde wieder präsent zu sein. Die Synchronität bei vielen Bewegungen verdeutlichte erneut, dass sie immer noch gut zusammen harmonieren und von Trennungsschmerz überhaupt nicht die Rede sein kann. Auf alle Fälle gelingt es Schorsch mit kurzem Schnabel besser, sich und andere im Gefieder zu kraulen. Er und Nummer 6 gaben davon sehr eindringliche Kostproben ab. Dass Schorsch so nebenbei auch zu Futter kommt, beweist ein eindeutiger Kotstrahl, den unser Kurzschnabel gezielt über den Nestrand abgab. Um die Mittagszeit wurde es still schließlich still um unser Nest. Nummer 6 erschien um 21:06 Uhr, Schorsch, wie gewohnt, etwas später um 21:16 Uhr. Damit schließt sich ein neuer Tagebucheintrag!

Die Bilder des Tages folgen in loser Abfolge am Ende.


Nest leer um 5 Uhr

Paar wieder zurück
   

Synchronarbeit

Gegenseitige Gefiederpflege
   

Schorsch beim Entleeren des Darms

Schorsch solo
   

Eine neue Runde am Nest

Nummer 6 zurück


Vereint zur gemeinsamen Übernachtung

 
3. Jun. 07

Ein Blick nach Schopfloch. Dort war nach der Regenkatastrophe ein Junges aus dem Nest geworfen worden. Heute früh erschienen erneut mehrere Fremde, die immer wieder im Nest Fuß fassen konnten und dabei zwei weitere Junge tot aus dem Nest beförderten. Unweit von Lehengütingen stieß ich auf einen Trupp, der aus vier Störchen bestand. Neben drei unberingten Langschnäbeln gehörte erneut ein französischer Weißstorch, der 2006 im Elsass beringt wurde, zu der kleinen Reisegruppe. Bei der Froschmühle hatten sich die Schorschis wieder einer kleinen Anglergruppe angeschlossen, hielten aber dabei doch einen kleinen Respektabstand. Ob sie von den Petrijüngern gefüttert wurden, konnte ich nicht ermitteln.


Die Schorschis bei der Froschmühle

In Wilburgstetten – hier starben ebenfalls alle Jungen – gelang mir die Ablesung des ELSA - beringten Weibchens. Dabei stellte es sich heraus, dass es sich dabei um die Schwester des zuletzt im Nest auf dem alten Rathaus als Besuchsstorch abgelesenen Ringstorchs handelt. Wie dieser wurde auch das Wilburgstettener Weibchen 2004 in Trommetsheim im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen beringt. Drei Ablesungen aus dem vergangenen Jahr beweisen, dass sich dieses Weibchen 2006 im Grenzgebiet von Südwürttemberg und der Schweiz herumgetrieben hat. Am 30. Mai wurde es in Möhlin, Kanton Aargau in der Schweiz als Brutstorch abgelesen. Mit einem Schweizer Männchen hatte es ein Junges erbrütet, das aber am Ablesetag bereits tot war. Danach ließ die Horstbindung nach. Am 22. August 2006 wurde es in einem Zugtrupp in Aulendorf, Südwürttemberg abgelesen. Und ein letztes Mal am 26. August in einer aus etwa 40 Störchen bestehenden Gruppe in Schötz, Kanton Luzern in der Schweiz beobachtet. Heuer blieb die Störchin nicht schon in der Schweiz am Rhein hängen, sondern zog in die Nähe ihres Geburtsgebietes, um in Wilburgstetten wieder ohne Erfolg zu brüten.

Über das Oettinger Storchennest erhielt ich heute auch eine weitere traurige Nachricht. Danach wurde alle vier geschlüpften Jungen Opfer des Regens.

Und nun noch einmal zu den Schorschis: Die gemeinsame Nacht beendeten beide bis 5:40 Uhr. Erst um die Mittagszeit konnten wir sie im Nest beobachten, es folgte die oben schon beschriebene nachmittägliche Beobachtung bei der Froschmühle und schließlich spannten unsere Adebare die Seher am Abend auf eine lange Folter. Es wurde 21:40 Uhr, bis Nummer 6 erschien und 21:51, bis auch Schorsch seinen Übernachtungsplatz angesteuert hatte.


Aufregung am frühen Morgen

Schorsch hält noch die Stellung
   

Mittagsbesuch

Nummer 6 zurück


Vereint

 
4. Jun. 07

Die Erlanger Nestfummelei macht Schule. Nur durch Zufall erfuhr ich heute, dass die Gemeinde von Aurach für den morgigen Tag eine Nestkontrolle angeordnet hatte, um nachzusehen, was mit den Storchenjungen in der vergangenen Woche geschehen sei. In der Zeitung habe man gelesen, dass jeder, der es gut mit den Störchen meine, zu solchen Aktionen berechtigt, ja sogar verpflichtet sei. Zwei Dachdecker aus der Gemeinde wurden deshalb für den morgigen Vormittag bestellt, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Viele Anrufe von besorgten Anwohnern hätten diese Maßnahme nicht mehr verschieben lassen. Wäre da nicht Ihr Tagebuchschreiber gewesen, hätte es zu einer nicht vom Regen verursachten Katastrophe kommen können. Denn das Auracher Storchenpaar bebrütete während der Regentage noch sein Gelege und das erste Junge, frisch geschlüpft, konnte ich heute im Nest ausmachen. Eine Störung durch eine unsinnige Nestkontrolle hätte das Leben dieses Kükens sowie das restliche Gelege gefährden können. Dies alles dank unserer Storchenfreunde aus Erlangen.

Solche Eingriffe, auch auf bloßen Verdacht hin, werden in den nächsten Jahren verstärkt um sich greifen. Letztlich wird sich keiner mehr abschrecken lassen, in das Brutgeschehen einzugreifen.

Deshalb noch einmal mein Appell an alle: Junge Störche haben in Storchennestern nichts, aber auch gar nichts mehr verloren. Wenn die Storcheneltern zu blöde sind, ihren Nachwuchs selbst großzuziehen, gehört ihnen das Sorgerecht entzogen. So macht man es ja schließlich bei Menschen auch. Und was im menschlichen Bereich greift, ist buchstabengetreu auch auf Störche anzuwenden. Lassen wir uns überraschen, ob sich die Behörden meinen Aufruf zu Herzen nehmen und endlich ein Herz für Tiere zeigen. Es wird langsam Zeit zu handeln, ehe es zu spät ist. Die Arbeiten für die artgerechte Unterbringung des zu erwartenden Nachwuchses sind ab sofort in die Wege zu leiten, damit im nächsten Frühjahr alles zur Aufnahme großer Mengen an Storchenmaterial bereitsteht. Ein kleiner Testlauf kann bereits im Herbst über die Bühne gehen. Ich denke da an einen Storchenhof „Marke Papendorf“, der ein wenig Werbung sicher gut gebrauchen könnte. Machen Sie sich also schon jetzt Gedanken und überlegen Sie rechtzeitig, wie Sie sich dann jeweils in die kommenden Arbeiten mit einbringen wollen. Übrigens: Die zentrale Trauerfeier für die während der Regenkatastrophe verblichenen Storchenjungen findet nicht, wie geplant, an der Froschmühle bei Lehengütingen, sondern im niederbayrischen Regen statt. Es ergeht herzliche Einladung für morgen, den 5. Jun. 2007.

Wir können uns doch entspannt zurücklegen und uns von Herzen freuen, dass wir zu den „Storchenbesitzern“ gehören, die in diesem Jahr keine Jungenverluste zu verzeichnen hatten. Dafür gab es bei uns wenigstens einen Schnabelverlust! Können Sie sich noch an die übelsten Beschimpfungen vor 5 Wochen erinnern, als eine gesteuerte Kampagne auf unterstem Niveau hier ablief? Ich vermisse seither Dankadressen an den umsichtigen Tagebuchschreiber, der es gekonnt zu verhindern wusste, dass Schorsch in einer „Pflegestation“ dahinvegetieren musste. Nun regt sich wirklich niemand mehr auf, obwohl der Schnabel immer noch nicht gewachsen ist und Schorsch vielleicht immer noch mit oder ohne Schnabel auf die große Reise gehen muss und niemand weiß, ob er diese jemals gesund überleben wird? So ändern sich die Sichtweisen innerhalb weniger Wochen. Aber zum Glück gab es ja den Regen in der vergangenen Woche und damit viel Diskussionsstoff! Dankenswerterweise war Ihnen hier erneut eine Plattform geboten, sich nach Wochen des Entzuges mal wieder nach Herzenslust auszuschleimen! Vergelt´s Gott! So etwas bekommen Sie nur hier auf www.storch24.de geboten. Machen Sie deshalb weiterhin so fleißig Werbung wie bisher, denn neben dem Tagebuch, das allein schon einen Besuch wert ist, gibt es ebenfalls vollkommen gratis noch den Storch mit dem weltweit kürzesten Schnabel exklusiv nur bei uns. Und dass wir Ihnen dies bieten können, ist der Umsicht des Tagebuchschreibers und den Webcam-Verantwortlichen zu verdanken, die es ermöglichten, dass dieser sensationelle Kurzschnabelstorch ein Leben in Freiheit genießen konnte und weiterhin kann.

Dennoch sei allen Storchenfreunden dringend angeraten – wer weiß, wie lange die Schorschis unserem Nest noch die Treue halten? – auf unsere Website www.storch24.de zu schauen und unseren Schorsch einmal live zu bewundern! Was dem Berliner Zoo mit Knut gelang, sollte uns mit unserem Schorsch doch auch gelingen! Dinkelsbühl wird überschwemmt von Tierfreunden, die alle nur Schorsch, den kürzesten Kurzschnabelstorch der Welt, bewundern und zu Gesicht bekommen wollen. Die Rechte an Schorsch hat sich klugerweise bereits die Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz sichern lassen und nicht, wie vielleicht viele denken, Ihr Tagebuchschreiber. Der hat, außer dass er für diese Website das Tagebuch verfasst, nichts mit dem Bund Naturschutz zu tun, er ist nicht einmal Mitglied dieser Naturschutzorganisation.

Die ersten Merchandising-Artikel sind bereits in Planung, T-Shirts, Tassen, Teller sind schon mit Schorschs Konterfei auf den Weg gebracht. Ein in Giengen ansässiger, namhafter Stofftierproduzent hat die ersten Prototypen des „Kurzschnabels“ in Arbeit. Das bisherige Storchenmodell dieser Firma fand wegen des langen Schnabels noch nicht den gewünschten Absatz. Nachdem es nun aber ganz offiziell einen kurzschnäbligen Vertreter dieser Spezies gibt, kann auch – wie bei Knut – in die leicht veränderte Variante investiert werden. Die ersten Versuche mit Kindern bewiesen ganz eindeutig die Präferenz der kurzschnäbligen gegenüber der langschnäbligen Version. Neun von zehn Kindern griffen spontan nach Schorsch, wie das neue Modell offiziell auch heißen soll. Nun hoffen natürlich alle Dinkelsbühler, dass ihr Schorsch noch möglichst lange im Nest auf dem historischen Rathaus einziehen wird. Wenn die Umbauarbeiten zum Museum dort einmal abgeschlossen sein werden, werden die betreffenden Merchandising-Artikel im Foyer des Kulturtempels  erhältlich sein und die bis dahin modernste, interaktive Übertragungskamera auf dem Dach des alten Rathauses wird Bilder liefern, die an Brillanz und Komfort keine Wünsche offen lassen. Eines sei aber an dieser Stelle schon zum wiederholten Mal versichert: In das Brut- und Nestlingsgeschehen wird auch dann nicht eingegriffen, so lange beide Elternteile ihrer Sinne mächtig sind und sich nicht durch Tod aus der Jungenbetreuung verabschiedet haben.

Was machte nun Schorsch an diesem Tag? Es war der 38. Tag nach seiner Schnabelverletzung und der sechste nach dem Verlust des halben Oberschnabels. Zum Beginn der Übertragung der ersten Bilder aus dem Nest präsentierte sich unser Paar in voller Größe und komplett im Nest. Es folgte der Abflug von Nummer 6, dem anschließend der von Schorsch folgte.


Das Paar lässt grüßen und verzieht sich still und leise

Nach der ersten Frühstückspause begegnete man unseren beiden Prachtstücken bereits kurz nach 8 Uhr erneut im Nest. Sie gaben sich der gegenseitigen Körperpflege hin. Besonders anrührend wirkte dabei eine Szene bei der Nummer 6 Schorsch ausdauernd beknabberte.


Liebesbeweise?

Die tägliche Aufregung, ausgelöst durch einen Luftalarm ließ ebenso nicht lange auf sich warten. Doch die Schorschis blieben hier spielend Herren der Lage. S


Ein schöner Rücken kann auch entzücken

 
Helle Aufregung

 Um die Mittagszeit ließ man es ruhiger angehen und verabschiedete sich zur weiteren Nahrungsaufnahme aus dem Nest. Dass Schorsch durchaus seinen eigenen Kopf durchsetzen kann, zeigte er am Nachmittag. Ohne Begleitung demonstrierte er seine gute Verfassung durch eine lange Siesta.


Ruhe sanft, Schorsch!

Um 21:40 Uhr zeigte sich das Paar zur Übernachtung vereint im Nest.


Vereint

Kurz vor Einbruch der Dämmerung bereiste Ihr Tagebuchschreiber noch einmal den Wörnitzabschnitt zwischen Lehengütingen und Dinkelsbühl. Unseren Schorsch erneut dort zu entdecken, fiel nicht besonders schwer. Er bleibt nämlich auch weiterhin seiner Masche treu, sich Personen anzuschließen, die von ihrem Habitus nach Angler aussehen: Grünes Outfit, Eimerchen, fahrbarer Untersatz genau im rechten Winkel zur Angelstelle geparkt. Gerade diese letzte Feststellung gilt für 99 Prozent aller Petrijünger. Die Strecke zwischen dem Abstellplatz des Autos und der Stelle, an der man schließlich seiner Leidenschaft nachgeht, ist meist millimetergenau die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten. Sie sehen also, dass sich diese Sportler darauf verstehen, mit ihren Kräften pfleglich umzugehen und keinen Schritt zu viel machen. Da wird auch schon mal über Wiesen gefahren oder dort geparkt, wo Nicht-Angler nicht im Traum parken würden. Aber man gönnt sich ja sonst nichts!

Schorsch stand also wieder mal da, wo er sich eine leichte Beute versprach. Ob er etwas abbekam, ließ sich nicht feststellen. Die Angler an der Froschmühle, aus der nahen Großstadt stammend, nahmen jedenfalls keine Notiz von ihm. 


Schorsch und seine Angler

 
5. Jun. 07

Weiter reißen die Schreckensnachrichten nicht ab! Dass man nach wie vor ungeniert Nester anfährt, ohne irgendjemanden zu fragen oder gar – wie erforderlich – eine Genehmigung bei der Höheren Naturschutzbehörde einzuholen, darf nach den Vorfällen in und um Erlangen keinen mehr verwundern und weitet sich langsam zu einer neuen und beliebten Sportart aus. Welche Behörde hätte schon den Mut, in den angesprochenen Fällen klar Stellung zu beziehen und ist der Karren, hier die Drehleiter, schon einmal in den Dreck gefahren worden, macht man sie nur schwer wieder flott. Außerdem hat man ja schon deswegen genug Prügel eingesteckt und muss sich nicht noch weitere abholen. Man hält eben still und lässt gewähren, um aus Tätern nicht noch Märtyrer werden zu lassen.

Ich will sagen, dass es für die Höhere Naturschutzbehörde nicht mehr möglich ist, irgendetwas gegen die laufenden und weiter ausufernden Eingriffe zu unternehmen.

Die „ESW“ genannte Variante ist für die ganze Familie geeignet und dient einem besseren Verständnis der Natur und ihrer Zusammenhänge. Das ESW oder auch „Extreme Stork Watching“ wird von Drehleitern oder Hubsteigern ausgeführt und beinhaltet das Aushorsten durchnässter und unterkühlter Jungen und die damit zusammenhängenden, weiter erforderlichen Hilfsmaßnahmen (siehe frühere Einträge).

Besonders beliebt ist das „XXL Extreme Stork Watching“, bei dem ausschließlich tote Jung- und Altstörche geborgen werden dürfen. Gerade letztere Variante erfreute sich in der vergangenen Woche großer Beliebtheit.

Die Gemeinde Schopfloch unterzog das Rathaus, den Sitz der Verwaltung, mit der Drehleiter der Feuerwehr einer ausgiebigen Inspektion. Zuerst entfernte man die drei toten Storchenküken aus den Schneefanggittern, um anschließend auch noch dem Nest selbst seine Aufwartung zu machen. Was dort zu Tage trat, konnte selbst Hartgesottene nicht ganz kalt lassen. Im Nest stieß man auf das Schopflocher Storchenweibchen, das dort wohl schon einige Tage liegen musste. Unter dem Körper der Storchenmutter barg man noch die Leiche eines vierten Kükens, das wohl zum Zeitpunkt des Todes noch gehudert wurde und vielleicht durch einen rechtzeitigen Feuerwehreinsatz hätte gerettet werden können. Somit hätten wir ein neues Argument, das eindeutig gegen das Brüten von Störchen im Freien spricht. Mutter und Kind wären noch a, Leben, wenn die Eier rechtzeitig aus dem Nest entfernt und in sicherem Gewahrsam gehalten worden wären.

Vielleicht hat eines der Küken im Schopflocher Nest den Regen überlebt und fiel später den heftigen Attacken zahlreicher Fremdstörche – diese warfen schon mal drei Junge aus dem Nest – mit seiner Mutter zum Opfer. Offenbar schützte das Weibchen sein Junges, erhielt am Hals eine durch einen Schnabelhieb hervorgerufene klaffende Wunde und verblutete anschließend im Nest. So könnte sich der Vorgang in Wirklichkeit zugetragen haben. Wer sich unangenehme Bilder nicht zumuten will, schließe jetzt ganz schnell die Augen und blättere auf die nächste Seite.

Bilder einer Katastrophe in Schopfloch

Dieses jüngste Horrorerlebnis ließ mir keine Ruhe und ich startete zu einer weiteren großen Rundfahrt an die Altmühl. Sechs Stunden sollte ich dabei auf Achse sein und Schönes, aber auch wieder Schreckliches erleben müssen. Die Störche Herriedens waren bei der Durchfahrt durch das Storchentor gerade wieder aushäusig. Sterben alle Jungen eines Nestes – so wie hier – und verbleiben sie, wie seit Jahrmillionen immer, im Nest, meiden die Alten sehr gerne für einige Zeit das Nest und warten quasi ab, bis sich die Jungen zu Kadavern und schließlich zu Humus weiterentwickelt haben. Wenn einer der Alten dennoch im Nest landet, vermeidet er es, sich dort hinzustellen, wo die Kadaver sich gerade in Wohlgefallen auflosen. Wer stellt sich schon gerne in die Verwesungsbrühe seines Nachwuchses? Also hält man sich in dieser Zeit bevorzugt am Nestrand auf oder wartete, bis die Natur wieder für reinen Tisch gesorgt hat. Sie müssen sich deshalb keine Sorgen machen! Dies läuft, ohne dass wir es sehen und davon Notiz nehmen, an Tausenden weiterer Nestern m gesamten Verbreitungsgebiet des Weißstorchs so oder ähnlich ab. Bei rund 200 000 Brutpaaren in Europa sicher keine zu niedrig angesetzte Zahl. Und denken Sie bitte erst recht an den Winteraufenthalt unserer Weißstörche an spanischen Müllkippen! Der Gestank dort ist mindestens genauso groß wie in den Nestern, in denen einige Jungstörche vor sich hin gammeln.

In Rauenzell, einem Ortsteil von Herrieden, reckte sich mir der Kopf eines etwa 10 Tage alten Jungstorchs entgegen. Kommt er durch, wäre dies die erste erfolgreiche Storchenbrut in der Geschichte des Ortes.

Mein Weg führte mich nach Großenried. Dort hat sich seit dem Jahre 1999 in Sachen Storch nur wenig getan. Heute leuchtete das Dach unterhalb des Nestes in einem strahlenden Weiß, sicher halten sich dort seit mehr als einer Woche zwei Störche auf. Zu Gesicht bekam ich heute leider keinen. Dafür gibt es frohe Kunde aus Ornbau. Auch dort hat mindestens ein Jungstorch überlebt, er war bei einsetzendem Regen aber auch gerade erst geschlüpft. Dies hat ihm das leben gerettet. In Triesdorf hatte ich am Tag nach dem Regen zwei größere Junge beringt. Sie lebten heute zum Glück noch. In Merkendorf, meiner nächsten Station, rührte sich am und im Nest nichts mehr. Die bereits geschlüpften Jungen waren tot. Dagegen Freude in Wolframs-Eschenbach! Mindestens ein Junges – ebenfalls zwischen einer und zwei Wochen alt – reckte den Kopf über den Nestrand. Seit über 40 Jahren erbrachte dieses Brutjahr den ersten Nachwuchs für die Stadt des Parzival-Dichters.

In Altenmuhr lebte vor einer Woche, also einen Tag nach dem Regen, mindestens noch ein Junges. Nun regt sich kein Leben mehr. Das Nest war heute verlassen, der Inhalt tot. In Neuenmuhr dagegen wieder Freude! Die drei Jungen, die ich dort genau vor einer Woche beringt hatte, waren putzmunter und haben allesamt überlebt. Auch in Laubenzedel gibt es mindestens zweifachen Nachwuchs. Auch an diesem Ort könnten – wenn alles gut verläuft – nach über 40 Jahren wieder junge Störche zum Ausfliegen kommen. In Gunzenhausen hat nach schweren Horstkämpfen ein neues Weibchen ein neues Gelege gezeitigt. Zwei Junge von 18 Tagen tummelten sich an diesem Nachmittag im Nest und machten die anderen schrecklichen Bilder für ein Weilchen vergessen.

Der Rest gehörte wieder in die Kategorie „Tod“! Alle Junge in den Nestern von Windsfeld und Trommetsheim – dort hatte ich vor knapp 14 Tagen jeweils drei Junge schon beringt – sind der Witterung zum Opfer gefallen. In Windsfeld stand der Storchenpapa weit außen am Nestrand und schien es sichtlich zu vermeiden, in die Verwesungsbrühe im Nestinneren zu treten.

Vor einigen Tagen hatte ich aus Gundelsheim den Tod der Jungen und das Ausbleiben eines der Altstörche vermeldet. Die Jungen sind auch jetzt noch tot, doch konnte ich heute beide Altstörche am Ortsrand in einer frisch gemähten Wiese bei der Nahrungssuche beobachten. 

Ein Ereignis in Oberfranken erregte inzwischen die Gemüter neu. Das Webcamnest am Beruflichen Schulzentrum in Forchheim ließ das Verschwinden des einzigen Jungstorches beobachtbar werden. Diesmal lag es aber nicht an den Wetterverhältnissen, sondern am Ausfall des männlichen Brutstorches. Dieser wurde flugunfähig im Bereich des Sportgeländes der Berufsschule entdeckt und eingefangen. Bevor jemand fragt, weshalb man hier den Storch gefangen hat und man es bei Schorsch nicht in gleicher Weise getan hat, sei folgendes geantwortet. Schorsch konnte immer fliegen, das Forchheimer Storchenmännchen hat sich einen Flügel gebrochen! Dreimal dürfen Sie raten, was dann mit dem Storch los ist!

Im nächsten Schritt entnahm man dann den Jungstorch aus dem Nest und beide – jung und alt – kamen zur Betreuung und ärztlichen Versorgung in den Tiergarten Nürnberg.

Diese Rettungsaktion ist in ihrer ganzen Tragweite und Durchführung mit den gesetzlichen Bestimmungen vereinbar und würde in gleicher Weise auch durch Ihren Tagebuchschreiber so durchgeführt. Nesteingriffe während der Brut und Jungenaufzucht finden nicht statt, es sei denn, einer der Altstörche fällt durch Tod oder Unfall in der kritischen Zeit der bewachten Jungenaufzucht aus. Dies war im Forchheimer Fall gegeben, da das Junge noch nicht 4 Wochen alt war. Also Anerkennung an Michael Zimmermann und seine Helfer von Feuerwehr und Fahrdienst.

Mit den Bildern des Tages aus dem Nest auf dem alten Rathaus zu Dinkelsbühl möchte ich mich heute wieder von Ihnen verabschieden. Wenn ich in den letzten Tagen gelegentlich etwas deutlicher wurde, dann nur deshalb, weil mir die Störche seit 40 Jahren sehr am Herzen liegen und ich bis heute in jedem Jahr meine gesamte Freizeit für diese Tiere geopfert oder sollte ich besser sagen, meine gesamte Freizeit diesen Tieren gewidmet habe. Lesen Sie doch in einer ruhigen Minute die in den Teilen 16 und 17 des Tagebuchjahrganges 2002 niedergeschriebenen Bemühungen Ihres Tagebuchschreiber, die Störche Hugo 1 und Hugo 2 zu retten. Vielleicht müsste dann doch der eine oder andere Giftzwerg seine Meinung revidieren. Der Einfachheit halber füge ich die Links gleich hier bei. Viel Spaß beim Lesen. 

http://www.bn-ansbach.de/storchcam/chronik_02/chronik2002_16.htm
http://www.bn-ansbach.de/storchcam/chronik_02/chronik2002_17.htm

Am Nest ereignete sich heute nichts Spektakuläres. Wir können auch so ganz gut mit unserem Pärchen leben. Dass sich unter diesem der einzige Kurzschnabelstorch der Welt, der in freier Wildbahn lebt, befindet, kann nicht hoch genug geachtet und beachtet werden.

Um 5:14 Uhr befand sich unser Nest nach einer gemeinsamen Übernachtung wieder in einem jungfräulichen Zustand. Den Vormittag verbrachten die Schorschis teilweise und in bester Harmonie im Nest, ehe am Abend bis 21:40 Uhr die Familienzusammenführung anstand.


Guten Morgen

Schorsch startet als letzter

 
Man hält Hof

 
Vereint

 
6. Jun. 07

Anrufe am Morgen bedeuten schon seit Tagen nichts Gutes für mich. So war es auch an diesem neuen Tag. Nachdem für den kommenden Samstag ein größerer Beringungstermin ausgemacht war, wartete ich auf eine endgültige Nachricht über den genauen Ablauf. Die Nestbetreuerin von Lauingen an der Donau hatte schon alles in die Wege geleitet und mich tatkräftig unterstützt. Doch nun hatte sie ausnehmend schlechte Nachrichten. Beide Jungstörche an ihrem Nest haben die Regentage nicht überlebt und auch in den Nachbarorten Gundelfingen und Bächingen sind alle Jungen gestorben. Die von mir schon vor dem Regen beringten Jungen in Höchstädt leben allerdings noch und machen die ganze Katastrophe nur noch unerklärlicher. Warum starben nicht alle Jungen? Was verhinderte in einigen Nestern ihren Tod, während einen Kilometer weiter drei gesunde Nachkommen am Leben blieben. Ich denke, dass hier noch ganz andere Faktoren beteiligt waren, die über die reinen Wettergeschehnisse hinausgehen. Das neueste und beste Nest Marke Zimmermann, extra heuer für mehrere Tausend Euro entwickelt, um Verluste durch Regen auszuschalten, hat der gesamten Brut den Tod gebracht. Das größte und mächtigste Nest meines näheren Bearbeitungsgebietes, nämlich das auf dem Kirchturm von Neuenmuhr, beherbergt nach dem Regen (da waren sie über drei Wochen alt) immer noch drei Junge, während gleichzeitig im nur einen Kilometer entfernten Nest von Altenmuhr sich kein Leben mehr regt, ich aber dort im Februar das gesamte Nest auf Fremdkörper und Grasbewuchs untersucht habe und zusätzlich mit einem Spazierstock viele Male das Nestinnere bis zur Basis durchstoßen habe. Außerdem hat das Nest gerade mal ein Höhe von knapp 30 Zentimetern.

Welche Parameter spielen also für die Verluste noch eine Rolle? Macht es auch die Erfahrung der Eltern, mit solchen Extremsituationen fertig zu werden? Die Weibchen von Leutershausen, Mosbach, Schopfloch und Weiltingen sind beispielsweise 23, 8, 14 und noch einmal 14 Jahre alt und alle schon 6 und mehr Jahre am gleichen Ort und sie haben alle ihre Jungen verloren. Also kann es nicht an der Erfahrung liegen.

Am Nest selbst kann es ebenfalls nicht liegen, auch wenn solches immer wieder behauptet wird und in Adelsdorf und Höchstadt sich kurzzeitig regelrechte Pfützen gebildet hatten. Wie sollen aber vierwöchige Junge in dieser Pfütze ertrinken? In Pfaffenhausen sind ebenfalls zum gleichen Zeitpunkt die Jungen verendet, ohne dass sich vorher eine Pfütze gebildet hatte. Bleibt also nur die Vermutung, dass es der Regen in Verbindung mit der Kälte und daraus resultierendem Nahrungsmangel gewesen sein könnte? Ich betone ausdrücklich „könnte“!

Die Ereignisse am Dinkelsbühler Nest sind es heute wert, dass man dabei etwas ausholt, um die Tragweite der Geschehnisse entsprechend einzuordnen. Wie ich Ihnen leider in den letzten Tagen mitteilen musste, sind in vielen Nestern an Altmühl und Wörnitz Totalverluste zu verzeichnen. Dennoch brachten im besten Falle (es stehen noch einige Schlüpftermine aus!) 14 Paare ihre Jungen über die Regentage hinweg, so dass es im Vergleich zum Vorjahr (20 Paare) mit dem Rückgang auf dieser Ebene nicht ganz so schlimm aussieht (30%). Diese nun arbeitslosen Paare – an Wörnitz und Altmühl sind es momentan 16 – haben in der Tat nichts mehr zu tun. So können sie getrost mal für Stunden oder auch Tage auf Wanderschaft gehen und dort auftauchen, wo sie sonst um diese Zeit nie und nimmer beobachtet werden könnten. Bei der Jungenaufzucht entfernen sich die Eltern selten weiter als 5 Kilometer vom Brutnest. Nun aber sind Flügen über größere Distanz keine zeitlichen und energetischen Zwänge mehr auferlegt. Das muss man wissen, wenn wir uns dem Altrathausnest zuwenden.

Was da zwischen 9 Uhr und 10 Uhr ablief, verdient den Zusatz „bemerkenswert“!

Da beehrten unser Nest – einschließlich der Schorschis – mindestens sechs verschiedene Störche. Doch lassen Sie mich am Morgen beginnen! Um 5:00 Uhr, dem Zeitpunkt der Live-Übertragung aus dem Storchennest, war Schorsch schon allein, Nummer 6 bereits zum Frühstücken abgeflogen.


Schorsch schon allein

Ihr folgte der Kurzschnabel auf dem Fuß, so dass wieder Warten angesagt war. Es wurde 9 Uhr und dann ereignete sich durchweg Sehenswertes! Ein fremdes Paar hatte im Nest Station gemacht. Das Männchen trug keinen Ring, während das Weibchen einen Aluring über den Zehen des linken Storchenbeines sein Eigen nennen konnte.

 
Paar 1 macht einen Kurzbesuch

Nun wissen Sie vielleicht, weshalb ich oben so ausführlich die Lebensgewohnheiten jungenloser Paare beschrieben habe und von den weiten Flügen, die sie dabei zurücklegen. Es gibt im Umkreis von Dinkelsbühl im Augenblick nur zwei Paare mit dieser Ringkonstellation. Bei beiden trägt das Weibchen einen Aluring oberhalb der Zehen des linken Beines und bei beiden kam es in der letzten Woche zu Totalverlusten der Jungen. Folglich kann es sich bei diesem ersten Paar im Nest nur um die Störche aus Weiltingen oder aus Mosbach handeln.

Die Freude währte nicht lange, denn fünf Minuten später waren die ersten, fremden Besucher des Tages von einem weiteren, neuen Paar abgelöst. Dies war unschwer an der andersartigen Beringung der daran beteiligten Störche zu erkennen.

 

Paar 2 hat das Nest erobert

Diesmal landete ein rechts oben mit einem ELSA-Ring versehenes Weibchen und ein unberingtes Männchen im Nest. Im prächtigen Sonnenschein des Tages ergaben sich herrliche Schnappschüsse. Während der gesamten Zeit gab es immer wieder Luftalarm und die seitlichen Blicke nach oben unterstrichen diesen Eindruck nachhaltig. Über eine halbe Stunde lang hielt das Paar die Stellung, wobei es zwischendurch z einen Abflügen und neuen Landungen kam.


Elsa allein

Das Männchen allein

Woher könnte dieses Paar stammen. Es gibt dazu nur eine reelle Variante, bei der das Weibchen rechts oben einen Elsaring trägt, das Männchen unberingt ist und beide ihre Jungen verloren haben: Es kann nur das Paar aus Wilburgstetten sein!

Beendet wurde der Spuk nach etwa 40 Minuten durch den explosiven Auftritt unseres Schorschs, der zeigte, wer der Herr im Hause ist. Nummer 6 flog unmittelbar darauf an.


Schorsch tritt auf den Plan

gefolgt von Nummer 6
   

Beim Nestbau

Bei der Gefiederpflege

 
Alarmstimmung

In der Folge ließen die Schorschis nichts mehr anbrennen. Sie hielten die Stellung, bis sich die Lage am Himmel über Dinkelsbühl wieder beruhigt hatte. Gegen 11 Uhr zog man wieder ab und überließ einem anderen, unberingten Storch für wenige Minuten das Terrain. Danach dauerte es bis zum Abend, ehe sich Leben auf dem Rathausdach einstellte. Es war im letzten Licht des Tages, als Schorsch auftauchte. Über die Nummer 6 legte sich das nächtliche Dunkel. Ob es zu einer gemeinsamen Übernachtung kam, Nummer 6 also unerkannt in der Dunkelheit anflog, muss bis morgen früh offen bleiben.

Eine Nachsuche nach den fremden Besuchern vor Ort um die Mittagszeit erbrachte nur wenige Spuren. Einzig ein unberingter Storch mit komplettem Schnabel hielt sich unweit der Dinkelsbühler Kläranlage auf. Er ruhte auf einem mit weißer Folie eingepackten Siloballen und nutzte diesen als künstlichen Ausguck. Ansonsten erbrachte meine Rundreise wenig Greifbares. In Wilburgstetten sah ich keinen Storch im Nest stehen, in Weiltingen stand ein Altstorch hart am Nestrand, um ja nicht zu viel mit den toten Jungen in Kontakt zu kommen, in Wittelshofen hielt einer der Altvögel Wache beim überlebenden Jungen und in Gerolfingen kämpften zwei Fremde mit dem ortsansässigen Paar um die Vorherrschaft am Nest. Am Abend kam noch ein Anruf des „Nestbesitzers“ aus Gerolfingen, der davon sprach, dass die Attacken den ganzen Tag über anhielten und nun die beiden Angreifer auf Dächern in der Nachbarschaft Platz genommen hätten, beide seien unberingt. Da musste ich gleich an das Paar aus Wassertrüdingen denken, das ebenfalls alle Jungen verloren hat und nun ebenso wie die Paare in ähnlicher Situation herumzigeunern und andere Paare, Nester und Junge attackieren. Wer weiß, wie sich diese Gefahr auf Nestern auswirkt, in denen Junge überlebt haben. Es könnte nämlich in den nächsten Tagen passieren, dass solche „arbeitslosen“ Paare die überlebenden Jungen angreifen und das eine oder andere von ihnen noch töten werden. 

 
7. Jun. 07

Fronleichnam
Traumhaftes Wetter, starker Wind, nahe 30 Grad warm, trocken! Die Morgenbilder bewiesen, dass Nummer 6 doch im Nest oder jedenfalls in unmittelbarer Nähe desselben übernachtet haben musste, stand sie doch kurz nach 5 Uhr noch mit Schorsch zusammen im Nest.


Beide gemeinsam am Morgen

Schorsch vor dem Abflug

Wenige Minuten später überließen die Schorschis das Feld freiwillig den Rabenvögeln. Eine Elster sowie mehrere Dohlen gaben sich ein Stelldichein. Letztere bemühten sich, eine echte Storchenfeder in ihren Gewahrsam zu bringen. Diese Absicht war jedoch nicht von Erfolg gekrönt.


Rabenvogel Elster

Rabenvogel Dohle

Ein Ruck durchfuhr mich beim Betrachten der Live-Bilder, als kurz nach 9 Uhr – ich erinnere nur an die Geschehnisse von gestern – erneut ein fremdes Paar im Nest stand. „Männchen ohne Ring, Weibchen oben rechts Elsaring“, so lautete die Kurzdiagnose.


Das fremde Paar

In solchen Fällen pflegt mich dann die Jagdleidenschaft zu packen und ich lasse alles liegen und stehen, schwinge mich in mein Auto und brause in die Nachbarstadt. Von meiner Haustür bis zum alten Rathaus von Dinkelsbühl beträgt die einfache Fahrtstrecke rund 14 Kilometer. Eine viertel Stunde vergeht schon – vorausgesetzt die Verkehrsverhältnisse lassen dies zu – bis ich vor dem Nest stehe. Heute war diese Vorgabe leicht zu erfüllen, denn wegen des Feiertages gab es keinen Schwerlastverkehr auf der sonst sehr stark befahrenen Bundesstraße 25. Ein Blick vom Kirchhöflein zum Nest genügte, um Klarheit über die Identität zu erlangen. Der Elsaring trug dieselbe Nummer wie der Ring des Weibchens aus Wilburgstetten, den ich erst vor wenigen Tagen dort abgelesen hatte. Also darf man jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch davon ausgehen, dass das Paar Nummer 2 von gestern ebenfalls aus Wilburgstetten kam, wie ich ja auch schon vermutet hatte. Kleines Bonmot am Rande. Das Geschwisterchen des heutigen Ringstorchs, ebenfalls 2004 in Trommetsheim von Ihrem Tagebuchschreiber beringt, stand am 26. Mai im Rathausnest. Damit liegt der seltene Nachweis vor, dass zwei Geschwisterstörche im selben Jahr am selben Nest auftauchen! Wieder mal etwas Neues und Einmaliges! Solche Fälle ereignen sich bevorzugt am Dinkelsbühler Rathausnest. Was da in den letzten Jahren an Katastrophen, an Skurrilem und Einmaligem ablief, zeigte die ganze Bandbreite störchischen Lebens komprimiert auf wenige Jahre.


Abflug der Fremden

Auf der Rückfahrt – das fremde Paar war inzwischen wieder abgeflogen – entdeckte ich die Schorschis, die von der Inbesitznahme ihres Nestes nichts mitbekommen hatten, auf einer frisch gemähten Wiese unterhalb von Lehengütingen unmittelbar an der Wörnitz. Ein weiteres Bild aus dem Nahrungsgebiet steuerte heute auch Carola bei, die die Schorschis südöstlich von Dinkelsbühl in Richtung Wassertrüdingen antraf. Die Bevorzugung gemähter Wiesenflächen lässt sich dabei eindeutig erkennen.


Im Nahrungsgebiet unterhalb von Lehengütingen
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Carolas Schnappschuss der Schorschis

Ab 10:30 Uhr zogen es die Altrathausbewohner vor, ihrem Nest vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken und der Fronleichnamsprozession beizuwohnen, die vor ihrer Behausung an einem prächtigen Altar Station machte.


Der prächtige Altar am alten Rathaus

Auch das bunte Treiben danach rings um die Georgskirche fand bei den Schorschis Gefallen und führte dazu, dass sie kaum mehr gewillt waren, ihren hohen Ausguck zu verlassen. So wurde aus ihrem Besuch ein mehr als vier Stunden dauernder Langzeitaufenthalt.

 

Die Schorschis beim Langzeitaufenthalt

Erst bei Einbruch der Dunkelheit schwebte man am Übernachtungsplatz und verbrachte eine geruhsame und laue Nacht.


Vereint zur Nacht

 
8. Jun. 07

Ein abschließendes Resümee über die Jungenverluste in den bayerischen Storchennestern ist natürlich noch nicht möglich, es sollten aber ein paar Zahlen schon jetzt zurecht gerückt werden!

Im letzten Jahr gab es in Bayern 143 Storchenpaare, die insgesamt 220 Junge zum Ausfliegen brachten. Dies entspricht einem Durchschnittswert von 1,5 ausfliegenden Jungen pro anwesendem Brutpaar (in unserem Falle also von 143). In dieser Zahl 143 sind natürlich auch die Paare enthalten, die im fraglichen Jahr nur einen Brutversuch unternommen oder Gelege und/oder Eier verloren oder – wie heuer ehr häufig vorkommend – ihre Jungen aus verschiedensten Gründen nicht bis zum Flüggewerden betreuen konnten. Diese Zahl ist für die Beurteilung der Vitalität einer Teilpopulation die allerwichtigste und gibt Aufschluss über Katastrophenjahre und über die Entwicklung und die Entwicklungschancen, die sich für die Zukunft ergeben. Rechenmodelle, die als Ergebnisse einer konsequenten Beringungsarbeit erstellt werden konnten, haben kurz zusammengefasst folgendes Ergebnis erbracht. Unter Berücksichtigung der Moralität bei Weißstörchen muss die durchschnittliche Jungenzahl eines Gebietes (hier Franken), bezogen auf alle anwesenden Brutpaare oder brutwilligen Störche, den Wert 2,02 JZa erreichen. In sehr guten Jahren wird dieser Wert knapp überschritten, in schlechten (2006: 1,52 JZa, 2007: unter 1,00 JZa??) mehr oder weniger deutlich unterschritten. Ermittelt man einen durchschnittlichen JZa-Wert aus den vergangenen Jahrzehnten für das westliche Mittelfranken (1969-2006), erhält man einen Wert von 1,9 JZa (Extreme zwischen 0,7 und 3,0 JZa). Pro anwesendem Storchenpaar fliegen demnach 1,9 Storchenjunge im Durchschnitt jedes Jahr aus! Der Einfachheit halber runde ich für meine weiteren Berechnungen auf 2,0 ausfliegende Junge auf!

Nachdem es im letzten Jahr 143 Storchenpaare in Bayern gab und es sicher 2007 deutlich mehr sein werden, erhöhe ich die Werte der anwesenden Brutpaare auf 150. Um leichter rechnen zu können eignet sich dieser Wert ganz gut. Auch wenn es vielleicht sogar über 160 Paare sind, wird der Fehler dennoch kleiner sein, da ich auch auf 2,0 JZa aufgerundet habe. Wetter hin oder her! Nach der 40-jährigen Statistik wären in diesem Jahr rund 300 Jungstörche in Bayern ausgeflogen. Ein besseres Ergebnis wäre dabei ebenso möglich gewesen wie ein schlechteres.

Nun gehen Zeitungsberichte, deren Verfasser mit Zahlen aus dem Nürnberger und Erlanger Raum versorgt wurden, allein von 500 toten Jungstörchen in Bayern aus! Sie sehen schon, wie wenig seriös diese Zahlen sind, denn es waren überhaupt nur insgesamt 300 zu erwarten und dann sind 500 Tote schon ein kleines oder größeres Kuriosum! Ich will die Katastrophe in diesem Jahr auf keinen Fall schön reden, aber man sollte doch bei der Wahrheit bleiben!

Bei Stallhaltung von Weißstörchen kommen wir schon auf entsprechende Zahlen, wie sie in den Medien verbreitet werden. Da hat nämlich ein Storchenpaar – gerundet – 5,0 Eier pro Jahr. Bei Stallhaltung und/oder einer Lebensweise, die von Fütterungen abhängig ist und bei Regen und Kälte und bei anderen Gelegenheiten Eingriffe zulässt, komme ich bei 150 Brutpaaren in Bayern (100% Ausfliegeerfolg!) auf 750 Junge im Jahr. Da nähern wir uns mit den 500 Toten schon der gewünschten, richtigen Größenordnung!

Bleiben wir aber im Weiteren bei der Realität und die geht von maximal 300 ausfliegenden Jungen aus. In den Landkreisen Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen werden, wenn es von nun an gut weiterläuft, 20 - 30 Junge ausfliegen. Damit käme ich für Bayern auf 100-150 in diesem Jahr. Ich tendiere eher zu der unteren Grenze von 100 und käme damit auf möglicherweise 200 tote Jungstörche und einer hypothetischen JZa von gerundet 0,7. Ein zugegeben schlechter Wert, der sich aber in den nächsten Jahren wieder verbessern sollte. Da Störche seit kurzem regelmäßig im Alter von zwei Jahren bereits in das Brutgeschehen eingreifen, könnte 2009 ein leichter Bestandseinbruch bei den Brutpaaren  zu verzeichnen sein. Wenn nicht?!

Das bisher Ausgeführte gilt, streng genommen, für isolierte Teilpopulationen, die ein Abwandern oder eine Zuwanderung aus anderen Gebieten nicht vorsehen. Nun haben wir ja das Glück, dass unsere Störche an einem regen Austausch in alle Himmelsrichtungen mit anderen Storchenpopulationen beteiligt sind und nicht wie angewurzelt nur in der Nähe ihres Geburtsortes siedeln. Dasselbe gilt natürlich auch für Störche in einem tausend Kilometer um Dinkelsbühl zu ziehenden Radius. Wir entsenden also Störche in diesem Umkreis, beziehen aber auf der anderen Seite auch von dort Nachwuchskräfte und Verstärkung für die eigene Population. Gerade das, was sich seit Jahren westlich unserer Landesgrenzen ereignet, verdient die höchste Aufmerksamkeit. Ich spreche von einer explosionsartig nach oben schnellenden Populationsentwicklung in Spanien und nicht zuletzt auch in Frankreich. In diesen beiden Ländern geschah mit dem Storchenbestand in wenigen Jahren Gewaltiges. Während in Franken Störche gefönt, mit warmen Eimern am Leben gehalten oder einfach wie Haustiere behandelt werden, schoss der Bestand westlich unserer Landesgrenzen – ganz ohne solche Spielchen und Kindereien - in die Höhe. In Spanien verdoppelte sich der Bestand in den vergangenen 10 Jahren auf nunmehr fast 35 000 Paare – Tendenz weiter steigend – während in Frankreich die jährlichen Wachstumsraten sogar bei 14% liegen und sich der Bestand von nahe Null in den 70er Jahren bis auf über 1200 Paare im Jahre 2006 steigerte. Auch in Bayern konnte sich seit Mitte der 80er Jahre, also in gut 20 Jahren, der Bestand von unter 70 Paaren auf nunmehr über 150 Paare steigern und das trotz der vielen Spielchen, die man mit unseren Störchen treibt. Wer angesichts einer solchen Erfolgsgeschichte behauptet, vom Fönen und der Gabe von Rotlicht sei das Überleben der Art abhängig, kann nur müde belächelt werden.

Die gestiegenen Bestände im Westen und unsere hohen Bestandszahlen – die höchsten seit fast 50 Jahren – werden einen weiteren Zuwachs in den nächsten Jahren bringen. Immer mehr Störche aus dem Elsass, aus Lothringen und aus anderen Landesteilen in Frankreich werden in Zukunft verstärkt nach neuen Lebensräumen suchen und dabei weitere Nester bei uns in Bayern gründen oder verlassene wieder besiedeln. Allein die Beobachtungen vieler einjähriger Störche aus Frankreich und den Gebieten am Rhein in kleinen Trupps in unserer Gegend sprechen dafür, dass die Erfolgsstory „Weißstorch“ weiter anhält.

Die Schorschis hatten es heute Morgen nicht sehr eilig, das Nest zu verlassen. Für unseren Schorsch kann der Kurzschnabel die eine oder andere Nackenwirbelverkrümmung mit sich bringen. Er muss die fehlenden, rund 8 Zentimeter ab sofort durch eine Überdehnung der Halsmuskulatur ausgleichen. Sicher eine Beeinträchtigung, die manchen Tierschützer erneut nach einem Arzt rufen lässt und irreparable Schädigungen von Teilen des Stützapparates nach sich ziehen sollte. Wie kann vorgegangen werden? Für Ratschläge bin ich jederzeit aufnahmefähig! Dass Schorsch wenigstens ausreichend Futter zu sich nimmt, beweist ein Schnappschuss, der ihn beim Absetzen eines gewaltigen Kotstrahls zeigt. Da kann man richtig durchatmen und stolz auf so viel Mist sein! Ein Scherzkeks, wer dabei schon wieder an das Tagebuch denkt!


Guten Morgen, Schorschis!

Das geht ins Kreuz
   

Verdauung funktioniert

Schorschs Abflug

Um 5:32 Uhr war es mit der Storchenherrlichkeit am Nest vorbei, ehe Nummer 6 zunächst allein und entspannt eine vorgezogene Siesta hielt. Weshalb er urplötzlich wie gestört im Nest herumsprang, sogar kurz auf den Dachfirst auswich und danach im Nest eine weitere Runde in ekstatischen Verrenkungen hinlegte, soll mal sein Geheimnis bleiben. Vor einigen Tagen wurde bei ihm schon einmal Ähnliches festgestellt.


Mittagssiesta

Wilder Tanz

 Mit dem Auftritt von Schorsch normalisierte sich der Zustand von Nummer 6 schnell.


Schorsch ist auch zurück

Als man gemeinsam ins Nahrungsgebiet startete und nicht mehr das Nest und seine Umgebung im Auge hatte, landete für kurze Zeit ein Fremder in Schorschis Appartement. Seine langen Beine sowie das Fehlen eines Ringes waren eindeutige Kennzeichen, ihn als „Nicht-Schorschi“ anzusprechen.


Der fremde Besucher

Wenn schon keine Störche gab es am Vorabend Täubchen im Doppelpack. Sie nahmen ein nicht enden wollendes Sonnenbad und schienen Gefallen an ihrem neuen Riesennest zu haben.


Turteltäubchen

Wie gehabt gestaltete sich schließlich noch der Abendeinflug. Nummer 6 eröffnete den Reigen um 21:23 Uhr, Schorsch mit dem kurzen Schnabel folgte im gleichen Atemzug.


Nummer 6 zurück

Vereint
 

Es ist so weit!!! Das Ankaufprojekt des „Storchen- und Biberlebensraums Wörnitzwiesen“ ist abgeschlossen. Über die Hintergründe und den weiteren Verlauf mit ähnlichen Projekten finden Sie hier einen ausführlichen Bericht.

Bitte unterstützen Sie auch 2007 wieder unsere Spendenaktion.

Weitere Hinweise

  • Hier könne Sie sich über die Ziele und Möglichkeiten der
    Natur- und Umweltstiftung

    informieren.


    Wenn Sie mehr über die Aktivitäten der Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz erfahren wollen, schauen Sie doch mal in das "Naturschutztagebuch" von Thomas Joas.


  • Vom 12. bis 20. Mai 2007 findet die 3. Ansbacher Artenschutzwoche mit zahlreichen Veranstaltungen statt.
    Nähere Informationen zu den Aktionen finden Sie auf der Seite des Landkreises Ansbach.

 

Neu und für Storchenfreunde sicherlich interessant ist die Karte der umliegenden Storchenstandorte, dargestellt mit Hilfe von Google Maps.

 
 

Und noch zwei  kleine Hinweise in eigener Sache:

  • Unterstützen Sie unsere Biotopankäufe mit dem Kauf von
    BN-Souvenirs


  • Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
    Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach finden Sie hier:

Kinderzeit

 
 

Hier geht es zu "Poetisches aus dem Gästebuch"

und hier zum Storchenbuch der Maischule Fürth.

 

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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere Spenden eingegangen.Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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