Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2007
...was bisher geschah

Unterstützt durch

Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!

Teil 5

21. Apr. 07 

Trocken und warm! Drei Wochen Frühsommer im Frühling liegen heute hinter uns und ein Ende der zu warmen und zu trockenen Witterungsperiode ist nach wie vor nicht abzusehen. Um 14:50 Uhr stand ich nach zwei Tagen mit gesundheitlichen Problemen wieder mal live unter einem Storchennest! Da wählte ich mir zum Auftakt natürlich das in Dinkelsbühl und somit die Begegnung mit Schorsch und Nummer 6! Als ich mich zu Hause verabschiedete, war das Nest leer und ich hoffte deshalb, die beiden irgendwo zwischen Lehengütingen und ihrem Nest zu finden. Doch eine Sichtung fand nicht statt. Als ich mich der Stadtmauer und dem Rothenburger Tor von Dinkelsbühl näherte, erkannte ich auch den Grund: Die Schorschis waren zu Hause. Ein paar Fotos aus ungewohnter Perspektive standen dabei ebenso auf dem Programm wie eine Begutachtung der laufenden Baumaßnahmen im Umgriff des alten Rathauses.


Aus anderer Perspektive


Bautafel „Altes Rathaus“

Nach einigen Minuten wurde es laut auf dem Rathausdach. Schorsch und Nummer 6 begannen zu klappern. Dabei sahen sie ständig mit schräg gehaltenem Kopf in den Himmel, ein untrügliches Zeichen, dass sie etwas sehen, was für mich noch nicht sichtbar war. Nicht zuletzt das begrenzte Gesichtsfeld gegenüber dem größeren, rund 20 Meter über mir befindlichen, war dafür der Grund. Das Klappern dauerte an, das In-den-Himmel-Blicken verstärkte sich und dann konnte ich den Grund endlich ebenfalls über mir erkennen. In vielleicht 200 Metern Höhe kreisten drei Fremdstörche. Zwei hielten dicht zusammen, während ein dritter Storch ein wenig abgesetzt von den anderen über der Altstadt kreiste. Der Überflug und das ruhige Segeln ließen schon von Beginn an keinen schlimmen Angriff erwarten. Nach einer Minimalannäherung von einigen Hundert Metern begannen die Überflieger schon bald in engen Kreisbewegungen an Höhe zu gewinnen und sich aus der kritischen Entfernung zum Nest zu verabschieden. Schorsch und Nummer 6 nahmen keine Notiz mehr von den Besuchern, gingen zur „Tagesordnung“ über und stellten jegliches Drohverhalten und Klappern ein, obwohl die kleine Gruppe der Störche immer noch deutlich am Himmel sichtbar blieb. So oder ähnlich dürften alle Begegnungen mit fremden Störchen abgelaufen sein und das geschah in den letzten Wochen fast täglich! Ich verließ Schorsch und Nummer 6 und fuhr über Wilburgstetten, Weiltingen und Wittelshofen (hier jeweils ein brütendes Sorchenpaar) nach Gerolfingen. Meine Hoffnung scheint sich in diesem Jahr wirklich zu bestätigen! Das Paar ist nach wie vor vor Ort und wenn mich nicht alles täuscht, bereiten sich die beiden Störche auf eine Brut vor! Das Männchen wurde 2005 in Möhlin im Kanton Aargau in der Schweiz geboren und wurde vorher noch nie beobachtet, das Weibchen ist unberingt.


Das neue Paar

Schließlich kann man eine Brut noch aus Wassertrüdingen vermelden. Das Nest in Auhausen auf einem Wohnhausdach wurde kürzlich wieder auf Vordermann gebracht und sieht nun erneut einladend aus. Doch seit fast 10 Jahren wartet der Hausbesitzer vergeblich auf einen längeren Besuch von Störchen.


Auhausen wartet auf Störche

Auch in Westheim, im benachbarten Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, hat sich heuer noch nichts ereignet. Auch dieses Nest steht leer, nachdem im Vorjahr umfangreiche Bauarbeiten eine Brut nicht zuließen und vor zwei Jahren bei heftigen Kämpfen ein Partner des Paares getötet wurde und danach der verbliebene Storch Nest und Ort verließ. In nächster Zeit wird sich an den verschiedensten Kameranestern Leben zu regen beginnen. Neben den schon gemeldeten vier Jungen im Bornheimer Sportplatznest wird es demnächst auch in dem auf der Storchenscheune Nachwuchs geben.


Bornheim: Ein Ei ist angepickt

Ein Ei zeigte bereits heute eine kleine kreisrunde Öffnung am stumpfen Eipol, ein sicheres Indiz dafür, dass der Schlupf unmittelbar bevorsteht. Die Jungen am Sportplatz in Bornheim, gleich vier an der Zahl, gedeihen bislang prächtig und deuten an , dass bei der herrschenden Wetterlage keine Gefahrenmomente drohen.


Bornheim: Das Jungenquartett

Im bayrischen Pfaffenhausen ist heute das erste Junge geschlüpft, während die Eier des Vierergeleges in Höchstadt und des Fünfergeleges im Luisenpark Mannheim weiter eifrig bebrütet und gewendet werden.


Pfaffenhausen: 1 Junges


Mannheim


Höchstadt

Trotz aller Bemühungen unserer Nummer 6 ebenfalls für Nachwuchs zu sorgen, werden diese keinen Erfolg bringen.

 
Er gibt sich solche Mühe!!

In den Vormittagssunden gab es die tägliche Morgenzeitung zu lesen und als kleine Auflockerung des tristen Nestinneren sorgte man für manche Zutat aus Kunststoff.


Kopula
mit Lesestoff

Nun steht einer Zeitungslektüre
nichts mehr im Wege
 
22. Apr. 07

Die Nacht blieb klar und dazu recht frisch. Am Morgen zeigte das Thermometer 0 Grad, am Nachmittag erneut mit fast 25 annähernd sommerliche Werte. Kein Tropfen Regen und dies nicht den letzten Tag.

Beim Gang durch die Storchennester fällt auf, dass nun fast jeden Tage weitere Jungstörche das Licht der Welt erblicken oder erblicken werden. In Pfaffenhausen sind es inzwischen drei, in Bornheim auf der Storchenscheune ebenfalls drei, auf dem dortigen Sportplatznest nach wie vor vier, in Höchstadt zeigt das erste Ei ein deutliches Loch, so dass mit dem Schlüpfen in den nächsten Stunden zu rechnen  ist.  


Pfaffenhausen


Bornheim – Sportplatz


Bornheim – Storchenscheune


Höchstadt

Das wird uns in diesem Jahr wieder nicht vergönnt sein! Bei den Gründen für das Ausbleiben eines Geleges habe ich mir schon in früheren Einträgen meine Gedanken gemacht. Der „Schuldige“ für diese Misere ist nicht auszumachen. Sollte jemand den Eindruck gewonnen haben, dass ich Nummer 6 als ehemaligen Gehegestorch die Schuld zuweise, so ist dieser Eindruck nicht korrekt. „Er“ oder „sie“ ist genauso viel und genauso wenig verantwortlich wie sein Partner oder seine Partnerin. Sind beide schwul – und so wie sie sich geben, tendiere ich am ehesten zu dieser Einschätzung – wäre es eine sehr seltene Verbindung zwischen zwei Störchen in freier Wildbahn. Aber auch an andere Möglichkeiten muss gedacht werden. Hier ist beispielsweise an die Unfruchtbarkeit eines Partners zu denken oder an eine andere Krankheit, die die Produktion eines Eis nicht zulässt. Ich bleibe für meinen Teil – bis zum Beweis des Gegenteils – bei der ersten Einschätzung. Schorsch und Nummer 6 sind schwul!

Der zuletzt Genannte legte sich in puncto Nestbau heute wieder einmal besonders ins Zeug. Was er so alles anschleppte, verdiente hohe Anerkennung. Auch übernahm er bei den Paarungen eindeutig die Rolle des Männchens und somit dauert die aktive sexuelle Phase unseres Paares nun schon den 46. Tag. Zählen wir die Tage munter weiter und sehen wir, zu welch erstaunlicher Leistung unser Paar noch fähig ist.

 
Intensiver Nestbau


Intensive Liebe

Wo bleibt er denn?
   

da ist er ja!

Schorsch landet
   

Nummer 6 im Anflug
 

und gelandet


Vereint für die Nacht

 
23. Apr. 07

Neues aus Aurach! Dort brütete im vergangenen Jahr erstmals ein Storchenpaar erfolgreich und vergrößerte damit die Zahl der Storchenorte des Landkreises Ansbach um einen. Das Männchen des Vorjahres war nicht mehr erschienen. Seinen Platz hatte im März ein neues Männchen eingenommen, das von mir 2004 in Triesdorf (etwa 20 Kilometer von Aurach entfernt) beringt worden war. Anfang April schloss sich ihm ein unberingtes Weibchen an, das aber nach einigen Tagen wieder verschwand. Heute entdeckte ich dort ein neues Weibchen mit einem ELSA-Ring. Die Ablesung ergab, dass dieser Vogel in den neuen Bundesländern das Licht der Welt erblickt hatte. Es wäre ein schöner Erfolg, wenn sich dieses deutsch-deutsche Paar zu einer Brut entschließen könnte. Die nächsten Tage werden den Beweis liefern! Auch die Wiederbesetzung des Nachbarortes Neunstetten nach sechs Jahren gehört in die Reihe der erfreulichen Ereignisse. Die Brut hat dort nun begonnen, nachdem das Nest in einen vortrefflichen Zustand gebracht wurde. 


Zwei Ansichten des Nestes von Neunstetten
 
 

In Donauwörth, so entnehme ich den fleißigen „Schnappschützen“, sind alle 5 Junge inzwischen geschlüpft und haben ihren Überlebenskampf begonnen.


Fünflinge in Donauwörth

Das Paar in Görlitz hat das erste Ei gelegt und steht damit ganz am Anfang der Brutzeit,


Görlitz

ebenso wie das Paar auf dem Tanzhaus von Nördlingen, das heute ebenfalls das erste Ei abgelegt hat. Für diese Nachricht bedanke ich mich ganz besonders beim Türmer auf dem Turm von Sankt Georg, der den besten Einblick von uns allen ins dortige Nest hat.

Schorsch und Nummer 6 kehren nun immer mehr dem Nest den Rücken. Damit will ich sagen, dass es schon mal vorkommt, dass das Nest – bevorzugt in den Nachmittagsstunden – über lange Zeit verwaist ist. Diese Situation wird sich den Sommer über sicher verstärken, aber dafür gibt es ja genug andere Möglichkeiten, der Jungenaufzucht auf fremdem Terrain beizuwohnen. Aber in jedem Fall heißt es: Nur unter storch24.de gibt es so viele Informationen aus erster Hand, dass man an dieser Website einfach nicht vorbeikommt. Nur unter storch24.de gibt es einen so intensiven und liebevollen Umgang der User im Gästebuch.

Fast jeden Tag durfte ich von fremden Störchen berichten, die über der Stadt ihre Kreise zogen. Mit eigenen Augen konnte ich am 21. April eine solche Situation mit drei Fremden beobachten und auch heute, aber erst nach Einbruch der Dunkelheit, schienen die Schorschis leicht beunruhigt zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass man spät ankam und dass nach 22 Uhr nur einer der beiden Nestinhaber daheim war. Leider sieht man ab 21 Uhr bei ausgeschalteter Stadtillumination die Störche nur noch schemenhaft oder fast gar nicht mehr. Heute hatte offensichtlich ein Tourist in Dinkelsbühl Mitleid mit uns und warf einige Euros in den dafür aufgestellten Münzautomaten, so dass zwischendurch wieder etwas mehr zu sehen war und an der „einsamen Stellung“ von Schorsch oder Nummer 6 kein Zweifel bestand. Warum der Partner allerdings noch abgeflogen war und wohin, bleibt ein Rätsel.


Paar vereint

Allein zu Hause

Ein Verfolgungsflug oder eine Auseinandersetzung mit einem Eindringling sind als Anlass für einen späten Abflug schon denkbar. Störche machen zwar nächtens keine großen Ausflüge! Wenn es aber notwendig erscheint, z. B. bei Auseinandersetzungen, sind nächtliche Abflüge sehr gut möglich. Immer wieder konnte ich in Gesprächen mit „Storchenbesitzern“ hören, dass in tiefster Nacht auf dem Dach keine Ruhe herrschte, sondern heftige Streitigkeiten mit fremden Störchen tobten. Offensichtlich sind solche nächtlichen Angriffe eine nicht zu verachtende Taktik, die für den Eindringling gewisse Vorteile zu bringen vermag. Sei´s drum! Es kam an diesem Abend und in dieser Nacht zu Abflügen, deren sichtbarer Beweis darin bestand, dass in Teilen der Nacht nur ein Storch im Nest stand.

 
24. Apr. 07

Dank Sylvias unermüdlichem Einsatz fand die Geschichte am frühen Morgen ihre Fortsetzung. An dieser Stelle möchte ich unserer „Spitzen-Schnappschützin“ einmal ganz besonders danken, ohne all die anderen fleißigen Helfer im Hintergrund zu diskreditieren. Sylvia ist es, die schon in frühester Dämmerung auf der Lauer liegt und uns mit gelungenen Beiträgen aus dem Leben der Schorschis versorgt. Das bedeutet im Augenblick ab 5 Uhr 30 bereit zu sein, um das Erwachen der Störche im Bild festzuhalten.

Was es um diese Zeit zu sehen gab, belegen die Bilder Sylvias. Meine Einschätzung vom gestrigen Abend fand nämlich einen frühen Beweis und fand eine bildhafte Bestätigung um 5:38 Uhr.


5:47 Uhr

5:38 Uhr

Nur einer der Schorschis stand im ersten Licht im Nest und es gab eigentlich keinen Grund daran zu zweifeln, dass sich die Situation seit 22 Uhr gestern Abend verändert hätte. Einer unserer beiden Helden hatte sich entschlossen, an anderer Stelle zu nächtigen. Um 6:34 Uhr jedenfalls traf man beide Adebare wieder zusammen im Nest an und das kurze Ausbleiben gehörte schon der Vergangenheit an. Danach geschah nur noch sehr wenig! Die Auszeiten verlängerten sich zu einem neuen Rekord, das Nest sah über Stunden keine Störche, dafür aber verstärkt Dohlen. S07042401 Dohlengeschwader

Für den heutigen Tag liegt mir bisher erstmals seit dem Eintreffen von Nummer 6 kein Schnappschuss einer Paarung mehr vor. Sollte jemand meiner Leser einen solchen Bildbeweis noch vorrätig haben, wäre ich für eine Zusendung sehr dankbar. Ansonsten müssten wir das Ende der sexuellen Aktivität nach immerhin 48 Tagen vermelden.

Es gab unerwartet am späten Abend noch eine „Neuerung“. Die Schorschis erschienen zur gewohnten Zeit kurz nach 20 Uhr, doch als jeder schon ihr Bleiben erwartete, flogen sie noch einmal ab. Es schien erneut eine gewisse Unruhe im Umfeld zu liegen, die vielleicht im Erscheinen eines fremden Storchs zu suchen war. Überraschend bleibt allerdings zu vermelden, dass bis zum Verlöschen des letzten Lichtes – das war abermals gegen 21 Uhr – keiner der beiden zum Nest zurückgekehrt war. Der Rest des Abends blieb allerdings vom Dunkel verhüllt. Die beiden mussten aber – so gut wie unentdeckt – vor 23 Uhr doch noch zurückgekehrt sein - denn bei entsprechenden Bildwechseln zeichneten sich doch Bewegungen ab, die ziemlich „storchenmäßig“ aussahen.

Ein kurzer Blick in verschiedene Himmelsrichtungen und in andere Nester erbrachte folgende Neuerungen: In Pfaffenhausen sind vier Junge geschlüpft, in Höchstadt liegen zwei Junge im Nest und in Adelsdorf hat sich noch nichts Lebendiges eingestellt.


Pfaffenhausen


Höchstadt


Adelsdorf

 
25. Apr. 07

 .... und schließlich gibt es ja noch unsere Sylvia. Sie lieferte den Morgenbeweis für die Anwesenheit beider Schorschis. Da standen sie also, wie gewohnt, und behielten ein kleines Geheimnis für sich. Wo hatten sie sich in den gestrigen Abendstunden wohl herumgetrieben?


Die Unschuldslämmer

Ich bin mir sicher, dass immer noch ein Fremder oder sogar mehrere das Nest auch an diesem Morgen nicht aus den Augen ließen. Anders ist das Verhalten vor sechs Uhr nicht zu erklären und letztlich auch das der vergangenen Abend- und Nachtstunden: Es gab Störche im Blickfeld der Nestbesitzer! Vielleicht hatte sich mindestens einer auf einem Dach in der Altstadt von Dinkelsbühl niedergelassen?


Einer in Aufregung

Beide zeigen ihre Unruhe

Um die Mittagszeit konnte man beide noch einmal kurz im Nest erleben, danach wurde es ruhiger.


High Noon

Schon wieder Unruhe?

Ab dem frühen Nachmittag blieb das Nest, von einem einstündigen Zwischenaufenthalt unserer Nummer 6 abgesehen, storchenlos. Eine Paarung fand auch heute – wahrscheinlich – wieder nicht statt, so dass die Schorschis inzwischen einen neuen Lebensabschnitt einzuläuten beginnen, der auch in einer geringeren Nestpräsenz seinen Niederschlag findet.

Ein besonderes Ereignis wäre da noch aus Höchstadt an der Aisch zu vermelden! Am 22. April vermeldete ich das erste Loch im ersten Ei des dortigen Vierergeleges. Heute genau drei Tage später sind alle vier Junge geschlüpft. Es hat also nachweislich nur etwas mehr als 48 Stunden gedauert, bis vier Junge das Licht der Welt erblickt hatten. Kein schlechtes Ergebnis, wenn man weiß, dass die Eier in Abständen von zwei Tagen gelegt werden. Man lernt also immer noch dazu und ist vor Überraschungen nie ganz sicher. 


Vier Junge in Höchstadt

Spät, aber nicht zu spät erschienen unsere Schorschis im letzten Licht des Tages um 20:48 Uhr. Fast zeitgleich begann die Stadtbeleuchtung wie auf Bestellung ihr romantisches Licht über der Szene auszugießen.


Zuhause

 
26. Apr. 07

Es wird immer ruhiger um unsere Nestbewohner! Dank Sylvias Schnappschüssen im Morgengrauen konnten wir erneut den Beweis antreten, dass Schorsch und sein Partner eine weitere Nacht gemeinsam in ihrer Behausung zugebracht hatten. Sie schälten sich als weiße Riesen aus dem Licht der Dämmerung.


Die Übernachtsgäste

Bevor man aus dem Hause ging, war eine Paarung angesagt, die in gleicher Weise ablief wie in den letzten Wochen: Sie sah Nummer 6 als Obermann!

 
Man kann´s nicht lassen!

Von Schorsch hat man solches schon lange nicht gesehen. Danach kam der Abflug und außer einem Kurzbesuch eines Einzelgastes bekamen wir den ganzen Tag keine Schorschis zu Gesicht.


Ein Zwischenruf

Und als ich schon dachte, sie würden eine gemeinsame Nacht in der Fremde verbringen, schwebten sie um 21:17 Uhr doch noch an.

Fast hätte ich sie vergessen: Zwischendurch gab es Brieftaube! Na, immerhin! Man ist ja längst nicht mehr verwöhnt!


Sie nutzt den Freiraum

Übrigens: In Adelsdorf zeigte sich heute der erste Nachwuchs.


Adelsdorf

 
27. Apr. 07

Was für ein April! Und dieser Monat dauert sogar noch weitere drei Tage, in denen es ebenfalls für die Jahreszeit um einige Grade zu warm, zu sonnig und zu trocken sein wird. Zwischen 5 und 26 Grad bewegte sich die Temperaturspanne und brachte Urlaubs-Feeling pur!

Die Schorschis blieben ihrem augenblicklichen Stundenplan treu und gestatteten sich mächtig viele Auszeiten, in denen sie sich nicht am Nest zeigten. Nachdem man gegen 5:33 Uhr noch gemeinsam aus dem Dunkel der Nacht auftauchte, blieb man schon bald dem Nest fern.


Guten Morgen

Bevorzugt geschieht und geschah dies auch heute weiter in den frühen Nachmittagsstunden. Wenn sich nicht wieder eine der vielen Dinkelsbühler Haustauben am Nest gezeigt hätte, wäre es um das Storchenheim wieder einmal sehr ruhig geblieben.


Die Brieftaube ist wieder da!

Von Schorschs kurzer Stippvisite gegen 15:30 Uhr abgesehen, tat sich nichts. Ja, wenn da nicht etwas geschehen wäre!


Zwischenbesuch

Um 16:26 Uhr, Schorsch war erst kurze Zeit verschwunden, machte es erneut „Plop“ und ein Storch stand im Nest!


Erfolgte Fremdlandung

In solchen Augenblicken laufen automatisierte Handlungsabläufe ab, die auf vorhandene Ringe ausgerichtet sind, die Haltung und Körperbau des Gelandeten scannen und schließlich auch auf unveränderbare Kennzeichen achten. Schon nach wenigen Minuten stand fest: Da stand weder Schorsch noch die Nummer 6 im Nest! Ein Fremder also! Unser Paar war sich seiner Sache also zu sicher und hatte sich weiter vom Nest entfernt als es vielleicht ratsam gewesen wäre. Der Neue – und nun sei das Ergebnis der automatisierten Handlungsabläufe erwähnt – war ungewöhnlich langbeinig, ohne Ring, von auffällig schlanker Statur und zeigte nicht die uns von Schorsch bekannten deutlichen „Silberstreifen“ an einigen Armschwingen. Unbemerkt hatte der Neuling ein besetztes Nest erobert und fühlte sich darinnen sofort heimisch. Er begann, Nistmaterial zu ordnen, er legte sich demonstrativ ins gemachte Nest und bestärkte durch gleichzeitiges Klappern seine Besitzansprüche.

 
Arbeit am Nest

 
Schaut her, ich bin der Neue!


Auch mir könnte das Nest gehören!

Mit der Zeit wurde er sogar immer dreister und bewegte sich fortan sicherer und ohne eine leicht zu spürende Unsicherheit und Vorsichtigkeit. Der Neue hielt das Nest besitz und das bis 19:46 Uhr. Doch da sah er mit schräg gelegtem Kopf nach oben, Sekunden später tauchte ein zweiter Storch im Nest auf und abermals nach einer Bildaktualisierung sah man nur noch unsere Nummer 6, die drohend und mit den Flügeln pumpend seinerseits betonte, wer der Herr im Hause sei.


Kommt da einer?

Ja, ich bin es, die Nummer 6!!!


Siegerpose von Nummer 6

Ein einziger Anflug hatte also genügt, um den Horstbesetzer in die Flucht zu schlagen. Da konnte man sehen, wie dominant der „Unsrige“ sein muss. Erst nach einer weiteren halben Stunde sah sich Schorsch in der Lage, am Nest aufzutauchen.


Das alte Paar vereint!

Er hatte von alledem überhaupt  nichts mitbekommen und musste von seinem Partner über dessen Heldentaten aufgeklärt werden. Den Rest erledigten dann beide jedoch gemeinsam, denn von Ruhe konnte auch anschließend noch nicht die Rede sein. Man flog in kurzen Abstände an und ab, drohte und klapperte bis in die Dunkelheit hinein.

 
Die Attacken gehen weiter!

Sicher gab der Invader immer noch nicht klein bei, sondern war nahe genug, um für Aufregung zu sorgen.

Von anderen Kameranestern bliebe aus Forchheim 3 zu vermelden, dass mittlerweile drei Eier im Nest legen. Was sich dort so alles zuzutragen scheint, verdient ebenfalls (siehe unser Nest) die Bezeichnung „merkwürdig“. Nachdem in den vergangenen Wochen schon immer wieder mal ein Ei im Nest auftauchte, um dann wieder überbaut und unsichtbar zu werden, liegen nun wieder drei Eier in einer Nestmulde und repräsentieren damit so etwas wie ein Gelege. Wir wollen die Entwicklung dort aufmerksam beobachten und immer wieder einmal darüber berichten.


Forchheim 3

 
28. Apr. 07

Ein morgendlicher Anruf bringt mich auf Trab. In einem Feuchtwanger Ortsteil, nämlich in Aichau, hält sich seit 14 Tagen ein Storch auf! Bei der ersten Meldung vor einer knappen Woche war ich noch etwas skeptisch und eine Nachsuche erbrachte außer einigen Storchenspuren auf dem Dach einer Scheune keinen Sichtnachweis, so dass ich die Meldung eher für eine Zufallsbeobachtung hielt. Diesmal ging ich der Sache ebenso nach und nahm Gespräche mit einigen Dorfbewohnern auf. Die Spuren af der Scheune hatten sich verstärkt und vor allem auf dem Schlauchtrocknungsturm des Gerätehauses der Freiwilligen Feuerwehr Aichau gab es eine Menge neuer Kotspuren. Kurz vor meinem Eintreffen stand ein Storch auch auf dem Turm. Auf meinen Vorschlag, eine Nisthilfe dort anbringen zu wollen, stieß ich sofort auf Begeisterung und die Sache nahm ihren Lauf. Mehrere Dorfbewohner erklärten sich bereit, die Sache in die Hand nehmen zu wollen, ihr Tagebuchschreiber versprach, Baupläne zu besorgen und die Modalitäten für die Anbringung der Nisthilfe auf dem Dach des Turmes zu klären. Mit etwas Glück könne die Maßnahme in der nächsten Woche über die Bühne gehen. Während des Gespräches war der Storch überraschend auf den Turm, seinem augenblicklichen Lieblingsplatz, zurückgekehrt. Ich musste ihn zweimal mustern, ehe ich an seinem rechten Bein einen kleinen Zoo-Ring erkannte.

Die Ablesung lief anschließend ohne Komplikationen ab und erbrachte einen schönen Befund. Bei dem Gast in Aichau handelte es sich um einen alten Bekannten. Die Lebensgeschichte des Gastes ist mir bereits seit dem Jahre 1994 bekannt. Damals wurde er als Altvogel, also mindestens im Alter von drei Jahren,  an der oberen Altmühl flugunfähig eingefangen und in den Tiergarten Nürnberg gebracht. Im darauf folgenden Jahr wurde er an derselben Stelle wieder freigelassen, nachdem er mit dem Ring ZOO NÜRNBERG A 757 beringt worden war. Über viele Stationen konnte ich ihn seitdem in jedem Jahr ablesen, zuletzt 2006 als Brutstorch mit einem unberingten Weibchen in Aurach, Kr. AN, etwa 6 Kilometer nördlich von Aichau. Im vergangenen Jahr verhalf er drei Jungen zum Ausfliegen. Heuer schickt sich ein anderes Paar in Aurach an, eine Brut zu beginnen. Ein neues Männchen ließ ihm offensichtlich keine Chance, das alte Nest zu erobern. In die Jahre gekommen, wich er aus, wurde abgedrängt und residiert nun als nestloser Looser in Aichau, nicht gerade in einem storchentypischen Lebensraum. Wir werden es trotzdem versuchen und ihm in der kommenden Woche einen Nestersatz anbieten, an den er sich dann im nächsten Jahr vielleicht erinnern wird.

 
Der Besucher von Aichau


Ringablesung
 

Nach dem gestrigen Stress mit dem Fremden, war am heutigen Tag mehr Nestpräsenz angesagt als die vergangenen Tage. Man darf sich eben nicht zu sicher sein und den ganzen Tag draußen herumhängen! Dann passieren eben solche Sachen wie gestern. Der Eindringling konnte über Stunden schalten und walten wie er wollte. Im entscheidenden Moment erwies er sich dann doch als Schwächling und gab das Nest kampflos frei. Nummer 6 hatte überhaupt keine Probleme!

So ganz ohne Rivalenkämpfe ging es in den frühen Morgenstunden immer noch nicht ab. Schon weit vor sechs Uhr zeigten sich die Partner unseres Paares in hellster Aufregung.

 
In hellster Aufregung

Es konnte gut sein, dass der gestrige Eindringling in der Nähe des Rathauses genächtigt hatte und nun im ersten Licht des neuen Tages wieder in den Blickpunkt rückte. Nach einer Stunde kehrte Ruhe ein und man konnte zur Tagesordnung übergehen.


 Schorsch landet

Es kehrt Ruhe ein

Doch für Schorsch & Co. war damit noch nicht alles ausgestanden. In den Mittagsstunden musste schon wieder Alarm geschlagen werden.


Alarm

Man kann sich unschwer ausmalen, was auf uns in Beziehung „Fremde am Nest“ noch alles auf uns zukommen wird. Schon deshalb bleibt es spannend und wir brauchen keine Angst zu haben, dass Eier oder Junge dabei zu Schaden kommen. 

Man liebt sich weiter! Gab es zuletzt ein deutliches Herunterfahren der gegenseitigen Libido, erwachte diese nach all dem Stress zu einem kräftigen Zwischenhoch. Manches sah dabei abermals etwas ungelenk und wackelig aus, aber dennoch sollte man als Außenstehender in dieser Beziehung nicht zu viel herummäkeln.

 
Es nimmt kein Ende!

In Kenntnis der gestrigen Ereignisse kehrte das Gespann rechtzeitig zum Schlafen ins Nest zurück und verlebte eine – soweit sichtbar – ruhige Nacht.


Gute Nacht

Zum Schluss blicke ich wieder einmal über den eigenen Tellerrand und sehe, dass es in den Nestern von Adelsdorf und Mannheim mittlerweile je 2 Junge zu bestaunen gibt.


Adelsdorf


Mannheim

 
29. Apr. 07

Auch wenn sich unsere Schorschis nicht mehr jeden Abend an ihre normalen Rückkehrzeiten zum Nest halten und länger als sonst herumstreunern, kehren sie selbst im Dunkeln immer in ihre Wohnung zurück. Deshalb begrüßen sie uns Tag für Tag im ersten Morgenlicht. So geschah dies auch heute. Doch schon bald nutzten beide Störche die heraufscheinende Dämmerung zum Abflug in die Nahrungsgründe. Zwischendurch legte man eine kurze Stippvisite ein und verabschiedete sich danach wieder für ein ganzes Weilchen.


Man schält sich aus der Dunkelhei

Im schönsten Morgenlicht
   

Was wird denn da eingebaut?

Schorsch verduftet
   

und noch einmal

Das klappt immer noch.


Endlich zurück

So ging dies den ganzen Tag, man baute am Nest, man liebte sich und nebenbei begrüßte unser Gästebuch den 50.000 Eintrag, den mehr zufällig als unbedingt gewollt unsere Heinke einheimste.


Heinke zum 50.000.

Auch von halboffizieller Seite darf ich mich den Glückwünschen anschließen und auf eine ebenso harmonische zweite Halbzeit bis zu 100.000 Einträgen hoffen. Die erste Halbzeit dauerte nicht ganz 2 Jahre. In dieser kurzen Zeit gelang es, diese stolze Zahl zu erreichen und das Erfreuliche daran: Zu keiner Zeit gab es Streit und Missgunst im Gästebuch, die Einträge bewegten sich nie unterhalb der Gürtellinie und waren stets kompetent und niveauvoll. Dass dabei die Themenpalette breiter gefächert sein darf und sich die Gespräche nicht nur um unsere Lieblingstiere drehen dürfen, versteht sich von selbst. Machen Sie so weiter in einer gesunden Mischung, pflegen Sie die entstandenen und sicher weiter entstehenden Freundschaften und bleiben Sie unseren Störchen in jedem falle gewogen!

Zum Abschluss ein Blick über den Tellerrand: In Lindheim gibt es jetzt 3 Junge.


Lindheim

 
30. Apr. 07

Die Hiobsbotschaft schlechthin erreichte mich heute Mittag, als ich aus der Schule kam und - wie es seit Jahren Brauch ist - meinen PC zum Laufen brachte, um mich nach den neuesten Nachrichten über unsere Schorschis umzusehen. Da lese ich etwas über einen zur Hälfte fehlenden Unterschnabel bei Schorsch und sehe die dramatischen Vergrößerungen der Verletzung im Gästebuch. Kein Zweifel! Bei Georg fehlt die Hälfte des Unterschnabels! Kein Zweifel ist möglich, keine optische Täuschung, die die Angelegenheit etwas weniger schmerzvoll machen könnte.


Schrecklich!


Hier sieht es nicht viel anders aus!

Sofort begann ich mein Bildmaterial der letzten Tage durchzuforsten, um zu sehen, ob bei Schorsch diese Verletzung schon länger zurückliegt. Erst wenn man weiß, worauf man achten muss, sieht man Dinge, die einem vorher regelrecht entgangen sind. Und tatsächlich: Auch vom gestrigen Tag liegen Bildbelege vor, die den verletzten Unterschnabel zeigen.


Auch gestern hatte Schorsch diese Verletzung!

 Ich suchte weiter und fand Schnappschüsse vom Samstag, den 28. April um13:03 Uhr, auf denen Schorsch teilweise schnabellos zu sehen war.

 
Belege von vorgestern: Der Unterschnabel fehlt teilweise!

Wie ich den augenblicklichen Gästebucheintragungen entnehme, kommt Sylvia, ihr gebührt der Dank als Entdeckerin der Verletzung, ebenfalls zu diesem Schluss. So dürfen wir wohl als Zeitpunkt der Verletzung die Zeit zwischen Freitagabend und Samstagmittag ansetzen. In diesen Stunden fanden – und da gebe ich den Stimmen Recht – die heftigsten Auseinandersetzungen zwischen unserem Paar und mindestens einem Fremdstorch satt. Dieser hielt sich sogar über drei Stunden in Schorschs Behausung auf. Ob es allerdings bei den für uns nicht beobachtbaren Auseinandersetzungen zur schlimmen Verletzung an Schorschs Schnabel gekommen ist, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Diese Form von Selbstverstümmelung ist im Tierreich eigentlich nicht vorgesehen. Dass der Schnabel tödliche Verletzungen zufügen kann, steht nicht in Frage. Dass er dabei aber abbrechen kann und dazu noch in der gesehenen Weise, ist sicher auszuschließen. Aber ich bin in diesem Moment ein wenig überfragt und bitte natürlich mit mir weiter zu spekulieren und die mögliche Ursache herauszufinden. Ich glaube aber, dass die fehlende Hälfte des Unterschnabels mit großer Sicherheit durch die Einwirkung einer Falle verursacht wurde. Ich denke hier vor allem an die große Familie der Schlagfallen, die an Perversion kaum zu überbieten sind und bei uns nicht zuletzt beim Fang von Bisamratten zum Einsatz kommen.

 
Bilder um die Mittagszeit

An ein solches Mordinstrument denke ich, wenn ich mir den Schorsch so ansehe. Dass er seinen Schnabel in etwas stecken wollte, nicht mehr herauskam und dann den Unterschnabel verlor, ist auch zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Nein! Der Schnabel wurde glatt abgeschlagen. Dazu sind bei der filigranen Knochenbauweise eines Vogelschnabels nicht einmal immense Kräfte nötig. Wie kann dies passieren? Eine Falle, z.B. für den Fang von Bisams, muss, wenn sie fängisch gestellt ist, so gesichert sein, dass andere Tiere nicht hineingeraten. Jeder Fischereiverein verfügt dazu über besonders ausgebildete Fänger, die solche Maßnahmen einhalten und befolgen sollten. Aber vielleicht geschah es in einer anderen, verbotenen Schlagfalle, die weniger unserem Schorsch als vielmehr einem Raubsäuger oder einem anderen, missliebigen Vogel galt. Häufig erwischt es eben dabei einen Falschen. Da bleibt nur Wut darüber, dass immer noch Fallen zum Einsatz kommen. Schorsch muss mit geöffnetem Schnabel – so wie es Störche bei der Nahrungssuche gewöhnlich tun – mit dem Auslösemechanismus der Falle in Berührung gekommen sein. So schlug es ihm nur die Unterschnabelhälfte ab. Was heiß hier aber nur? Da wäre es noch besser gewesen, er hätte auch den gleichen Anteil des Oberschnabels mit verloren. So sieht es natürlich für das weitere Schicksal unseres uns ans Herz gewachsenen Schorschs ziemlich düster aus! Ich hatte im Tagebuch vor einigen Wochen von verheilten Missbildungen vieler Vögel gesprochen. Der Fall, der dem heutigen Trauerspiel am nächsten kommt, betraf einen Brutstorch aus Herrieden an der Altmühl. Bei ihm fehlte während der Zeit der Jungenaufzucht eines Tages ein etwa drei Zentimeter langes Stück des Oberschnabels. Der Storch versorgte die Jungen und er überlebte auch die Zeit bis zum Abflug im Herbst. Im nächsten Jahr blieb er allerdings verschwunden. Durch Zufall kam ich ihm auf die Spur, wie er sich trotz der Behinderung mit Nahrung versorgen konnte. Dazu flog er fast bei jedem Nahrungsflug eine Strecke von 9 Kilometern zu einem Weiher, in dem es in diesen Wochen vor Fischen nur so wimmelte. Er watete ins Wasser und schöpfte ganz nach Pelikanart mit leicht geöffnetem Schnabel die Fische aus dem Gewässer heraus. Voll bepackt flog er danach zu seinem weit entfernten Nest. Der Partner konnte sicher einen Teil Ausfalls wettmachen, so dass es keine sichtbaren Beeinträchtigungen der Jungen gab. Alle flogen erfolgreich aus.

Was kommt nun auf Schorsch zu? Seine Verletzung ist ungleich gravierender. Zum ersten  fehlt ein großer Teil des Unterschnabels, so dass eine Nahrungsaufnahme nach Pelikanart ebenfalls ausscheidet. Zum zweiten verlor er gut die Hälfte des Unterschnabels, bestimmt 8 bis 9 Zentimeter. Das bedeutet, dass er kaum noch in der Lage ist, Kleintiere zu fangen. Das Fressen von Insekten, Regenwürmern, Egeln und ähnlicher Beute, die mit der Schnabelspitze aus der Erde gezogen oder einfach nur so im Vorübergehen aufgelesen, bearbeitet und durchgeknabbert werden müssen, ist für Schorsch unmöglich geworden. Am ehesten sollte es möglich sein, größere Beute allein mit dem Oberschnabel zu attackieren, zu betäuben und..? Wie soll Schorsch dann das Abschlucken vornehmen? Es wird verdammt schwierig und nur mit viel Zufälligkeiten und Glück wird dann etwas hinunterrutschen. Offenbar versuchte er schon, eine Lösung zu finden, indem er fast bis zum Bauchansatz in einer schlammigen, offenbar wenig Wasser enthaltenden Fläche herumzuwaten. Dabei könnte es schon gelingen, durch tiefes (bis zur Bruchstelle) Eintauchen in das Substrat Lebewesen herauszufiltern und zu verwerten. Wird es Schorsch gelingen, Lösungen zu finden? Es wird verdammt schwer und reell betrachtet kann er in diesem Zustand nicht lange überleben. Eine Woche, vielleicht etwas länger? Und niemand kann ihm helfen! Er wird nicht im Nest sterben, sondern irgendwo draußen, wo man ihn auch kaum findet. Doch da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!

Für Schorsch wird es nicht mehr möglich sein, sein Gefieder zu pflegen, die Federäste, die in Unordnung geraten sind, wieder in die richtige Position zu bringen oder schlicht und einfach seinen Partner zu kraulen. Das Komfortverhalten ist mit dem Tag des Schnabelverlustes fast auf Null reduziert. Dadurch wird mit der Zeit sein Federkleid in einen immer schlechteren Zustand kommen, er würde einen „verwahrlosten“ Eindruck hinterlassen. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, Nistmaterial aufzunehmen und zum Nest zu transportieren. Auch das Klappern wird nun anders klingen als noch vor zwei Tagen, da ein Teil des Resonanzbodens fehlt.

Ich muss es leider so drastisch formulieren: Für Schorsch gibt es, auch wenn er wider Erwarten noch einige Zeit überlebt, keine Möglichkeit mehr, in das normale Storchenleben zurückzukehren. Es tut weh, aber wir müssen uns schon jetzt mit dem Gedanken vertraut machen, dass er uns verlassen wird. Ich denke, dass wir ihn auf diesem Weg ein Stück begleiten und wir müssen es ihm überlassen, wann und an welcher Stelle er sein Leben beenden will.

Das soll es auf die Schnelle gewesen sein. Die Zeit wird uns weiterer Aufschlüsse über Schorschs Schicksal geben.

Hier noch zum Schluss einige Bilder, die beweisen, dass zunächst alles wie gewohnt aussieht, jedoch beim genaueren Hinsehen, lässt sich allenfalls erahnen, in welcher misslichen Situation sich Schorsch nun schon zwei Tage befindet.

 
Gefahr im Verzug! Ein stummes Klappern!
 
 

 
Mit letzter Kraft?
 

Mit ein paar Stunden Abstand, aber immer noch sehr betroffen, melde ich mich noch einmal zu Wort. Schorsch kam am Abend gegen 20 Uhr mit seiner Nummer 6 zum Übernachten ins Nest.


Wie lange noch?

Es gab noch einmal eine Portion Liebe. Danach hüllte die Nacht beide ein.


Ein Versuch

Noch einmal


Die Nacht

 Wie lange wird es diese Gemeinsamkeit noch geben? Irgendwann wird Georg zu schwach sein und wird nicht mehr am Nest auftauchen. Das wäre dann das Signal, sich auf die Suche nach ihm zu machen in der Hoffnung, ihn zu finden. Aber wie soll es danach weitergehen. Der Unglückliche wird auch in Pflege oder Gefangenschaft nicht in der Lage sein, selbständig zu fressen. Es müssten ihm alle Bissen per Hand in den Schlund gesteckt werden. Zwangsernährung auf Storchenart! Manche lehnen diese Form des Zwangs sogar bei Menschen ab, wie steht es da erst mit der Beantwortung dieser Frage bei einem Tier? Sicher gibt es die Möglichkeit, ihm eine Schnabelprothese anzufertigen und anzupassen. Ich frage aber: Warum und zu welchem Zweck und Preis? Dass er später in einem beliebigen Park, Zoo oder sonst wo herumhängt, zur Attraktion für eine bestimmte Klientel verkommt und sich mit Gans und Huhn und Co. ein erbärmliches Stelldichein liefert? Können Sie sich unseren Schorsch in dieser Rolle vorstellen? Für einen solchen Lebensabend muss uns unser Schorsch eigentlich und uneigentlich viel zu schade sein. Der Schnabel, ein hochsensibles, mit ungezählten Sensoren ausgestattetes Organ soll zu einem kalten Plastikkonzentrat verkommen? Eine Freiheit wird es für ihn nie mehr geben können, ob er nun sein Ersatzteil bekommt oder nicht! Für mich steht diese Alternative jedem Fall außer Frage, sondern für mich gibt es als einzige Konsequenz aus dieser Tragödie: Ich werde versuchen, Schorsch zu fangen. Das wird nur gelingen, wenn er schon sehr entkräftet ist. Das wird aber sehr bald der Fall sein. Ich werde Schorsch weiter zu einem Tierarzt bringen, der ihm die erlösende Spritze setzen wird. Außerdem wird er anschließend an einer schönen Stelle in seinem früheren Lebensraum vor den Toren der Stadt ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Es muss ihm einfach ein Leben erspart werden, das sein Partner über viele Jahre in einem obskuren Vogelpark fristen musste.

Verglichen mit unseren schmerzvollen Erfahrungen um Schorsch wirkt es schon beinahe belustigend, das Paar aus Forchheim 3 bei ihrer „Doppelbrut“ zu beobachten. So ganz den Regeln entspricht das Verhalten der beiden Störche dort auch nicht. Der eine Storch bebrütet ein Dreiergelege, der Partner einige Zentimeter davon entfern im selben Nest ein Einergelege. Was soll das nun wieder bedeuten? Auf ganz normalem Weg schlüpfte heute das vierte Junge im Kameranest des Luisenparks in Mannheim.


Forchheim


Mannheim

 
1. Mai 07

Die Vorgänge von gestern beschäftigten mich auch noch in der Nacht und es wird bis zum bitteren Ende auch noch so weitergehen. Schorsch verlebt heute den dritten Tag ohne jede Nahrungs- und Wasseraufnahme, sicher keine außergewöhnliche Belastungsprobe für einen erwachsenen Storch. Als vor zwei Jahren die Brutstörchin des Dinkelsbühler Nestes während der Eiablage verschwand, harrte ihr Partner 5 Tage oder 120 Stunden aus, ohne das Nest auch nur ein einziges Mal zu verlassen. In diesem zeitlichen Rahmen wird sich auch der Ablauf im tragischen Fall von Schorsch abspielen.

Die Nacht verbrachte unser Paar in friedlicher Eintracht. Gegen 5:45 Uhr flogen beide ab, Nummer 6 legte nach 7 Uhr einen kurzen Zwischenbesuch ein, danach blieb das Nest erneut leer.


Da sind sie!

Stippvisite Nummer 6

Um 9 Uhr startete ich zu einer Exkursion ins Nahrungsgebiet der Dinkelsbühler Störche. Ich fuhr entlang der Wörnitz über Lehengütingen, an der Froschmühle entlang und entdeckte kurz vor Maulmacher am Rande einer Ackerfläche einen Storch. Ich vermied es, aus dem Auto auszusteigen, sondern beobachtete mit Fernglas und Fernrohr. Schnell stand fest: Ich hatte Schorsch gefunden, denn einen zweiten Storch mit einer solchen Schnabelverletzung kann es nicht noch einmal geben.


Gefunden!

Unter realen Bedingungen wirkte Georgs Schnabelverletzung fast noch niederschmetternder als über die Webcam. Reglos, den Schnabel meist auf das flauschige Kropfgefieder gesenkt, harrte er auf dem staubigen Acker aus. Ich wollte so lange warten, bis er irgendeine Reaktion zeigte oder einen Versuch unternehmen sollte, nach Fressbarem Ausschau zu halten. Ich hatte fast den Eindruck, als habe er sich in sein Schicksal ergeben und wisse, dass er in seinem Zustand keinen Versuch mehr unternehmen müsse, sich auf Nahrungssuche zu begeben. Er stand! Nach etwa 30 Minuten sah ich über den Rand meines Fernglases hinweg einen weiteren Storch auffliegen. Da das Gelände an dieser Stelle eine kleine Abbruchkante von zwei Metern Höhe zu einer die Wörnitz begleitenden Wiese aufweist, hatte ich diesen Storch überhaupt nicht bemerkt. Er flog zuerst zielstrebig über den Ortsteil Maulmacher Richtung Dinkelsbühl, begann danach aber zu kreisen, sichtlich an Höhe zu gewinnen und anschließend Richtung Campingplatz zu segeln. Beim Abfliegen blitzte kurz ein Ring oberhalb der Zehen des rechten Beines auf. Klarer Fall: Nummer 6! Schorsch zeigte sich davon vollkommen unbeeindruckt, er blieb reglos stehen und nahm von seinem Partner keine Notiz. Ich wandte mich wieder der Beobachtung des Verletzten zu, als von derselben Stelle, von der eine Minute vorher Nummer 6 abgeflogen war, ein dritter Storch in die Luft stieg und dem Vorgänger folgte. Bald hatte er den Abstand zur Nummer 6 verkürzt und während ich Richtung Dinkelsbühl fuhr, hoffte ich, beide noch einmal zu entdecken. Schorsch blieb auch beim zweiten Abflug eines Storchs ungerührt auf dem Acker zurück. Mir schwirrten einige Gedanken durch den Kopf! War ich Zeuge einer beginnenden neuen Liaison? Warum hatte es Nummer 6 geduldet, neben seinem Schorsch auch noch mit einem uns Unbekannten einträchtig unterwegs zu sein? Konnte Schorsch nicht folgen, weil er schon zu geschwächt war? Als ich auf der Bleiche vor den Toren der Stadt ankam, kreisten Nummer 6 und der/die Neue hoch über meinem Kopf. Zur für möglich gehaltenen Landung im Nest kam es dann leider doch nicht!

Ich fuhr zu Schorsch zurück! Der stand nach wie vor reglos an derselben Stelle wie 15 Minuten vorher. Ich wollte seine Vitalität überprüfen und näherte mich ihm sehr vorsichtig und äußerlich desinteressiert und unbeteiligt. Erst als ich mich ihm etwa auf 20 Meter genähert hatte, gab er seine statuenhafte Stellung auf und lief einige Schritte von mir weg in Richtung zur kleinen Straße, die nach Maulmacher führt. Ich verharrte nun ebenso, machte einige Fotos und zog mich auf gleichem Wege zurück.


Wie geht es Schorsch?

Meine Gedanken kreisten um das weitere Vorgehen. Sollte ich schon jetzt einen Fangversuch unternehmen oder es erst später versuchen? Viele Radfahrer und Maiausflügler ließen mich aber schnell zum Entschluss kommen, mit einem Fangmanöver vorerst noch zu warten.

Um 10:30 Uhr war ich wieder zu Hause. Und während ich diesen Tagebucheintrag verfasste, erschien Schorsch unverhofft und allein doch wieder an seinem Nest. Da ist es mit seiner Kondition also doch noch nicht so schlecht bestellt wie befürchtet.

 
Schorsch hat es nach Hause geschafft!

Beobachten Sie mit mir einfach weiter und versuchen Sie, sich das Leiden eines Tieres nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen.

Auch andernorts ereignen sich Dinge, die man nicht mit menschlichen Empfindungen in Verbindung bringen darf. Da wirft der Storchenpapa in Bornheim im Nest auf der Storchenscheune ein Junges aus dem Nest.


Auslese!

Nicht mehr und nicht weniger! Es ist das Normalste in der Storchenwelt, dass aus beinahe jedem Nest ein bis mehrere Jung(es)e die ersten Lebenswochen nicht übersteh(t)en. Was auf das Storchenpaar in Ustron noch alles zukommen mag, wird die Zeit mit sich bringen. Heute liegt erst mal ein Ei im Nest.


Ustron, Polen

 
 

Nach Schorschs Abflug um 13:26 Uhr blieb es den ganzen Tag storchenlos am Nest. Wo mochte der Unglückliche den Tag verbracht haben? Hat er sich eine Nahrungsquelle erschlossen? Es gibt aber kaum eine Möglichkeit für ihn. Der Schnabel ist so ungünstig abgetrennt worden, dass wirklich nichts mehr geht. Ein Anfüttern hat in dieser Situation in keiner Weise Sinn, müsste man ihm die Nahrung – wie schon beschrieben – in den Schlund stopfen. Und dazu muss man ihn fangen, was bei seiner augenscheinlichen Vitalität unmöglich ist. Sie sehen, dass es nicht ganz so einfach ist, ein flugfähiges Tier so mir nichts dir nichts in die Hände zu bekommen. Da sind die Ratschläge dankenswerter Weise sehr vielfältig, aber halt nicht sehr praktikabel. Solange Schorsch noch das Nest anfliegt, wird keiner von uns ihn in der freien Landschaft in die Hand bekommen. Das wäre ja fatal, wenn sich jeder Storch, ob mit oder ohne Verletzung, so mal schnell greifen ließe. Ich weiß, dass die meisten es ja  gar nicht so meinten, sondern eben nur darauf bedacht waren, Schorschs Leiden zu verkürzen. Nun möchte ich mich nicht über die beste Todesart äußern. Ich kann nur schwer beurteilen, was angenehmer ist! Verhungern und verdursten oder gevierteilt werden und anschließend gefedert oder doch lieber umgekehrt? Es ist müßig, darüber zu viele Gedanken zu verlieren. Wir haben es mit Fakten zu tun und die sehen einen verletzten Schorsch, der augenblicklich keinen hoffnungslosen Eindruck macht, noch wunderbar fliegt und dem momentan in keiner Wiese beizukommen ist. Einzige Ausnahme: Man könnte ihn aus geringer Distanz erschießen!

Bei all der Diskussion ist es müßig, sich Gedanken zu machen, ob der Schnabel wieder nachwächst oder nicht? Bei einem so großen Stück, das Schorsch abhanden gekommen ist, halte ich es für sehr fraglich, so dass Schorsch wohl nie mehr in Freiheit entlassen werden kann, selbst wenn man ihn in die Hände bekommen würde. Und dass das Nachwachsen Monate dauert, steht auf alle Fälle fest. Aber da erinnert man sich doch gerne an schon gesehene oder „gehörte“ Schnabelprothesen, die unserem Georg sicher gut zu Gesicht stehen würden, aber erst in Verbindung mit einem künstlichen Hüftgelenk und einem farblich angepassten Glasauge so richtig zur Geltung kommen.

Nach langem Warten erschien unser Schorsch um 20:37 Uhr, also durchaus im gewohnten zeitlichen Rahmen, für eine neue Übernachtung am Nest. Nach einer kurzen Klapperstrophe, mit der er sein Erscheinen dokumentierte, legte er sich sofort ins Nest, den Schnabel im Brustgefieder teilweise verborgen und blieb danach fast unbeweglich liegen.


Schorsch landet

klappert


und legt sich

Würde Nummer 6, die zuletzt am Morgen nach 7 Uhr am Nest gesichtet wurde und die ich gegen 9:45 Uhr mit einem zweiten Storch, hoch über Dinkelsbühl kreisend, zuletzt gesehen hatte, zur Übernachtung erscheinen? Auch um 22 Uhr lag Schorsch immer noch alleine in seiner Behausung und so blieb es für den Rest der Nacht. Hatte Nummer 6 etwas im Verhalten von Schorsch bemerkt, das ihn zu dieser Reaktion veranlasst hatte oder war er mit einer/einem Fremden über alle Berge? Sonderbar wäre diese Konsequenz aber schon, auch wenn Storchenliebe nicht so weit geht, den in Not geratenen Partner zu füttern oder zu pflegen. Das geht gerade mal mehr schlecht als recht bei uns Menschen. Doch Störchen ist das Wohl des anderen schnurzegal. Allein von daher kommt keine Hilfe! Ist überhaupt jemand verantwortlich für das Einleiten einer Rettungsaktion? Ist es strafbar, Schorsch abzuschießen oder ist es strafbar, ihn nicht abzuschießen?

Einzig eine Elster sorgte während der langen Stunden der Ungewissheit für etwas Erheiterung am Nest. Sie probte den Landeanflug (fast) ganz nach Storchenart.


Im Landeanflug

Während an unserem Nest ein Leben vielleicht bald erlöscht, kämpften sich andernorts neue Storchenbürger ans Licht einer grausamen Welt voller Tücken und Gefahren.

In Adelsdorf droht nun bereits zweifaches Ungemach, im Luisenpark Mannheim gleich fünffaches!!


Adelsdorf


Mannheim

 
2. Mai 07

Da stand und lag Schorsch die ganze Nacht allein im Nest! Um 5:28 Uhr machte er sich auf die Socken und ließ das heimelige Nest im Stich. Machte er sich auf die Suche nach seiner Nummer 6?


Schorsch erwacht...

...und fliegt ab!

Warum war sie gestern Abend nicht zurückgekehrt? Würden sie sich heute vielleicht sogar wieder treffen? Im Nest oder auf freier Flur? Des Rätsels Lösung erbrachten die Schnappschüsse im Gästebuch. Spätestens um 10:47 Uhr standen beide Partner unseres Paares vereint im Nest. Na also!


Vereint am Vormittag!

Da war Nummer 6 nur kurzfristig untreu geworden und reumütig heimgekehrt. Zur Belohnung ließ sich Schorsch bei aller Unpässlichkeit besteigen und balancierte dabei den großen Brocken sicher und standhaft aus.

 
Es geht nach wie vor

Von müden Knien keine Spur! So wie immer ließ er es mit sich geschehen. Und es wurde eine Marathonsitzung im Nest. Für Schorsch sowieso! Aber auch Nummer 6 hielt es – von einer Stunde um die Mittagszeit abgesehen – bis fast 15:30 Uhr in der lauschigen Liebeslaube aus. Keine Spur von Schmerz und Leid. Schorsch hat sich seine Flugfähigkeit noch immer bewahrt und so lange sie noch vorhanden ist, brauchen wir uns um ihn nicht zu sorgen! Ich denke, Sie können dies nachvollziehen. Dass es – wie immer und überall – andere Stimmen gibt, die sich zu diesem und jenem äußern wollen und müssen, habe ich aus langer Erfahrung (ich betreibe dieses mühsame Geschäft im Internet seit sieben Jahren) gelernt und ich respektiere jede Meinung im Einsatz für die Natur. Da sollten uns ein paar Misstöne nicht aus der Fassung bringen, sondern uns stolz machen, dass man - entgegen anders lautender Bekundungen – an unserem Storchenschicksal doch große Anteilnahme verspürt. Dafür, auch im Namen von Schorsch, ein herzliches „Vergelt´s Gott“!    

In Liebesdingen tat sich am frühen Nachmittag weiterhin einiges und als Nummer 6 nach langer Anwesenheit abgeflogen war, merkte man Schorsch die Anstrengungen der vergangenen Stunden schon ein wenig an und er ruhte liegend, den Schnabel auf dem Hals aufgelegt, in der warmen Sonne.


Nummer 6 ist wieder da!

 
Schon wieder!


Sie bleiben lange

Schorsch hat wieder Ruhe!


Dieser Schnabel!

Apropos Sonne! Der Boden ist hart und für die Jagd nach Regenwürmern auch für Nummer 6 nicht „nutzbar“. Die lange Trockenheit hat die oberen Bodenschichten steinhart werden lassen und die Regenwürmer haben sich in tiefere Bodenschichten verzogen. Da spielt es keine Rolle, ob man einen intakten Schnabel hat oder nicht. Mit dem Wasser mache ich mir weniger Sorgen. Es gibt im Umfeld Dinkelsbühls einige Hundert Weiher der verschiedensten Größe, die im Augenblick von der Wasserführung her alles zu bieten haben, was denkbar ist. Schorsch sollte eine Möglichkeit finden, seinen Schnabel so weit einzutauchen, dass etwas Wasser in seinen Schlund gelangt. Am ehesten könnte es Schorsch lernen, im Bereich eines Gewässers zu überleben, wenn er tote oder sehr langsam sich fortbewegende Tiere (Fische, Kleinlebewesen) von der Wasseroberfläche aufnimmt. Ein Schnäbeln mit ganz ins Wasser eingetauchtem Schnabel sollte ebenfalls den einen oder anderen Erfolg bringen. Bei aller Angst um Schorsch sollten wir ihm noch eine Chance geben, auch wenn sie zugegebenermaßen sehr klein ist.

Dennoch! Das findige Kerlchen namens „Schorsch“ flog vor kurz vor 16 Uhr erneut ab und man wird sehen, wie sich am Abend die Situation darstellt! Für Spekulationen ist noch weiter Raum gegeben.

 
 

Ergänzung zum 2.5.07

Wüsste man nicht, dass Schorsch sich eine Verletzung zugezogen hat, würde man ihm dies fast überhaupt nicht anmerken. Nach dem Abflug Schorschs begann das lange Warten. Um 17:14 Uhr landete Nummer 6 für wenige Minuten im Nest.


Auf Kurzbesuch

Wollte er damit nur seine Nestpräsenz unterstreichen, weil ein Fremder sich am Himmel über der Storchenbehausung  gezeigt hatte? Das Schicksal unseres Unglücksraben ließ mir auch heute keine Ruhe! Ich zog gegen Abend wieder los, um nach ihm zu suchen und einen Fangversuch zu unternehmen. Das Nest auf dem alten Rathaus war zu diesem Zeitpunkt unbesetzt. Ich fuhr zunächst die kleine Fahrstraße entlang, die von Schopfloch aus immer der Wörnitz folgt und an der Froschmühle vorbei, durch Maulmacher nach Dinkelsbühl führt. Zwischen der Abzweigung Lehengütingen und der Froschmühle entdeckte ich den ersten Storch. Er folgte einem Traktor, dessen Fahrer eine Ackerfläche am Hang nach Burgstall bearbeitete. Ein Blick durchs Fernrohr und das Vorhandensein eines Rings am linken Bein gab schnell die Identität des Vogels preis: Es war das Männchen aus Schopfloch, das da hurtig über den Acker schritt und fleißig Nahrungstiere aufnahm. Also ging es weiter. Auf der Höhe von Maulmacher entdeckte ich einen weiteren Storch, allerdings auf der gegenüber liegenden Seite der Wörnitz. Deshalb beschleunigte ich meine Geschwindigkeit und fuhr über die Bundesstraße zum Parkplatz bei der Unsinnigen Mühle. Von dort konnte ich Schorsch – er war es unverkennbar – beobachten. Keine Bewegung, keine Regung, kein Versuch, Nahrung aufzunehmen. Nur ab und zu bewegte er vorsichtig seinen Schnabel Richtung Erdboden, doch schon kurze Zeit später nahm er seine alte Stellung wieder ein. Nach einer längeren Beobachtungszeit startete ich einen Annäherungsversuch. Die geringe Fluchtdistanz ließ sogleich erkennen, dass Schorsch nicht in Ordnung ist. Kein „normaler“ Storch würde so spät reagieren und die Flucht ergreifen. Auf der Fläche, auf der Schorsch stand, waren kurz vorher noch Mäharbeiten im Gange gewesen. Ich beschleunigte meine Schritte, Schorsch setzte sich ebenfalls in Bewegung und flog schließlich ab. Sein Landeplatz lag danach immer 50 Meter von mir entfernt und das Spielchen begann von Neuem.


Auf Schorschs Spuren!

So hielt mich der Dauerläufer einige Zeit auf Trab, ehe ich aufgab. Schorsch war auf die andere Seite der Wörnitz geflogen. Fazit: Ich werde ihn fangen können, aber im Augenblick ist er noch zu beweglich und leidlich flugfähig. Außerdem muss ich ihn erst im Gelände wiederfinden. Es wird schon klappen! So ließ ich Georg auf der Wörnitzwiese alleine zurück.

In meiner Abwesenheit war Nummer 6 auf dem Rathausnest gelandet und schien sich schon für die Nacht einzurichten.


Bleibt Nummer 6?

Als sie um 20:25 Uhr wider erwarten noch einmal startete, schien sich ein reichlich trostloser Abend anzubahnen.


Nummer 6 startet noch einmal

Doch dann kam alles doch ganz anders. Statt von der Rückkehr der Nummer 6 zu berichten, stellte sich Schorsch um 20:51 Uhr in seiner Bleibe ein.


Schorsch erscheint

Müde von den Anstrengungen?

Er kann es also immer noch, das Fliegen! Und die etwa 2 Kilometer Luftlinie von seinem letzten Aufenthaltsort zum Nest vermochte er anstandslos zurückzulegen. Gut gemacht, Schorsch! Das Glück war perfekt, als pünktlich um 21 Uhr auch Partner 6 am Nest erschien. Man begrüßte sich wie in besten Tagen und schlummerte in die nächste Nacht.


Wieder vereint!

 
3. Mai 07

Aufstehen! Die Nacht wich einem neuen Morgen und beide Störche des Rathausnestes ließen sich nicht lange bitten und flogen kurz nacheinander gegen 5:48 Uhr ab.


Noch wartet man auf die Dämmerung

Man ist gestartet!

Sollte es heute zu weiteren Sichtungen Schorschs am Nest kommen? Es kam und wie!

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich für die vielen Ratschläge und Hilfsangebote bedanken, die mich privat und über das Gästebuch erreichten und die alle nur eines im Sinn hatten: Schorsch zu helfen!

In der Zwischenzeit habe ich folgendes in die Wege geleitet und vereinbart. Wenn Schorsch gefangen ist (das ist allerdings die Voraussetzung für alle weiteren Schritte), werde ich ihn in die Wildvogelpflegestation nach Ellwangen bringen oder bringen lassen. Ihr Leiter, Herr Reinhold Schuster, hat jahrzehntelange Erfahrung in der Pflege von Vögeln und hat auch schon einige Störche von mir überbracht bekommen. Eine wirklich gute Adresse! Herr Schuster machte mir im Gespräch Mut und äußerte die Meinung, dass Schorsch durchaus eine Überlebenschance hätte. Genauso wie Maiken mir per eMail vorgeschlagen hatte, wollen wir in der Angelegenheit „Schorsch“ vorgehen. Nach seiner Einlieferung in die Pflegestation, wird Schorsch eingehend untersucht. Der Oberschnabel wird dem Unterschnabel in seiner Länge angepasst. Damit wird es Schorsch möglich sein, wieder selbständig Nahrung aufzunehmen. Dies würde eine erhebliche Arbeitserleichterung für das Pflegepersonal, also für Herrn Schuster, darstellen. Dadurch würde sich die Gefangenschaft für Schorsch nicht verlängern, da beide Schnabelhälften zum Nachwachsen die gleiche Zeit benötigen. Nach Schusters Erfahrung wäre mit einer Freilassung Schorschs im nächsten Frühjahr durchaus zu rechnen. Sie sehen also, dass es vielleicht doch noch eine positive Wendung für unseren Schorsch geben wird. Wann er sich allerdings einfangen lässt, wann er also so geschwächt ist, dass er sich greifen lässt, kann durchaus 14 Tage dauern. Doch werde ich jede Möglichkeit beim Schopfe packen, sobald sie sich ergibt. Im Augenblick sind „erst“ 5 Tage vergangen, seit Schorsch das Schicksal so schwer traf. 

Wenn wir schon bei Hiobsbotschaften um Schorsch waren, muss ich leider von einer weiteren berichten, die weniger spektakulär und ohne Nestkamera über die Bühne ging. In Ebermergen, also auch in meinem Arbeitsgebiet an der Wörnitz, sind alle Jungen des dortigen Storchenpaares tot. Anwohner berichteten, dass sie zuletzt am 29. Mai eine Fütterung beobachtet hätten. Seit Dienstag fehlt offenbar einer der beiden Altvögel und heute fand man einen toten Jungstorch im Schneefanggitter. Fütterungen finden keine mehr statt, Da dieses Paar in den letzten Jahren immer vier bis fünf Junge erbrütet hatte, lässt sich das Ausmaß der Katastrophe nur erahnen.

Der Tag entwickelte sich erfreulich turbulent und bewies meinen Eindruck über Schorschs immer noch vorhandene Fähigkeiten. Ursache der Turbulenzen war wieder einmal die Anwesenheit eines Fremdstorchs, der um die Mittagszeit kurz im Nest gelandet war, aber nicht mit der Aggressivität unseres Paares gerechnet hatte. Denn ehe er sich versah, musste er schon wieder weichen und das Feld den Hausherren überlassen. Die wenigen Augenblicke genügten allerdings, um zu erkennen, dass der „Neue“ links über dem Intertarsalgelenk einen ELSA-Ring trug. Selbst Schorsch beteiligte sich schnabelklappernd an den Verteidigungsaktionen.


Ringstorch gelandet

in Vergrößerung

 
Gemeinsam in die Flucht gejagt

Danach kehrte schnell Ruhe ein und mit Schorsch begann die Abendrunde schon um 17 Uhr. Da flog er heute doch einige Male freiwillig sein Nest an, verbrauchte dabei natürlich relativ viel Kraft und das ohne die Möglichkeit, Nahrung aufnehmen zu können.


Schorsch frühzeitig zurück

Um 20:50 Uhr erschien seine Nummer 6 und man verbrachte erneut die Nacht vereint im Nest.


Gemeinsame Nacht

Ich konnte heute noch ein erfreuliches Gespräch mit Herrn Reinhold Schuster aus Ellwangen führen. Er hatte ebenfalls im Tagebuch über das Schicksal Schorschs gelesen und beriet sich nun auf meine Initiative hin mit mir telefonisch über die weitere Vorgehensweise. Wir kamen überein, dass Schorsch in seiner Wildvogelpflegestation aufgenommen werden kann. Voraussetzung ist und bleibt, dass Schorsch gefangen wird. Dies kann noch einige Zeit dauern, währenddessen Schorsch unter genauer Beobachtung bleibt. Wenn er in Ellwangen eintrifft, wird er genauestens untersucht, in Ruhe und mit Bedacht aufgepäppelt und der aufgetretene Gewichtsverlust wieder ausgeglichen. Danach wird der Oberschnabel auf die Länge des Unterschnabels gekürzt und etwas angespitzt, wodurch Schorsch wieder in der Lage sein wird, wenigstens das angebotene Futter wieder selbständig aufzunehmen. Sollten die Maßnahmen alle wie geplant greifen, würde Schorsch vielleicht im kommenden Frühjahr in Freiheit gesetzt werden können.

 
4. Mai 07

Sollte der Morgen die letzte gemeinsame Sichtung von Schorsch und Partner am Nest erbringen? Wie jeden Tag tauchten sie aus dem Dunkel auf, wie immer begleitet von unserer Frühaufsteherin Sylvia mit ihren Schnappschüssen und wie immer flogen beide in der Morgendämmerung kurz nacheinander ab. Für Schorsch wurde als Abflugzeitpunkt 5:54 Uhr, für Nummer 6 6:12 Uhr notiert.


Schorsch verabschiedet sich

Nummer 6 folgt

Soweit lag alles im Bereich der Routine. Sie wissen ja! Wenn man nichts von Schorschs Verletzung wüsste, man würde es nicht ahnen und nichts bemerken.

Es wurde danach doch ein etwas anderer Tag. Schorsch erschien zunächst nicht. Kein einziges Mal wurde er irgendwo gesehen. Am Nest gab es nichts zu ernten und als ich mich an den verschiedensten Stellen und Plätzen rund um Dinkelsbühl über seinen Verbleib kundig machen wollte, blieb mir leider eine Sichtung versagt. Dafür konnte ich Nummer 6 auffinden. Sie stand zwischen Maulmacher und der Froschmühle zusammen mit einigen Graureihern am Auslauf eines kleinen Fischweihers, in dessen Restwasser sich einige Kleinfische und andere Kleinlebewesen angesammelt hatten. Als ich mich der Szene etwas näherte, verließ Nummer 6 seinen Fressplatz und schraubte sich über der Wörnitz hoch, um anschließend Richtung Nest zu segeln und schließlich auch dort zu landen. So hatten wir für eine Stunde Nestbesuch von Nummer 6, für den Ihr Tagebuchschreiber ein wenig verantwortlich zeichnete.


Überraschender Besuch?

Und ab!

 Für einen weiteren Storchenbesuch im Nest sorgte abermals Nummer 6 bereits vor 18 Uhr.


Nummer 6 blieb einen ganzen Abend!

Als alle bereits mit einem erneuten Abflug vor Einbruch der Nacht gerechnet hatten, zeigte Nummer 6  keinerlei Anstalten, noch einmal zu starten. Sie blieb, es wurde Nacht, nur Schorsch schien heute erstmals dem Nest fern bleiben zu wollen oder zu müssen. Das Aufatmen geschah dann um 21:06 Uhr! Schorsch landete und wurde stürmisch begrüßt.


Da ist Schorsch endlich!

Er hatte es also wieder geschafft und allen Zweifeln gezeigt, dass wir ihn noch nicht abschreiben dürfen.

 
5. Mai 07

Heute berichtete erstmals die Fränkische Landeszeitung in ihrem Westmittelfranken-Teil über das Schicksal unseres Schorschs. Eine Mischung aus Zitaten meines Tagebuchs verknüpft mit aktuellen Aussagen Ihres Tagebuchschreibers vermitteln ein realistisches Bild über die Vorgänge der letzten Tage. Auch die unterschiedlichen Reaktionen, die die Berichte ausgelöst haben, bleiben nicht unerwähnt. In einer Randnotiz wird die Bevölkerung aufgerufen, bei der Suche nach Schorsch mitzuhelfen und mit mir in Verbindung zu treten. Bereits am Morgen um 9 Uhr erreichte mich der erste Anruf aus dem Reiterhof Fraunholz in Lohe bei Dinkelsbühl, dass dort ein Storch beobachtet wurde, auf den die in der Zeitung gegebene Beschreibung passen würde. Postwendend machte ich mich auf den Weg und fand in Frau Elfriede Fraunholz vom genannten Reiterhof eine kundige Führerin, die mich zu der Stelle lotste. Doch dort angekommen, war von Schorsch weit und breit nichts zu sehen. Ich begann zu suchen. Einige Runden über Stock und Stein waren angesagt, bis ich Schorsch in der Ferne schreiten sah. Er befand sich unterhalb der Kleingartenkolonie an der B 25 unweit von Hellenbach an einem Graben auf Nahrungssuche. Ja! Er schritt dort ganz nach Storchenart und schien bei seiner Suche auch hin und wieder Erfolg zu haben. Sollte er tatsächlich eine Methode gefunden haben, sich mit Nahrung zu versorgen? Ich erreichte bald die Stelle und näherte mich dem Unglücklichen langsamen Schrittes. Wenn ich den letzten Fangversuch am 2. Mai zum Vergleich heranziehe, sollte ich heute schnell zum Ziele kommen. Doch Schorsch verhielt sich jetzt ganz anders als noch vor 3 Tagen. Er blieb, als ich mich auf etwa 30 Meter genähert hatte, stehen, sicherte aufmerksam und flog ab! Von wegen geschwächt und dem Tode geweiht! Ich kann mir diese Verhaltensänderung nur so erklären: Georg muss, vor allem gestern, als er den ganzen Tag weg war, eine Möglichkeit gefunden haben, die es ihm erlaubte, neue Kräfte zu sammeln. Wir müssen uns also weiterhin in Geduld üben und mit Schorsch hoffen, dass uns das findige Kerlchen weiterhin positiv überrascht. Es wäre ein neuerliches Signal der Natur an alle, die nach übereilten Eingriffen rufen und Gift versprühen (Ihr Tagebuchschreiber nicht ausgenommen), in solchen Fällen eben Ruhe zu bewahren und abzuwarten. In der Ruhe liegt die Kraft und nicht in hysterischen Beschimpfungen aller Art. Dennoch bleibe ich bei meiner Einstellung: Die Natur (klingt immer etwas blöd!) kennt Mechanismen, sich selbst besser behelfen und deshalb auf menschliche Eingriffe verzichten. zu können. Denken Sie nur an die Vorgänge um das Weibchen des Storchenpaares von Bornheim/Storchenscheune. Man griff gottlob nicht ein und die Dame erfreut sich wieder bester Gesundheit. Aber zuerst war das Geschrei riesengroß. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen und manch skurrile Dinge ans Tageslicht fördern, bei denen sich abgeklärte Zeitgenossen an den Kopf fassen würden. Fassen wir uns doch lieber wieder an die eigene Nase und die hat heute endlich etwas Farbe bekommen, nachdem sie zuletzt eine gewisse Blässe gezeigt hatte. Ob aus Wut oder Enttäuschung, bleibt Ihrer Fantasie überlassen?

Vom Vormittag gibt es weiter nicht viel zu berichten. Aus dem Dunkeln sah man beide Störche um 5:19 Uhr bereits im Nest aufscheinen und bis 5:40 Uhr daraus verschwinden.


Zwei Dunkelmänner

Das leere Nest

Nummer 6 erschien noch einmal kurz gegen 8 Uhr und von Schorsch wissen sie ja aus dem Vorhergehenden bestens Bescheid.


Alles in Ordnung!

 
 

Die auch für mich aufregenden und sehr belastenden Ereignisse um das Dinkelsbühler Storchennest ließen andere Aktivitäten etwas in den Hintergrund treten, trotzdem blieb ich auch an anderen Orten meinen Lieblingen auf der Spur.

Bereits am 1. Mai, für mich ist es, wie wenn es im letzten Jahr gewesen wäre, besuchte ich einige Orte entlang der oberen Altmühl. Die Lage dort ist entspannt, von schlimmen Nachrichten (noch) keine Spur. In Leutershausen sind offensichtlich die ersten Jungen geschlüpft. Das Paar befand sich wegen eines Fremdstorchs laut klappernd im Nest. Dabei zeigte die vermutlich zweitälteste Störchin Bayerns ihren Ring dem Beobachter.


Zeigt her eure Ringe, zeigt her eure Schuh!

In Neunstetten dauert die Brut an, in Aurach ebenso. Auch von Herrieden gibt es nur positive Nachrichten, während im benachbarten Rauenzell bei einer erfolgreichen Brut, erstmals überhaupt Junge ausfliegen könnten. Die beiliegenden Bilder sollen den dortigen Neststandort einmal einem breiten Publikum zeigen.


Rauenzeller Panorama


Man brütet

Keinen Anreiz auf  Störche übt dagegen immer noch das Storchennest in Großenried aus. Bitte an alle Interessenten weitersagen! Unsere Nummer 6 war der letzte längere Gast dort im Jahr 2005.

Am 4. Mai führte mich abermals mein Weg in dieselbe Gegend. In Leutershausen konnte ich das Paar beobachten und steuerte darauf das Wasserschloss Rammersdorf vor den Toren der Stadt an. Auf einem sanierten Nebengebäude des Schlosses befindet sich seit über 10 Jahren eine nunmehr wenig ansehnliche Nisthilfe für Meister Adebar. Nach der Devise: Man soll die Hoffnung nie ganz aufgeben, schaue ich dort jedes Mal auch vorbei. Heute wurde meine Ausdauer belohnt. Ein Storch stand auf der Unterlage. Für meine Freunde aus Erlangen und Umgebung – mal sehen, wer als erster reagiert – eigentlich eine vorzügliche und vorzeigbare Konstruktion. Absolut wasserdurchlässig, keinerlei Vernässungsgefahr bei Starkregen, absolut frei von Fremdkörpern jeglicher Art und von ausgesprochen langer Haltbarkeit.
Ich erlaube mir, dazu einige Zeilen aus einem Merkblatt zu veröffentlichen, das meine Freunde hinterlassen haben und das ein- für allemal mit Verlusten von Jungstörchen Schluss macht.

Die Erlanger Nisthilfe....

... besteht aus rostfreiem V4a-Material und ist nahezu unbegrenzt haltbar. Die Nestauflage besteht aus einer Drahtseilbespannung mit einer Bodenbedeckung von nur wenigen Prozent, so dass Regenwasserabfluss und Trocknung in idealer Weise gewährleistet sind.

Technische Bemerkungen zum “Erlanger Storchennest”:

Es besteht oben aus dem (universellen) Korbteil und dem unteren “Adaptionsteil”. Der Lastabtrag erfolgt direkt von der Peripherie des Korbes durch den Adaptionsteil auf einen Tragständer. Die gesamte Grundfläche des Korbes ist somit praktisch frei von Strukturmaterialien.

Der Basisring des Korbes besteht aus einem 40x40x4 mm-Winkelprofil, welches mit einer 3-Walzen-Rollmaschine kalt rundgewalzt wurde. Durchmesser: 1500 mm. Die Seilverspannung des Korbbodens besteht ebenfalls aus V4a-Material. Durchmesser des Drahtseils: 5 mm. Geschweißt wurde mit der Schutzgas-Lichtbogenmethode (WiG = Wolfram-invert-gas).

  • Der Preis für den Korbteil beträgt hier ca. € 1.300,--
  • für den Adaptionsteil ca. € 700,--

Soweit die Meldungen aus dem Storchennest.

Weiter mit dem Rammersdorfer Storch. Nach kurzer Beobachtung sah ich am rechten Fuß einen schmalen Aluminiumring mit Schlaufe. Die Ablesung erbrachte erneut eine kleine, interessante Nuance aus einem Storchenleben. Von der Beobachtung eines Besuchers auf dem Schlauchtrocknungsturm der Freiwilligen Feuerwehr von Aichau, einem Ortsteil von Feuchtwangen, habe ich schon am 28. April hier in Wort und Bild berichtet. Heute stand dieser Storch – er muss wohl bald nach meinem Bericht aus Aichau verschwunden sein – vor den Toren von Leutershausen (hier hat er in den Jahren von 1997 bis 2001 gebrütet). Nach einer halben Stunden flog er an einen der zahlreichen in der Umgebung befindlichen Weiher und ging der Nahrungssuche nach. Er muss die Gegend aus den vergangenen Jahren wie seine Westentasche kennen.

Rammersdorfer Impressionen

 Kehren wir zu Schorsch und Partner zurück. Am frühen Nachmittag machten Nummer 6 und Schorsch nacheinander ihre Aufwartung am Nest. Mit Nummer 6 ist im Augenblick jederzeit zu rechnen.


Nummer 6
ist gelandet

Freude über
Schorschs guten Zustand

Dass aber auch Schorsch erneut freiwillig am Nest erschien, ließ wieder aufhorchen. Er bestätigte allen, dass er nicht hilflos in irgendeiner Ecke seines Lebensraumes dahinvegetiere und auf seinen Tod warte.


Schichtwechsel durch Schorsch

Ein Ruhepäuschen

Über 90 Minuten blieb Schorsch im Nest. Als Punkt 16 Uhr Nummer 6 erschien, mochte man glauben, als wolle sie ihren Schorsch abholen, denn kaum war sie gelandet, flog Schorsch von dannen, Nummer 6 folgte unmittelbar darauf.


Das Paar ist komplett

Synchron


Nummer 6 allein

Danach blieb das Nest verwaist und ein weiterer aufregender, jedoch Mut machender Tag neigte sich zu Ende. Der Rest ist schnell erzählt: Nummer 6 machte den Anfang des abendlichen Abschlusses. Um 20:17 Uhr schwebte er am Nest ein und brachte als kleines Gastgeschenk eine Fuhre frisches Gras mit. Sauber und ordentlich platzierte man es im Nestinneren.

 
Nummer 6 mit Gastgeschenk

Fehlte nur noch Schorsch höchstpersönlich.  Er spannte uns ganz schön auf die Folter, aber um 21:15 war es so weit. Die Familie hatte zusammengefunden!! Und ganz leise konnte man Schorsch vor sich hinbrummen hören!


Schorsch hat es wieder geschafft!

„Von wegen klein beigeben wegen des Malheurs, das mir mit meinem Schnabel passiert ist! Die Menschen wissen doch überhaupt nicht, wie es geschehen ist. Das weiß alleine ich! Ätsch! Da hab ich es den Besserwissern aber vorerst mal gezeigt, was eine Harke ist! So schnell kratze ich noch nicht ab! Was sich die Leute aufregen wegen mir? Haben die nicht ganz andere Sorgen? Da werden Menschenkinder, die ich erst vor ein paar Jahren gebracht habe, reihenweise in den Wohnungen der Nachbarn zu Tode geprügelt und man hört schweigend zu! Aber wenn ich mir dummerweise meine Beißerchen beschädige, geht ein Aufstand los, als ob dafür irgendjemand die Schuld trägt. Ich war eben zu blöd! Dumm gelaufen! Was soll´s?  Deswegen wird meine Art nicht aussterben. Wir sind nämlich ein absolutes Erfolgsmodell unter den Störchen. Das kam dadurch, dass wir uns dem Menschen so eng angeschlossen haben. Ich kalkulierte dabei schon immer die Gefahren mit ein, die mir dadurch drohen: Der dichte Verkehr, die eine oder andere Falle, die Bauwut und nicht zuletzt auch die Lebensraumveränderungen. Aber die genannten Gefahren sind ein Klacks gegenüber den rieseigen Vorteilen! Die Menschen bearbeiten den Boden. Dadurch kommen wir erst an manche Beutetiere. Die menschlichen Siedlungen führten dazu, dass der Wald gerodet wurde und wir erst dadurch immensen Lebensraum dazugewannen. Gäbe es die Menschen nicht, wäre unser Verbreitungsgebiet auf winzige Naturräume beschränkt. Also. Ich sehe meine Situation überhaupt nicht so dramatisch, bei mir kommt deshalb keine Weltuntergangsstimmung auf. Auf mich kommt es überhaupt nicht an, ob ich jetzt überlebe oder nicht. Nach mir sollte kein Hahn krähen.

In den Tiergarten nach Nürnberg mag ich bestimmt nicht! Da möchte ich lieber gleich sterben! Wenn ich dort zu nichts mehr tauge, weil schon zu viele von meiner Art eingeliefert wurden, werde ich halt später verfüttert. Ist ja auch verständlich und mein Freund, der stolze Löwe, möchte ja auch mal was Anständiges zum Fressen. Wie komme ich eigentlich auf den Tiergarten? Das habe ich im Zusammenhang mit meiner Schnabelverletzung irgendwo im Internet gelesen! Was sollte denn dieser saublöde Vorschlag überhaupt? Glaubt da jemand im Ernst, dass man dort an meinem Schicksal Anteil nimmt? Die haben doch wahrlich andere Sorgen, als sich um mich zu kümmern! Nun muss ich aufhören, denn meine Nummer 6 stupst mich schon dauernd, ich solle endlich Schluss machen und ans Schlafen denken. Recht hat sie! Morgen ist ein neuer Tag und wer weiß, worüber sich die Menschenkinder dann schon wieder Gedanken machen wollen. Mir geht´s jedenfalls gut! Schlaft schön!“

Soweit unser Schorsch! Auch von Ihrem Tagebuchschreiber noch eine gute Nacht und bis morgen. Ich denke, unser Schorsch will gar nicht, dass wir uns so viele Sorgen um ihn machen.

 

Es ist so weit!!! Das Ankaufprojekt des „Storchen- und Biberlebensraums Wörnitzwiesen“ ist abgeschlossen. Über die Hintergründe und den weiteren Verlauf mit ähnlichen Projekten finden Sie hier einen ausführlichen Bericht.

Bitte unterstützen Sie auch 2007 wieder unsere Spendenaktion.

Weitere Hinweise

  • Hier könne Sie sich über die Ziele und Möglichkeiten der
    Natur- und Umweltstiftung

    informieren.


    Wenn Sie mehr über die Aktivitäten der Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz erfahren wollen, schauen Sie doch mal in das "Naturschutztagebuch" von Thomas Joas.


  • Vom 12. bis 20. Mai 2007 findet die 3. Ansbacher Artenschutzwoche mit zahlreichen Veranstaltungen statt.
    Nähere Informationen zu den Aktionen finden Sie auf der Seite des Landkreises Ansbach.

 

Neu und für Storchenfreunde sicherlich interessant ist die Karte der umliegenden Storchenstandorte, dargestellt mit Hilfe von Google Maps.

 
 

Und noch zwei  kleine Hinweise in eigener Sache:

  • Unterstützen Sie unsere Biotopankäufe mit dem Kauf von
    BN-Souvenirs


  • Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
    Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach finden Sie hier:

Kinderzeit

 
 

Hier geht es zu "Poetisches aus dem Gästebuch"

und hier zum Storchenbuch der Maischule Fürth.

 

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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere Spenden eingegangen.Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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