Storchenkamera
Storchentagebuch 2006
...was bisher geschah
Unterstützt durch
Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
1905-2005 Rotary internat. 100 Jahre
Teil 5
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23. Apr. 06 |
Der 17. Tag ohne Ei! Wie lange wird es
noch dauern, bis wir ein Ei entdecken können? Wird es überhaupt
noch zur Eiablage kommen? Liegt es an der Unerfahrenheit
eines oder beider Partner? Handelt es sich bei unserem Paar um eine
Homo-Ehe? Es gäbe noch mehr Fragen anzuführen, eine
eindeutige Beantwortung kann im Moment nicht erfolgen, einige Fragen
werden möglicherweise keine Erklärung finden können.
„Wenn schon kein Ei, dann werde ich
wenigstens den Ei-Hunger meiner Webgemeinde mit einer weißen
Abdeckfolie stillen!“, mag sich Schorsch gedacht haben, als er
uns gestern ein wenig Abwechslung bot. Das große, weiße
Teil beschäftigte auch an diesem Sonntag die
meisten von uns und besonders die „Verursacher“, in erster Linie
unseren Schorsch. Ein Ortstermin brachte letztlich
Klarheit in der Frage der Identifikation des genannten
Objektes. Es handelt sich dabei eindeutig um eine
Abdeckfolie, wie sie vor allem bei Malerarbeiten
Verwendung findet und die wahrscheinlich jeder von uns schon
einmal zum Einsatz gebracht hat, um während der Arbeiten
Möbelstücke vor unliebsamen Farbspritzern zu schützen.
In Storchennestern ist sie bislang noch nicht beobachtet
worden. Sollte Schorsch jedoch damit eine neue Masche
bei Nestbauarbeiten eingeführt haben, dürften wir solche
Utensilien in Zukunft öfters in Storchennestern
regelmäßig vorfinden. Daraus erklärt sich auch die Tatsache,
dass das Päckchen anfangs recht klein und handlich
aussah, bei der Bearbeitung durch Schorsch aber immer
weiter aufblätterte und sich – zum Glück – wenigstens nur
teilweise öffnete. Bei kompletter „Öffnung“ könnte man gut und
gerne drei Storchennester damit abdecken und kein Zweiglein würde
mehr darunter hervorschauen. Im Augenblick hat sich der
Hauptteil des Paketes nur in der Länge – es dürften so
knapp zwei Meter sein – entwickelt, die in der Breite sehr
eng zusammengelegten Teile haften, bedingt durch die
extreme Dünnheit, so sehr aneinander, dass sie durch das
bloße Hin- und Herschieben miteinander „verklebt“ blieben. Ein
Abrutschen der Gesamtfolie verhindern Zweige und
die Tatsache, dass Schorsch gleich damit begonnen
hat, den Anfang im Nestrand einzubauen. So
befestigt sollte uns die Folie während der nächsten
Wochen auf alle Fälle erhalten bleiben, eine
Gefährdung einer möglichen Brut und des Nachwuchses
ist im Augenblick aber nicht zu befürchten.
Die unendliche Geschichte “Schorsch und die Folie”
Wer zu den morgendlichen Frühaufstehern
gehörte, dürfte verzückt gewesen sein von den Nebelbildern
des Nestes mit dem milchigen, weich gezeichneten
Hintergrund.
Nebelsuppe mit Schorsch
Das machte richtig Spaß und zeigte die
in Renovierung befindliche Storchenbehausung in einem
gänzlich ungewohnten Bild. Dennoch blieb es keinem verborgen,
dass eine weitere Nacht verstrichen war, in der wir auf das
Erscheinen des ersten Eies vergeblich warten mussten. Bei den
Kopulationen hat sich seit dem ersten gemeinsamen Tag im Nest
nichts geändert. Diese erfolgen regelmäßig, jedoch in
buntem Wechsel, mal „Er“ auf „Ihr“ und im Anschluss darauf
„Sie“ auf „Ihm“.
„Sie“ auf „Ihm“
Die Hoffnung, dass sich hier eine
Entwicklungs- und Lernphase anbahnen könnte, hat sich leider bis zum
heutigen Tag nicht bestätigt. So bleibt der Wunsch nach einem
Silberstreif am Horizont, der sich aber noch nicht abzeichnet.
Ich hatte in einem früheren Tagebucheintrag
über den Ring unserer Nummer 6 spekuliert und seine
Beschriftung, seine Größe und seine wahrscheinliche Herkunft
angesprochen und hinzugefügt, dass jemand mit den mitgeteilten Daten
etwas anfangen könne. Doch bisher kamen keine Reaktionen auf meinen
Aufruf.
Da fand ich beim Lesen im
Forum der Website des Vetschauer Storchennestes unter dem
Thread „Luisenpark Mannheim“ ein Foto, das einen
rechts beringten Storch zeigt, der den gleichen Ring trägt
wie unsere Nummer 6. Gleiche Höhe, gleiche Ringart! Von einer
Beschriftung ist auf dem Foto natürlich nichts zu erkennen, aber ich
werde diesen Weg einmal intensiv verfolgen und beim Luisenpark
anfragen.
Storch
aus dem Luisenpark in Mannheim! Der gleiche Ring wie bei Nummer 6?
Unser Storchenweibchen des Jahres
2004 stammte ebenfalls aus dieser zooähnlichen
Einrichtung, trug aber einen offiziellen Ring der Vogelwarte
Radolfzell.
In Dinkelsbühl herrschte während des
ganzen Tages ein buntes Treiben im Nest, aber
auch durch die engen Gassen der Altstadt drängten
sich Tausende von Besuchern, um auf dem Markt
anlässlich des Patroziniums des Heiligen Georg, Patron
des Münsters Sankt Georg, günstig einzukaufen oder auch nur
zu schauen. Sehr oft konnte man die Gäste der Stadt
bei der Entdeckung des Storchennestes auf dem alten
Rathaus in helle Verzückung geraten sehen. Danach war mit
dem Bummeln erst einmal eine Pause angesagt, ehe man
wieder zur Tagesordnung überging. Aber ich denke, dass bei
den meisten dabei die Storchensichtung einen
nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben sollte.
Der Nestbau ging unterdessen
ununterbrochen weiter. Schorsch brachte heute vermehrt Geäst
zum Nest, aber auch das obligatorische weiche Material zur
Gestaltung des Nestinnenraumes durfte dabei nicht fehlen.
Kampf mit dem Ast, Teil 1 |
Kampf mit dem Ast, Teil 2 |
Schorsch mit Gras
Dicke Luft, sprich fremde Störche
über dem Nest, gab es erneut zu vermelden, wenngleich wir keinen
Feind zu Gesicht bekamen.
Wieder dicke Luft |
Schorsch nimmt die Verfolgung auf! |
Nun wünsche ich – sicher auch mit Ihrer
Unterstützung – dass sich Georg zusammen mit Nummer 6, dessen Fest
an diesem Tag in Dinkelsbühl gefeiert wurde, diesen Umstand zusammen
mit Nummer 6 sehr zu Herzen nehmen möge und sich auf seine
störchischen Pflichten besinnt: Ablage von mindestens vier Eiern und
Aufzucht von drei Jungen! Nun endlich los! Wir können nicht mehr
warten! |
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24. Apr. 06 |
Der 18. Tag ohne Beginn der Eiablage! Es ist
noch Zeit, dass es sich unsere beiden überlegen und endlich Nägel
mit Köpfen machen. Die Abdeckfolie veränderte ihre Lage und Position
nicht, weil sie sich entweder im Nistmaterial verheddert oder
Schorsch sie im Nestrand eingebaut und damit fest verankert hat.
Die Story des Tages ist schnell erzählt. Alles
nahm seinen gewohnten Gang. Es gab wechselseitiges Kopulieren,
Nestbau, große Unruhe wegen fremder Störche, die sich im Nestumfeld
zeigten und schließlich ein traumhaftes Frühlingswetter. Nach kalter
Nacht von nur 2 Grad über dem Gefrierpunkt, erwärmte sich die Luft
bei wolkenlosem Himmel am späten Nachmittag auf sagenhafte 23 Grad.
Schorsch und Nummer 6 nutzten die wärmsten Stunden des Tages am
späten Nachmittag zu einem ausgiebigen Ausflug in die Umgebung der
Wörnitzstadt.
Guten Morgen, Nummer 6 |
Ich habe dir etwas mitgebracht! |
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Auf zu neuen Taten! Ich bin
bald wieder zurück! |
Schon wieder diese Unruhestifter über uns!
Nummer 6, lieber Schorsch, so wird das aber nichts!!! |
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25. Apr. 06 |
Nichts Neues von der Storchenfront!
Als wir uns am 6. April über die Ankunft unserer
Nummer 6 freuten, rechnete ich sehr großzügig bis spätestens
21. April mit der Ablage des ersten Eies. Diese Berechnung
begründete sich damals aus den Erfahrungen an unserem
Storchennest sowie an zahlreichen anderen, bei denen Einblicke
ins Nest möglich sind und die während der gesamten Brutzeit unter
Beobachtung standen. Ausnahmen bestehen allerdings bei den
Paaren, die infolge einer frühen Ankunft am Nest
bereits im Februar – so wie an den beiden Bornheimer Nestern
– noch nicht unmittelbar hormonell in Brutstimmung
sind. Für sie gelten andere zeitliche Abfolgen. Das Paar
Bornheim 1 war bereits am 18. Februar komplett, das
erste Ei lag allerdings erst am 21. März im Nest,
also über einen Monat später. Beim Paar Bornheim 2
lagen die Verhältnisse nicht ganz so krass: Paar ab 27. 2.
am Nest, erstes Ei am 25.3. In diesen beiden Fällen
lagen also 31 bzw. 26 Tage zwischen Paarbildung und
dem ersten Ei. Da nehmen sich die bisherigen 20 Tage
an unserem Nest ja noch ganz bescheiden aus, die sich
unser Paar nun nicht entschließen kann, zur Tat
zu schreiten. Sie sehen also, dass wir schon noch
Luft haben! Wenn man davon ausgeht, dass einer der beiden
Partner wirklich noch sehr jung ist, dann kann ein Monat
Wartezeit schon einiges bewirken. Und darauf hoffen
wir eben weiter. Wenn andere Ursachen vorliegen, kann eine Brut
allerdings auch einmal ausfallen und in dieser Hinsicht sind
wir ein erfahrenes Team. Seit der Wiederbesiedelung Dinkelsbühl
durch die Störche nach über 25-jähriger Abstinenz im Jahre
1993 gab es in 5 Brutzeiten keinen ausfliegenden
Nachwuchs. Es passiert also auch bei ganz normalem Verhalten der
Brutstörche, dass es mit dem Nachwuchs nicht klappt. Bei nicht
konformem Verhalten aber sieht es ein wenig anders aus!
Wer sich gerne über die Storchengeschichte
Dinkelsbühls der vergangenen 100 Jahre informieren
möchte, muss unbedingt unter dem Link „Historisches“
nachlesen. Hier steht alles, was darüber in der alten und älteren
Literatur und durch meine eigenen Erfahrungen und Recherchen seit
1965 in Erfahrung zu bringen war.
Warten wir ganz einfach bis morgen
und bleiben auf jeden Fall dem Nest und seiner
Besatzung gewogen. Erst heute kurz nach 15 Uhr
herrschte erneut Großalarm über dem Nest.
Augenzeugen wussten zu berichten, dass erneut zwei Störche
niedrig über Dinkelsbühl ihre Kreise zogen, sich aber ohne
konkrete Angriffe bald in die Höhe tragen ließen und aus dem
Gesichtsfeld entschwanden.
Schon wieder kreisen zwei fremde Störche über dem Nest!
Der Nestbau schreitet ebenfalls
unablässig voran und heute konnte auch Nummer 6 mit
einem Zweig, der noch Reste von Altlaub enthielt, am Nest
gesichtet werden.
Wer bringt denn
da einen Ast? |
Von Schorsch sind wir
solches ja gewohnt! |
Danach war Synchronarbeit angesagt!
Fließen vielleicht mittlerweile bei „Ihr“ auch
schon Hormone, die eine Beteiligung am Nestbau
zulassen? Das wäre doch einmal eine Entwicklung nach vorne!
Als Berufsoptimist glaube ich nach wie vor an eine Brut,
auch wenn mir dann andere Beobachtungen darin einen
Dämpfer versetzten. Eine Kopula, bei der Sie auf Ihm zu
stehen kam, machte auf mich in puncto “Sitzposition“, Dauer und
Verlauf einen sehr guten Eindruck.
Das sieht schon mal wieder gut aus!
So hat es der Georg schon lange nicht
hinbekommen! Entwickelt „Sie“ sich zusehends zu einem „Er“? Sollte
aus Nummer 6 ein Georg werden und würde dem Schorsch „Nummer 6“ gut
zu Gesichte stehen?
Meine Bemühungen, über den Ring
unserer Nummer 6 im Luisenpark Mannheim etwas zu
erfahren, hat sich leider zerschlagen. Der dort
fotografierte Storch mit einem „baugleichen“ Ring wie der
unserer Nummer 6 wurde nicht im Luisenpark beringt, da
dessen Störche alle einen ELSA-Ring der Vogelwarte
Radolfzell tragen. Schade, dass meine unverhoffte Entdeckung
kein besseres Ende nach sich gezogen hat. Ich muss eben weiter
am Ball bleiben und auf einen weiteren Zufall hoffen. |
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26. Apr. 06 |
Heute sind erst 20 Tage seit dem
Erscheinen des zweiten Storches und der damit verbundenen
Paarbildung vergangen. Im gestrigen Eintrag war ich meiner Zeit
etwas voraus und glaubte da schon an den Tag Nummer 20. Dennoch
sollte sich unser Paar schon langsam anstrengen und
uns mit dem ersten Ei erfreuen.
Einladung zum Eiertanz!
Schorsch erschien heute auf der
Bildfläche und hatte als besondere Visitenkarte ein weiteres Mal
mit Schlamm verkrustete Beine vorzuweisen. Diesmal reichte
jedoch die „Verschlammung“ bis weit über das
Intertarsalgelenk oder anders ausgedrückt: Schorsch hatte sich
tiefer in die Schlammzone eines Weihers vorgewagt als beim letzten
Mal. Nur gut, dass er nicht stecken blieb und sich aus eigener Kraft
wieder befreien konnte.
Dreckspatz „Schorsch“ Nummer 6 sucht das Weite
Wenn man den Ablauf der letzten Tage
Revue passieren lässt, fällt mir auf, dass sich bei unserem Paar
eine langsame „Geschlechtsumwandlung“ abzuzeichnen scheint.
Ob dies etwas zu bedeuten hat oder nur eine durch Nichts zu
belegende Vermutung darstellt, wird die Zeit weisen? In den 20 Tagen
ihres Hier-Seins hat „Sie“ sich am Nestbau nur
zuletzt – so auch heute – in zögerlicher Weise beteiligt.
Aber immerhin!
„Sie“ mit einem Riesenast! |
Gemeinsamer Einbau |
Ebenso tritt „Sie“ bei den meisten
Begattungen, die an Intensität wieder zunehmen, in der
Männchenrolle auf, während Schorsch sich als Obermann
wenig glücklich präsentiert.
Schau Schorsch,
so geht es! |
Jetzt kannst du es immer
noch nicht, Schorsch! |
Sollte die unendliche Geschichte um den
Legebeginn unseres Paares ihre Ursache doch nur in
einem fehlenden Reifezustand der Partner haben? Haben die
vergangenen Wochen Wirkung gezeigt und werden die nächsten Tage in
dieser Frage noch zusätzliche Reife entstehen lassen, dass es
letztlich doch noch zu einem oder mehreren Eiern kommen wird? Es
bleibt spannend und wir werden in jedem Fall Zeuge
dieser wohl bislang einmalig dokumentierten Vorgänge sein.
Nun fehlt nur noch ein Gelege zum totalen Glück! |
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27. Apr. 06 |
Das Wetter hat wieder einen deutlichen
Rückschritt in Richtung Herbst angetreten. Nicht nur,
dass es seit gestern überwiegend regnerisch blieb, sondern
auch, dass die Temperaturen nur ein wenig über die
10-Grad-Marke rutschten, vertrieb die letzten
Frühlingsgefühle. Wären da nicht ein paar Kirschbäume, die
zaghaft ihre Blüten öffneten, man könnte fast schon wieder an den
späten Oktober denken.
Von der sich abzeichnenden neuen Entwicklung
um unser Paar blieben wir auch heute nicht verschont. Die
Anwesenheitszeiten wenigstens eines Storches dauerten fast
den gesamten Tag. Gleichzeitige Abflüge beider
Partner des Paares waren äußerst selten und dann nur von
kurzer Dauer. Meist blieb wenigstens ein Storch im Nest zurück
und vieles erinnerte in gewisser Weise schon an eine Art von
Brutablösung. Sollte vielleicht doch? Die
Nestbauintensität wurde abermals noch gesteigert und man
sah sowohl unseren Schorsch (von ihm sind wir es ja
gewohnt) als auch Nummer 6 eifrig bei der Sache. Die
vermeintliche „Sie“ schreckte dabei keineswegs davor
zurück, selbst große und größte Brocken
herbeizuschleppen.
Nummer 6 baut eifrig!
Die frische Begrünung sticht ins Auge! |
Und noch mal
unsere „Sie“ |
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Sie mit Zweig,
er zeigt Schlammbeine! |
Und noch einmal „Sie“
mit einem riesigen Schilfhalm! |
Der Schorsch kann es aber nicht viel schlechter!
Dabei wurde die Folie weiter zugebaut,
so dass ihr „Anfang“ fast im Nestrand verschwand. Was beide für die
Innenausstattung des Nestes vorsahen, entsprach
nicht ganz unseren Vorstellungen. Da befanden sich sicher
einige Stücke dabei, die nach menschlichem Maßstab
eher in den Bereich „Müll“ zu verweisen gewesen wären.
Ein trautes
Liebespaar! |
Was kommt denn
heute alles ins Nest? |
Nun aber gute Nacht!
Aber wer mit menschlichen Maßstäben misst, darf
sich nicht wundern, wenn es da zu manchen Geschmackskollisionen
kommt. Im Laufe des Tages hatten sich diese nicht näher
identifizierbaren Teile in das übrige Nistmaterial schon bestens
integriert. Was man so an Begattungen beobachten konnte,
verdiente schon häufiger die Bezeichnung „fast
gelungen“ oder „sieht schon ganz gut“ aus. Dabei blieb „Sie“
in dieser Beziehung erneut die eindeutige Siegerin,
obwohl sie sich dabei fast immer wie ein Mann
verhielt. Man kann sich nur immer wieder wundern, was die
beiden da so alles mit sich anstellen. Heute vollendeten
sie ihre dritte eierlose Woche und das Hoffen, Bangen und
Warten geht in die vierte Runde, nein Woche! |
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28. Apr. 06 |
Ein Wetter zum Abgewöhnen! Kaum
10 Grad und teilweise Regen! Da kann man nur von
Glück reden, dass man kein Storch sein muss und
stattdessen die Dinge aus der häuslichen Perspektive
betrachten kann. Natürlich macht es einem Storch absolut nichts aus,
Regen und abnormalen Temperaturen zu widerstehen. Dennoch ist man
gelegentlich versucht – menschliche Vergleiche lassen sich nicht
immer so leicht ausblenden – ein wenig Mitgefühl zu zeigen.
Auch der 22. Tag nach der Paarbildung
blieb ohne das erhoffte Ei. Das blieb auch schon die
einzige Veränderung gegenüber dem gestrigen Tag. Der
tägliche Stundenplan erbrachte keine Überraschungen
und hielt sich peinlich genau an die normalen Abläufe. Das bedeutete
viel Zeit für den Nestbau, intensive Gefiederpflege
bei und wegen des Regens und als wichtigste Voraussetzung für die
Fortpflanzung zahlreiche Begattungen. Nummer 6 ging dabei in
der Männerrolle wesentlich konzentrierter zu Werke als unser
eigentlich als Männchen eingestufter Schorsch. Er tat, was er tun
konnte und das war wirklich nicht toll.
Man baut! |
Frisch geduscht! |
Nummer 6 heftigst kopulierend!
Nun wieder umgekehrt! Georg oben! |
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29. Apr. 06 |
Trotz gelegentlichem Sonnenschein
blieben die Temperaturen ganztägig unter 10 Grad!!
Dabei regnete es zeitweise und ein kühler Wind ließ
alles noch viel ungemütlicher erscheinen. In den späten
Abendstunden fiel die Quecksilbersäule bis auf Null
Grad und es stand zu befürchten, dass sie am Morgen des 30.
April doch klar unter den Gefrierpunkt absinken könnte.
Die Bilder der letzten Tage gleichen
sich! Die Bemühungen beider Störche um eine doch noch
erfolgreiche Fortpflanzung dauern unablässig an. Dass die
Kopulationsphase nun schon 23 Tage ungebremst vorangeht,
ist schon sehr ungewöhnlich und zeigt uns, dass man
seitens der Störche doch noch an einen Erfolg der
Unternehmungen glaubt. Unsere Nummer 6 übernimmt
weiterhin viel häufiger den Part des Männchens,
während Schorsch nur noch selten die ihm von uns
angedachte „Männchenstellung“, nämlich oben auf dem Rücken des
Weibchens, einnimmt.
Nach längerer Pause erinnerte sich Schorsch
beim Sammeln von Nistmaterial an das vor den Toren der Stadt
befindliche Schilfdepot, denn derartige Altschilfhalme
gab es an diesem Tag einmal mehr verstärkt im Nest zu bestaunen. Wer
ein echter Baumeister ist, variiert dazwischen mit anderen
Materialien wie Gras und jeder Menge Ästen. Am Nest
liegt es nicht, wenn man bisher noch nicht zur Eiablage schreiten
wollte.
Schorsch
bei der
Morgengymnastik! |
Riesiger Größenunterschied!
Er macht sich besonders klein,
sie besonders groß! |
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Vom Schilfdepot zurück! |
Jetzt ist ein Büschel Gras fällig! |
Sperrige Äste!
„Sie“ wieder oben!
Die Sonne kommt durch!
Man träumt vom Nachwuchs! |
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30. Apr. 06 |
Von der Verfolgungsjagd im Zusammenhang
mit den Nestangriffen auf unser Paar vom 20. April und
mit der Fortsetzung am darauf folgenden Tag in meiner Heimatstadt
Feuchtwangen habe ich unter den jeweiligen Tagebucheinträgen
schon ausführlich berichtet. Nun hat die Geschichte am 28.
April eine unverhoffte Fortsetzung und möglicherweise
auch ein vorläufiges Ende gefunden. Ich habe das Paar
nämlich am Freitag erneut gefunden. Es hat das
Storchennest von Rauenzell, einem Ortsteil der
Stadt Herrieden an der Altmühl, für sich in Besitz
genommen. Dieses wurde im Jahre 2000 von Bürgern des
Ortes auf dem Schützenhaus installiert, war immer wieder
einmal über Tage und Wochen besetzt, zuletzt im
Jahre 2004. Damals waren sogar Junge geschlüpft, bei
Kämpfen aber fanden sie damals den Tod. Das Paar wanderte
ab und blieb auch im vergangenen Jahr aus. Nun tauchte heuer am
24. April „mein“ Paar wieder auf, wie mir ein Einwohner
glaubhaft versicherte. Die Ablesung gelang mühelos. Dabei
konnte ich die Ringnummer DER A 3309 erneut ablesen und somit
die Identität nachweisen. Der Partner, obwohl
unberingt, ist mit Sicherheit derselbe Storch, der
auch schon in Dinkelsbühl, bei Larrieden und in Feuchtwangen mit dem
Ringstorch in Erscheinung getreten war. Leider musste ich am Tag
meines Besuches feststellen, dass Mitglieder des
Schützenvereines gerade dabei waren, die Fassade des
Nestgebäudes einzurüsten, um dem Haus von Kopf bis
Fuß einen neuen Anstrich zu verpassen. Man kann sich über so
viel Ignoranz nur wundern! Da ist es gerade ein paar Jahre
her, dass dieselbe Klientel das Nest auf dem Haus
anbrachte und nun war sie drauf und dran, aus Unwissenheit
heraus das ansiedlungswillige Paar zu stören, wenn nicht zu
vertreiben. Auf meinen Einwurf, dass solches
Vorgehen nach dem Naturschutzgesetz verboten sei,
bekam ich zu hören, dass man das Haus ja nur frisch anstreichen
wolle. Dabei besteht im Giebelbereich gerade mal ein
Abstand von zwei Metern zum Nest und einen solchen toleriert
kein Storchenpaar! Nun bat ich wenigstens den Giebel zunächst
auszusparen und lediglich den Rest mit Umsicht und Rücksichtnahme
anzugehen. Ob man meiner Bitte nachgekommen ist und ob das Paar die
bereits eingeleiteten Baumaßnahmen tolerieren wird, wird die
nächste Zukunft erweisen. Sollte man die Bauarbeiten
weiterführen, würde ich „stärkere Geschütze“ auffahren müssen.
Hoffen wir, dass die Verantwortlichen
die Arbeiten bis in den Herbst hinein verschieben
und den Störchen jeglichen Vorrang einräumen werden.
Vom Nachbarnest Dinkelsbühls, dem Nest
auf dem Rathaus von Schopfloch, gibt es ebenfalls
keine allzu guten Nachrichten. Bereits am
Gründonnerstag, dem 13. April, tobten um das Nest heftige
Kämpfe. Im Verlauf der Auseinandersetzungen gingen mehrere
Eier über Bord, das Paar brütet aber in der Zwischenzeit wieder.
Möglicherweise hat es einen Wechsel eines Partners gegeben,
vielleicht des Weibchens, und das neue hat ein eigenes Gelege
gezeitigt.
Da hat es doch auch gewisse Vorteile,
wenn man auf das Legen von Eiern verzichtet! Sie
können dann schon nicht aus dem Nest geworfen werden!
Biologisch macht die Zweierbeziehung von Schorsch und
Nummer 6 wenig Sinn. Wenn sie könnten, würden beide sicher,
doch über das Warum lassen sie uns im Unklaren. Alle in Frage
kommenden Möglichkeiten habe ich in den vergangenen Wochen hier
umfassend besprochen.
Der 24. Tag seit der Paarbildung
glich seinen Vorgängern wie ein Ei dem anderen. Nur dass er
ebenfalls eierlos blieb. Die Morgenstunden in und um
Dinkelsbühl begannen frostig mit zwei Minusgraden. Von
fremden Störchen konnte man am Nest in den letzten
Tagen nichts mehr erleben. Die Droh- und
Imponiergebärden kochten auf Sparflamme, es gab einfach
keinen Grund, sich über irgend etwas aufzuregen. Zu
beachten ist weiter ein unvermindert anhaltender Nestbautrieb,
der eine weitere Auflage zum bestehenden Nest brachte und einen
deutlichen Höhenzuwachs zur Folge hatte. Sie bauen wie
die Weltmeister und das auch schon über Wochen, sie
machen Sex (allerdings mal so, mal so!) seit Wochen, aber es gibt
kein Ei!
Nummer 6 baut! Nest zu stattlicher
Größe herangewachsen! |
Das Nest
passt! |
Punktlandung mit frischem Gras!..
Leicht unterkühlt bei frostigen Temperaturen.
Georg ohne Erfolg!
„Sie“ auf „Ihm“! |
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1. Mai 06 |
„Ach, du dickes Ei!“, mochte sich der
eine oder andere unter Ihnen beim Anblick des Nestes in den frühen
Vormittagsstunden gedacht haben. Da hatten wir annährend vier
Wochen gewartet und jetzt überrascht uns das Paar mit einer
riesigen Ausgabe eines Eis! Doch beim näheren Hinsehen
entpuppte sich das Überraschungsei als reichliche profane
Mülltüte. Dumm gelaufen!
Ein Riesenei! Wer hat es da hingelegt?
Zu allem Überfluss – oder sollte ich
doch „Gott sei Dank!“ sagen – widerstand das Kunstprodukt
nur kurze Zeit den lauen Frühlingslüftchen dieses
klassischen Ausflugstages und entschwand über die
Nestkante in das Gewirr der Altstadtgässchen.
Die natürliche Entsorgung hat wieder für klare Verhältnisse gesorgt!
Für unser Paar war damit das Kapitel
„Ei“ beendet und Schorsch und Nummer 6 müssen sich
schon etwas Subtileres ausdenken, um uns beim nächsten Mal in
Aufregung versetzen zu können.
Damit begann die Überraschung! Es war 8:06 Uhr.
Schorsch zeigt sich sehr geschäftig!
Ein leibhaftiges Ei sollte es dann schon
sein, doch mit jedem Tag, den wir länger darauf warten müssen,
schwindet die Hoffnung. Auch der 25. Tag brachte nicht die
ersehnte Nachricht von der Ablage eines Storcheneies.
Dafür schleppte Nummer 6 außer besagter
Mülltüte noch allerlei Nippes in Form von Gras und Blattwerk
herbei, so als ob wir damit für andere Ausfälle etwas entschädigt
werden sollten.
Volle Ladung!
Simultaner Einbau!
Nun will ich zwar nicht behaupten, dass
ich Schorsch wegen seiner bisherigen Erfolglosigkeit
in Sachen „Nachwuchsarbeit“ in irgendeiner Form tadeln
wollte, ein wenig traurig bin ich aber schon!
Wollte ich doch meinen Lesern auch in
dieser Brutzeit über ein Nest mit einer großen
Jungenschar berichten und nach Lage der Dinge
müssen wir uns so langsam von dieser Vorstellung
verabschieden. Ich werde aber erst am 20. Mai – wenn es
bis dahin nicht doch noch passiert – offiziell ein mögliches
Ausbleiben der Brut bestätigen. Bis dahin sollten wir uns auf
alle Fälle ein kleines Hintertürchen offen halten.
Schorsch ließ auch am „Tag der Arbeit“
in seinen Bemühungen um Nachwuchs nicht nach, wenn er auch
darin von „Ihr“ abermals übertroffen wurde. Dass „Sie“ dabei einen
fast perfekten Mann abgab macht unser Problem wahrlich nicht
einfacher.
Dass beide auch ganz gerne kuscheln,
bewiesen sie heute beim Doppelsitz im Nest.
Schmusestunde! |
Ab in die Nahrungsgründe! |
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2. Mai 06 |
Heute lohnt es sich, dass ich das Wetter
wieder einmal kurz ins Spiel bringe. Die 20-Grad-Marke
wurde erneut geknackt und die Nacht verlief erstmals
ausgesprochen mild. Während ich diese Zeilen schreibe,
höre ich von meinem nächtlich erhellten Arbeitszimmer aus das
Konzert der Laubfrösche aus einem einige hundert Meter
entfernten Weiher. Damit ist die für mich schönste Jahreszeit
endlich eingeläutet und in dieser Form könnte es so weiter
gehen.
In Sachen Storch – und dies ist
ebenfalls wetterbedingt – gab es wieder einige Male
Luftalarm zu vermelden. Aus dieser Tatsache lässt sich
der Schluss ableiten, dass immer noch und jetzt auch wieder (Thermik!)
fremde Störche in den Dinkelsbühler Luftraum
eindringen und nach einer beziehbaren Wohnung Ausschau
halten. Unser merkwürdiges Paar focht dies aber nicht an und
konnte allein durch angeborene Verhaltensweisen die
Eindringliche auf Distanz halten. Eine Attacke oder
gar eine Nestbesetzung stand außer Frage.
Tag 26 nach der Paarbildung brachte kein Ei und keine
neuen Erkenntnisse. Man liebte sich ausgiebig in allen
erdenkbaren Variationen, man widmete sich dem Nestbau,
man wehrte feindliche Besucher durch die bloße Nestpräsenz ab, man
verbrachte einige Stunden, auch gemeinsam, außerhalb des Nestes, um
sich in ausgeprägter Weise die Beine mit Schlamm zu beschmutzen, man
schlief gemeinsam in die erste, richtig angenehme
Frühlingsnacht hinein und genoss das noch stressfreie Leben.
Für uns brachte der Tag ohne Ei allerdings eine
neue Enttäuschung.
Morgenglanz! |
Nummer 6 und das Eier-Lege-Gefühl! |
Schorsch mal wieder in „oberer“ Position..
Abflug mit Schlammbeinen |
Schorsch mit Ast! |
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Bitte unterstützen Sie auch 2006 wieder unsere
Spendenaktion zum
Erhalt und die Verbesserung des Lebensraumes der
Lebensgemeinschaft „Flussaue“. Über die Fortschritte im
Biotopankauf werden wir Sie demnächst informieren.
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Und noch zwei
kleine Hinweise in eigener Sache:
- Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und
Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und
Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote
des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach
finden Sie hier:
Kinderzeit
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Hier geht es zu "Poetisches
aus dem Gästebuch" und hier zum
Storchenbuch der Maischule
Fürth. |
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Translate this page with altavista BABEL FISH
Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere
Spenden
eingegangen.Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
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