Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah

Teil 12

03. Jul. 03

 

Für alle, die vielleicht nicht jeden Tagebucheintrag der letzten beiden Jahre im Kopf haben, möchte ich mich zu Beginn des neuen Eintrages wieder einmal kurz vorstellen.


Gequältes Lächeln?
Nein, nur ein ungutes Gefühl beim Fotografiert-Werden!

Bei über 500 Seiten plus weiterer Info-Angebote über den Lebensraum, den Stromtod, über Hilfsmaßnahmen, über Historisches und so weiter ist in zwei Jahren ein reich bebildertes Buch entstanden, das sicher über 600 Seiten Storchenwissen bietet und somit das dickste „Storchenbuch“ überhaupt darstellt, das es im Internet zum Nulltarif gibt. Auch im Buchhandel sucht man so viel Wissen über den Storch in dieser Form und zu diesem Preis leider vergeblich. Viele Fragen und Vorwürfe, die unser so liebenswerter Gästebuchschreiber aus Erlangen gegen mich einst erhoben hat, wären gar nicht gestellt oder erhoben worden, wenn man das Tagebuch regelmäßig gelesen hätte. Das Anlegen der Ringe früher und heute hat den Schreiber veranlasst, in dieser Frage Kritik zu üben. Er hat – und das betone ich ausdrücklich – in der in Frage kommenden Zeit zwischen 1975 und 1985 selbst regelmäßig an meinen Fahrten teilgenommen und das Beringen voll und ganz unterstützt. Außerdem geschehen solche Untersuchungen ja nur im Einvernehmen und mit Erlaubnis einer Vogelwarte. Eine „Deutsche Vogelwarte“, in deren Namen ich gesprochen haben soll, gibt es nicht. Die gab es vielleicht noch während der betrüblichen Zeit des Dritten Reiches. Nun hieß und heißt „meine“ Vogelwarte Vogelwarte Radolfzell. Sie ist die Anlaufstelle für alle Beringungen in Süddeutschland und praktisch die Nachfolge-Vogelwarte der Mutter aller Vogelwarten, Rossitten im ehemaligen Ostpreußen. Vertrieben in den Wirren des Zweiten Weltkrieges fand man eine neue Bleibe in den Räumen des Schlosses Möggingen bei Radolfzell und dort „residiert“ man immer noch. Ab diesem Moment hatte man in der nun entstandenen Bundesrepublik eine zweite Vogelwarte neben der Vogelwarte Helgoland. Man teilte sich den Zuständigkeitsbereich in der beschriebenen Weise, Helgoland war fortan für die nördlichen Teile der Republik „zuständig“. Seit der Wende leistet sich die nun vergrößerte Republik den „Luxus“, eine dritte Vogelwarte zu besitzen, die Vogelwarte Hiddensee“. Ihr Zuständigkeit waren und blieben die neuen Bundesländer. Seit Bestehen der drei genannten Forschungseinrichtungen wurden in Deutschland – und ich schätze hier nur – ungefähr 100.000 bis 150.000 Weißstörche markiert. (Hiddensee kommt bisher auf 40.000). Einer der größten deutschen Ornithologen, Prof. Dr. Erwin Stresemann, beringte als Student im Jahre 1910 (!) die ersten Jungstörche in Bayern. Er kam in jenem Jahr auch nach Dinkelsbühl und stieg auf das Dach des alten Rathauses zu den Vorgängern unseres Quartetts. In den 50er Jahren war es ein weiterer großer Ornithologe, der die Beringung der Weißstörche in Franken fortführte. Dr. Theodor Mebs, ein weltbekannter und durch zahlreiche Buchveröffentlichungen renommierter Greifvogel- und Eulenspezialist, war in dieser Funktion einige Jahre tätig. Die Reihe ist nicht vollständig, doch aus zeitlichen Gründen muss meine Recherche bruchstückhaft bleiben. Nähern wir uns neueren Zeiten, stoßen wir auf die Namen Joachim Werzinger (er verstarb leider kürzlich viel zu früh in Nürnberg) und Dr. Helmut Link. Mit beiden ist die Storchenberingung in der Zeit von 1967 bis 1973 verbunden. Während meines abgebrochenen Biologiestudiums stieß ich in Erlangen auf die beiden und begleitete sie während des Sommers und half beim Beringen. Bei dieser Gelegenheit durfte ich 1972 meine ersten Jungstörche beringen. Da beide schließlich die Sache nicht mehr weiterführen wollten oder konnten, baten sie mich, ihre Nachfolge anzutreten. Nach den nötigen Prüfungen und den rechtlichen Angelegenheiten erhielt ich 1972 die Beringungserlaubnis. In den Anfangsjahren meiner Arbeit brachte ich wie Werzinger und Link die neuen Ableseringe über dem Intertarsalgelenk an. Hier sind sie besser sichtbar und leichter ablesbar. Als die Vogelwarte ihre Mitarbeiter auf mögliche Gefahren hinwies, die mit einer Beringung über dem Intertarsalgelenk verbunden sein konnten, kehrte ich zur normalen Beringung über den Zehen zurück. Es wurde zunächst nur vermutet, dass durch das Absetzen des „Spezialkotes“ bei großer Hitze (thermoregulatorisches Beinkoten) zwischen dem Ring und dem Bein des Vogels eine harte, sich nicht mehr lösende Schicht bilden könnte, die dann durch ein Festsitzen des Ringes auch zu einer Behinderung der Blutzirkulation und zu einer Beeinträchtigung des Vogels führen könnte. Diese Gefahren waren allerdings nur für solche Störche relevant, die über dem angesprochenen Gelenk beringt waren. Als Ihr Tagebuchschreiber von diesen Gefahren erfuhr, beringte er zwar weiter, jedoch danach ausschließlich über den Zehen. Eine neue Dimension ergab sich durch eine Veröffentlichung von Holger Schulz in der Zeitschrift „Die Vogelwarte“ im Jahre 1987 zum Thema „Thermoregulatorischen Beinkoten beim Weißstorch“. Bei Freilanduntersuchungen im afrikanischen Winterquartier beobachtete Schulz unter vielen Tausenden von Störchen mehrere beringte, die hinkten oder Verhaltensauffälligkeiten zeigten die im Zusammenhang mit der Beringung standen. Drei in dieser Arbeit veröffentlichte Fotos zeigen einen polnischen Storch, der zwischen Bein und Ring eine dicke Harnsäureschicht aufwies, die den Vogel so sehr behinderte, dass er entkräftet eingefangen werden konnte, aber nach einem Tag starb. Auch ein über den Zehen beringter Weißstorch wies nach obiger Arbeit eine Behinderung auf, so dass auch bei dieser Beringungsart die Möglichkeit einer Harnsäureverkrustung nicht auszuschließen war. Nachdem die Arbeit erschienen war, stellte die Vogelwarte Radolfzell als erste ihre Beringungen am Weißstorch ein. Man wollte sich in dieser Frage nichts vorwerfen lassen. Auch wenn sicher war, dass nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz aller beringten Störche in dieser Weise Behinderungen zeigte, waren die gewonnenen Erkenntnisse natürlich auch betrüblich. Ihr Tagebuchschreiber beendete im Jahre 1987 (mit Erscheinen des Artikels) auf Anweisung der Vogelwarte seine ehrenamtliche Tätigkeit auf diesem Gebiet. Andere Vogelwarten im europäischen Raum sahen dagegen die Vorteile einer Markierung für wesentlich gewichtiger an als den Verlust des einen oder anderen Vogels und ich kann diese Haltung wegen der großen Bedeutung der Beringungsarbeit für den Naturschutz auch durchaus nachvollziehen. In den Jahren danach galt es, einen neuen Ring zu entwickeln, der ein Festhaften von Kot nicht mehr erlaubt. Es dauerte über 10 Jahre, bis unter Federführung von Herrn Walter Feldt, ebenfalls langjähriger Beringer der Vogelwarte Radolfzell, ein Kunststoff entwickelt war, an dem ähnlich einer Teflonpfanne, nichts mehr haften bleibt. Die nun zum Einsatz kommenden ELSA-Ringe verkörpern diese neue Ringgeneration. Wenigstens zwischen Bein und Ring sind mir bisher keine Anhaftungen bekannt. Lediglich bei noch im Nest befindlichen Jungstörchen kann durch den engen Kontakt zum Nestboden eine Verschmutzung dazu führen, dass die Ringinschrift nicht gut erkennbar ist. Beim ersten Kontakt mit Wasser, ist der Ring dann wieder sauber. Eine persönliche Adresse sei noch an Elke gerichtet: Ich kann nicht ausschließen, dass einer oder einige meiner rund 1.500 Ringstörche in ihrem späteren Leben durch meinen Ring beeinträchtigt waren. Ich hoffe, dass sich solche Beeinträchtigungen durch Kontakte mit Wasser möglicherweise wieder verringert haben und die behinderte Blutzufuhr wieder funktionierte. Man muss aber auch mit dem schlimmsten Fall, einem Todesfall rechnen. Als man von solche Fällen wusste, gab es bei uns keine Beringungen mehr. Durch markierte Störche wurde aber auch erst bekannt, welchen Gefahren sie ausgesetzt sind und wo die stärksten Gefahren lauern. Jeder tote Storch mit Ring unter einem Strommasten oder einer Stromleitung half gleichzeitig anderen Störchen das Leben retten. Ihr Schicksal wurde so bekannt und Stromversorger reagierten postwendend, während ein unberingter Storch unter einer entsprechenden Stromanlage zu keiner weiteren Reaktion nötigte und einfach vergraben wurde. Du siehst Elke, dass man in vielen Bereichen der Storchenarbeit auch mit Kompromissen leben muss und jeweils für sich abwägen sollte, in welche Richtung man sich begibt. Allen alles Recht zu machen, ist eine Kunst, die nie gelingen wird. Der neue Ring verspricht Positives, doch das haben auch die „Macher“ des damaligen Ablesringes gedacht.  Zum Trost für alle: Es gibt Hunderte, nein Tausende von Ringstörchen, die wieder ins Brutgebiet zurückgekehrt sind, jedes Jahr erfolgreich gebrütet haben, zwanzig Mal und öfters die Reise nach Afrika angetreten haben und immer ohne Behinderung zurückgekehrt sind. Und dessen seien Sie versichert: Die geschilderten Fälle betreffen nicht einen Großteil, sondern einen winzigen Prozentsatz aller beringten Störche.

Ich komme einer weiteren Bitte nach, denn im Nest in Dinkelsbühl gab es heute – zum Glück – in keiner Richtung Berichtenswertes. Viele wollen Ihren Tagebuchschreiber etwas besser kennen lernen. Über sein größtes Hobby wissen ja alle bereits Bescheid, sonst gäbe es wahrscheinlich kein Tagebuch und keine Hintergrundinformationen. Mein zweite Liebe (oder doch die erste?) gilt der Musik. Mit 40 Jahren lernte ich im örtlichen Posaunenchor das Spiel mit der Posaune, es folgten meine drei Kinder mit der Trompete sowie meine Frau Ingrid, mit der ich 27 Jahre verheiratet bin, ebenfalls mit Posaune. So ist meine Familie in der Lage ein Bläserquintett auf die Beine zu stellen und miteinander zu musizieren, was leider immer seltener zu realisieren ist. Eine noch längere Liebe gilt dem Chorgesang, den ebenfalls alle fünf Zieglers aktiv in der Feuchtwanger Kantorei der evangelischen Kirchengemeinde ausüben. Dass ich dort auch auf meine Frau stieß und sie dort kennen und lieben lernte, sei nur am Rande vermerkt. Die offenbar vorhandene Musikalität bei meinen Kindern hat bisher dazu geführt, dass Felicitas (24 Jahre) mit Gesang und Tobias (19 Jahre) mit Trompete, versuchen, ihre Liebe zur Musik auch später zum Beruf werden zu lassen. Bei Lucas (13 Jahre) „droht“ uns dies vielleicht auch noch. Eigentlich bliebe bei diesem Programm schon fast keine Zeit mehr, doch als Vertrauensmann im Kirchenvorstand der Feuchtwanger Kirchengemeinde besteht für mich noch Mitverantwortung für 5 Pfarrer, 20 Mitarbeiter in drei Kindergärten, für einen großen Friedhof, für Gottesdienstgestaltung usw. Das Wichtigste hätte ich fast vergessen. In die Schule gehe ich auch noch und betreue dort vorzugsweise die erste und zweite Klasse. Meine 27 Küken gehen gerne zu ihrem Herrn Ziegler und ich denke, dass sie keine Angst zu haben brauchen, von Ihrem Tagebuchschreiber zu herzlosen Kreaturen erzogen zu werden, die einmal jeden Vogel, den sie sterbend sehen,  liegen lassen und sich freuen, wenn sein Leiden möglichst lange dauert (derartige Attribute wollten mir einige Kommentare im Gästebuch unterstellen, es kann auch im Vetschauer GB gewesen sein!). Einige meiner Schüler möchten sich an dieser Stelle mit kleinen Zeichnungen ihrer Lieblingsvögel kurz vorstellen und meinen Lesern damit eine Freude machen.

Aileen, 2b

Aileen, 2b

Sarah, 2b

Linda, 2b

Stefanie, 2b

Auf dem alten Rathaus in Dinkelsbühl stehen auch heute vier Junge im Regen, im strömenden Regen. Erstmals hat sich eine kleine Pfütze im Nest gebildet, die auch dadurch bedingt ist, dass sich der Nestboden durch die Beanspruchung der letzten Wochen sehr verdichtet hat, durch die lange Trockenheit zusätzlich ausgezehrt ist und deshalb nicht so gut das Wasser durchlässt.


 Hast du auch nasse Füße?

Außer einer Verschmutzung der Körperunterseite ziehen diese Begleitumstände keine weiteren Folgen nach sich. Papa Georg zeigt sich souverän bei seinen Fütterungen und präsentiert sein Erkennungszeichen in prägnanter Weise (mehrere weiße Streifen auf den großen Armdecken des rechten Flügels).


Georg gibt heute Gas!

Auch Pauline lässt sich nicht „lumpen“ und erfüllt ihre Pflicht. Dabei artet die ganze Geschichte schon mal als ein Kampf ums Futter aus.


Pauline und der Kampf ums Futter!

Am Abend schließlich kann ich auch für Feuchtwanger wieder ein Storchenpaar zur Übernachtung auf dem Kamin des alten Rathauses begrüßen.

04. Jul. 03

Die Wetterlage ist auf dem besten Wege, erneut in Richtung Sommer durchzustarten. Es gab zwar die letzten Tage nur Temperaturen mehr oder weniger deutlich unter 20 Grad, aber für den Sonntag und die darauf folgenden Tage werden wir und die Dinkelsbühler Storchenfamilie wieder solche von 25 Grad und darüber erleben. Storchenherz, was willst du mehr? Vier gesunde Junge, die sich mit Macht der Vollendung der sechsten Lebenswoche nähern und ein Paar, das seinen Aufgaben in bewundernswerter Weise nachkommt. Es bleibt dem Paar auch nichts anderes übrig! Es handelt so, wie es von seiner Konstitution für die Aufgaben während der Brut und Jungenaufzucht prädestiniert ist. Von Ringpaaren (beide Partner eines Paares tragen einen Ring und sind deshalb eindeutig identifizierbar) weiß man, dass es unter diesen solche gibt, die signifikant höhere Nachwuchszahlen hervorbringen als andere von bekanntem Alter und Herkunft, die durch die Bank nur wenig Bruterfolge zeitigen. Ferner ist schon lange bekannt, dass Erstbrüter und daher in der Regel sehr junge Störche (zwei oder drei Jahre alt) die geringsten Bruterfolge aller Altersklassen innerhalb einer Storchenpopulation hervorbringen. In meiner Zulassungsarbeit zum Lehramt an Volksschulen mit dem Titel „Populationsdynamische Untersuchungen am Weißstorch in Franken“, die ich im Jahre 1977 verfasste und die auch der nette Gästebuchschreiber aus Erlangen mit falschem Titel (obwohl er die Arbeit besitzt) in seinem Eintrag erwähnte, wertete ich erstmals für Gesamtfranken die Bestandsverhältnisse seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus und brachte sie in Zusammenhang mit der Auswertung von bis dahin rund 150 Ablesungen fränkischer Brutstörche oder in Franken abgelesener Störche aus anderen Regionen. Einen Großteil der Ablesungen konnte ich bis 1977 durch unermüdlichen Einsatz und jährlich Tausende von Kilometern Fahrt selbst erbringen und war damit für die Auswertung der Ergebnisse der kompetenteste Bearbeiter. Bis heute hat sich die Zahl meiner Ablesungen von Brutstörchen in Franken auf rund 500 erhöht. Davon kann unser Gästebuchschreiber nur träumen, da sich er und seine Helfer mehr auf das Vertuschen von Datenmaterial berufen. In den letzten 20 Jahren erhielt ihr Tagebuchschreiber keine einzige Ablesung aus der Gruppe um den Gästebuchschreiber aus Erlangen, denn bei der Vogelwarte ging bis heute auch keine einzige Meldung eines von mir beringten Storches ein (obwohl alljährlich solche präsent waren). Diese Tatsache kann nur damit erklärt werden, dass man in dieser Gruppe von aktiven Storchenschützern nicht in der Lage ist, Ablesungen zu Stande zu bringen oder – und dies trifft im vorliegenden Fall schon eher zu – wissenschaftliche Daten bewusst verschleiert. Man möchte damit seine Macht gegen einen Storchenschützer aus Feuchtwangen demonstrieren, der so um die Früchte seiner Beringungsarbeit gebracht werden sollte (gelang natürlich nicht, aber schon der Versuch ist mies!). Mit derlei Kindergartenmethoden muss man sich herumschlagen, wenn man eine differenziertere Sicht der Dinge zu seiner Meinung macht als andere.

Zurück zu Nachwuchssorgen mancher Störche und deren möglicher Ursachen. Es ist nicht nur Nahrungsmangel, der zum Tod von jungen Störchen im Nest führt. Wenn in Vetschau zwei Junge im jüngsten Alter gefressen und aus dem Nest befördert werden, so ist das bedauerlich, aber kein Mensch der Welt kann und sollte dies verhindern. Denkbar ist genauso der Fall, dass einer oder beide Partner mit vier Jungen einfach überfordert sind. In Saulgau versuchte über viele Jahre ein beringtes Paar, es stammte aus einem Ansiedlungsversuch, Junge zum Ausfliegen zu bringen. Es kam nie dazu. In ihrer Not wandte sich die Stadtverwaltung an den Naturschutz, ob es nicht möglich sei, die „Alten“ oder besser die „Unfähigen“ einfach abzuschießen, um endlich wieder Junge im Nest zu erleben. Bei Überwinterern kann ohne eine solche absurde, aber doch so angedachte Lösungsmöglichkeit 20 Jahre auf das natürliche Verschwinden solcher „Hausschweine“ gewartet werden. Zweifache Bettelaktionen, wie jetzt zum Beispiel in Vetschau, sind für überforderte Störche (Alter, Konstitution) einfach erträglicher als der physisch bedeutend höhere Aufwand mit vier Jungen. Doch ich kenne jemanden, der schon immer forderte, dass die Anzahl der gelegten Eier mit der Zahl der ausfliegenden Jungen gleichgesetzt werden muss, koste es, was es wolle. Wie wäre es, wenn man jeweils schon die Eier sofort nach der Ablage durch das Weibchen aus dem Nest entnähme (mit dieser Strategie wäre es sogar denkbar, dass ein Storchenweibchen auch mal zur Produktion von 10 Eiern animiert werden könnte)? Ein Ei bliebe dann maximal im Nest, die restlichen kämen in eine Brutmaschine. Die Aufzucht der Jungen selbst bereitet überhaupt keine Schwierigkeiten und bayernweit hätte man dann pro Jahr – ich staple mal bewusst tief – um die 500, vielleicht sogar knapp an die Tausend Jungstörche (im Moment sind es so um die 200 jährlich). Dies veranlasste denselben Storchenpapst aus Erlangen in richtiger Weise zu der Bemerkung, dass in Bayern jährlich 200 bis 300 junge Störche den schrecklichen Hungertod sterben müssen und er dies auf keinen Fall unterstützen wolle. Sie verstehen! Pro Paar 5 Eier = 5 ausfliegende Junge mal Hundert Paare ergibt tatsächlich 500 „Pflichtjunge“ jährlich in meinem Bundesland. Dann zieht man die 200 Überlebenden ab und es bleiben die 300 Hungertoten übrig. Natur ist doch so einfach zu verstehen, wenn man die richtige Ausbildung auf mathematisch-naturwissenschaftlichem Gebiet besitzt. Sollte man nicht angesichts solch erschütternder Erkenntnisse, schnellstens an die Verwirklichung einer groß angelegten Zuchtanlage nach oben beschriebenem Muster gehen? Die Kosten wären sicher nicht ganz so niedrig, doch ein grandioses Spendenaufkommen wäre gesichert. Fernsehteams würden sich in der nicht gerade knapp bemessenen Großanlage am Stadtrand von Erlangen tummeln, wo der Verkauf von Werbeartikeln rund um den Storch in Verbindung mit fränkischer Küche aus zahlreichen Imbissbuden einen Großteil der Kosten decken könnte. Bei Kindernachmittagen und wöchentlichen Großveranstaltungen würde man  hämisch ins westliche Mittelfranken blicken, wo ein etwas weltfremder Kauz, sich gegen alle Vorschriften wendend, auf nur noch drei Storchenhorste blickt, in denen zusammen gerade ein Jungstorch schwach und hinkend dem Ausfliegen entgegen sieht, das wiederum mit dem sicheren Tod an einem ungesicherten Strommast endet. Inzwischen denkt man in Erlangen bereits an eine Überdachung des gesamten Geländes, die man sich durch wirtschaftliches Arbeiten locker leisten kann. Es bestünde dann für Besucher und Bewohner der Anlage keine Gefahr mehr, nass zu werden. Denn bei Starkregen müssen alle Jungen immer noch ins Trockene gebracht werden. Die dafür erforderlichen hohen Personalkosten würden dann natürlich entfallen.

Diese kleine Replik in die Zukunft soll Ihnen die Möglichkeit, wohin der Zug in Sachen Storchenschutz fahren kann, einmal drastisch aufzeigen. Manches ist gar nicht so abwegig gedacht, denn es hat sich auf diesem Gebiet schon oft ähnlich ereignet. Sollten sich noch lebende Personen als Akteure darin wiederfinden, so geschah dies rein zufällig und war nicht beabsichtigt. Wenn die Glosse zum Denken anregt, so soll sie Andersdenkenden ein wenig zur Diskussionshilfe gereichen. Wer polarisiert, sollte seine Leser nicht einfach hilflos im Regen stehen lassen. 

Mit der anschließenden kleinen Bilderschau soll noch bewiesen werden, dass man in Dinkelsbühl von derlei Visionen nach meilenweit entfernt ist und hoffentlich allzeit davor bewahrt bleibt.

Mittagessen, Kinder! – Fein, Papa! Vierfacher „Hochstand“
Auch Einbeiniges Stehen will gelernt sein! Mit viel Schwung!
Nach dem Essen sollst du ruh'n Schnabelfechtereien!
Bis zum
letzten
Happen
Konspirative Sitzung zum Thema:
Zukunft des Storchenschutzes!
Referent: N.N.

Ob Eingriffe am Nest, die als vermeintliche Hilfeleistungen getarnt sind, immer den Störchen weiter helfen, sei dahingestellt. Ein ansiedlungswilliger Storch, muss sich in Zukunft nach Angaben des Erlanger Storchenexperten mit einer  „.....fortschrittlichen Nestunterlage aus rostfreiem Stahl mit peripherem Lastabzug, so dass der Nestboden frei von Strukturmaterial wird (ideal für Wasserdurchlässigkeit und Trocknung)“, anfreunden. Das ist doch schon was! In Feuchtwangen und Westheim haben die Störche – kaum zu glauben – allein in diesem Jahr jeweils die Abdeckplatte eines Kamins ohne peripheren Lastabzug ausgewählt und den rostfreien Stahl (Technokraten an die Front!) dürfen diese ebenfalls nicht genießen. Sie hatten doch die bodenlose Frechheit, einfach dorthin zu bauen, wo ihnen der Schnabel gewachsen ist. Nicht einmal ein schäbiges Wagenrad hatte man ihnen geboten, doch die Zeiten sind ja schon längst vorbei, in denen Störche machen konnten, was s i e wollten.

05. Jul. 03

Mit dem heutigen Tag vollenden unsere Musketiere ihre sechste Lebenswoche. Hätten Sie mich zu Anfang der Brutzeit gefragt, ob aus dem Vierergelege auch vier Junge zum Ausfliegen gebracht werden, hätte ich keinen Pfifferling darauf gewettet. So muss man sich manchmal eines Besseren belehren lassen. Doch mit dieser von Georg und Pauline praktizierten „Belehrung“ kann ich mich ohne Weiteres abfinden. Nachdem wir alle zusammen im letzten Jahr auf so viele Proben gestellt wurden und wochenlang nur auf ein leeres und dann immer weniger werdendes Storchennest blicken konnten, hatten wir heuer schon eine Verbesserung verdient. Dass es nun fast schon zum Maximum in puncto Nachwuchs gereicht hat, ist auch eine kleine Belohnung für all die, die unserer Website und meinem Tagebuch die Treue gehalten haben. Dass natürlich die Kameraseite einsamer Spitzenreiter bei den Zugriffen innerhalb der Homepage des BN ist und bleiben wird, ist ja nur zu verständlich. Hier passiert all das, was man ungeschminkt und ohne jegliches Missverständnis betrachten und sich darüber freuen kann. Mit etwa 20% der Seitenaufrufe liegt die Schanppschussfunktion eindeutig und mit weitem Abstand an zweiter Stelle. Diese wunderschöne Möglichkeit, die unsere Technik mit Andreas Kamm als „Alleinunterhalter“ zur Verfügung stellt, lässt während einer Brutzeit kein Detail des Heranwachsens der Jungen aus und hält jede einzelne Entwicklungsstufe fest. Zu meinen eigenen, bisher rund 3000 Schnappschüssen kommen noch ungezählte, die mir treue „Seher“ immer wieder in  dankenswerter Weise zusenden. Als besonders fleißigen „Schützen“ möchte ich hier Jörg Dirks erwähnen, der mit zu einer lückenlosen Dokumentation beitrug. An nächster Stelle folgt in der Beliebtheitsskala unserer Homepage mit fast gleichen Prozentzahlen von etwas unter 10 Prozent das Gästebuch und das Tagebuch. Diese Aufteilung in der Rangfolge besteht seit Beginn der Übertragung aus dem Storchennest vor gut zwei Jahren. Auch dass wir uns mit Macht der 500000er – Marke bei den Zugriffen nähern, ist ein schöner Lohn für manchen Stress mit den Störchen und um die Störche.

Was passiert momentan im Nest? Es wird wieder spannend und aufregend! Denn mit jedem Tag mehr verstärkt sich die Unruhe unseres Quartetts. Neben längeren und kürzeren Ruhezeiten, in denen man nur gelegentlich mal den Kopf bewegt (also keine Angst, dass hier gleich alle vier gestorben sein könnten!),

Da wird doch nichts passiert sein?
Sind alle tot?
Gott sei Dank!
Ein neugieriger Blick!

werden sie zu wahren Furien, wenn ein Elternteil mit Futter erscheint.


Georg nimmt den Mund ganz schön voll!

Häufig merkt man schon geraume Zeit vorher (wenige Sekunden bis vielleicht eine Minute), ob Georg oder Pauline im Anflug sind. Waren die Kinder vorher ziemlich relaxt, so befällt sie eine plötzliche Unruhe und alle beginnen sich zu gruppieren. Schnabel in die Mitte des Nestes, Hinterteil zum Nestrand. So erwartet man den „Anflieger“. Da die Jungen aus ihrer hohen Position die Eltern schon aus einiger Distanz sehen und erkennen können (je nachdem, woher der Anflug erfolgt), sind die angesprochenen Reaktionen schon vor dem Auftauchen am Nest erkennbar. Sind Georg oder Pauline schließlich gelandet, geben die Jungen den Eltern durch energisches Stoßen mit dem Schnabel in Richtung Elternschnabel, zu verstehen, dass man Hunger hat. Die nächste Stufe führt dann zum Absenken des Elternschnabels in Richtung Nestmulde und zum gleichzeitigen Ausrichten der Jungenschnäbel auf einen Fixpunkt im Nest, der gleichzeitig Brennpunkt aller an der Aktion beteiligten Schnäbel ist.


Auf die Schnäbel, fertig, los!

Der Futterbringer öffnet schließlich seinen Schnabel sehr weit, während das Quartett den „Auswurf“ der mitgebrachten Nahrung erwartet. Passiert einige Sekunden noch nichts, richtet das Jungvolk jetzt seine Schnäbel schon fast in den Mundraum des „Alten“, um ja als erster an der Futterquelle zu sein. Erleichtern sich schließlich Pauline oder Georg und es kommt zur Nahrungsaufnahme durch die Jungen, werden die Bewegungen der Nestlinge extrem. Die Flügel sind ausgefahren, in der Hand an- und abgewinkelt und alles wird von pumpenden Bewegungen begleitet. Solange Nahrung noch im Nest liegt oder gefressen wird, bleibt es bei diesem Bild. Die Dinkelsbühler Jungen entwickeln während dieses Vorganges ein herrliches Bild, das einer aufblühenden Blume gleicht, die sich für Augenblicke entfaltet, um urplötzlich (das Futter ist alle) wieder in sich zusammen zu fallen.

Eine Blume blüht auf!
Georg hat für diese Schönheiten
keinen Sinn!
Und nun das
Gleiche mit
Mama Pauline!

Mit dem sofortigen Abflug des Fütterers kehren die Jungen wieder zur Normalität zurück.


Nach der Fütterung sucht Pauline sofort das Weite!

Dass alle Jungen inzwischen mühelos auf beiden oder auf nur einem Bein stehen können , ist eine schon lange erlangte Errungenschaft. Dass sie sich mit einem Bein auch an allen so erreichbaren Stellen des Körpers kratzen können, hat sich erst entwickelt, da ist die gleiche Tätigkeit mit dem Schnäbel schon leichter auszuführen. Aber wenn es einmal am Kopf juckt, muss halt der Fuß mit den Zehen herhalten. Die meiste Zeit des Tages verbringen die Jungen im Fersensitz, d.h. sie sind so halb aufgerichtet. Mit etwas Glück kann man die Beobachtung von vier stehenden Jungen machen.


Es geht doch!
Platz ist in der kleinsten Hütte!

Diese Position wird im Laufe der nächsten 14 Tage sicher an Bedeutung gewinnen, ist sie doch die Voraussetzung für eine intensive Bewegung des Flugapparates.


Hubschrauber im Anflug!
Man tut, was man kann!

Und schließlich gibt es noch die Liegend-Position, bei dem das Fersengelenk eingeklappt wird und dadurch eine Berührung der gesamten Bauchseite mit dem Nestboden gegeben ist. Schmutzige Körperpartien in diesem Bereich sind dann sichtbarer Ausdruck für Bodenkontakt. In den letzten Tagen konnte man schon des öfteren die mächtig in die Länge gewachsenen Hand- und Armschwingen bei manchen „Flugübungen“ bewundern. Wenn die Flügel angelegt sind, lassen sich unsere Erstgeborenen an dieser Messgröße von den beiden „Letztgeschlüpften“ noch relativ sicher unterscheiden. Ansonsten gleichen sich die Jungen immer mehr den Eltern an und wachsen nun ihrerseits aus dem Blickfeld der Kamera. Ich werde versuchen, morgen einen neuen Kameraausschnitt zu wählen und mit der Brennweite etwas zurück zu zoomen. Dazu muss nach Dinkelsbühl gefahren werden, denn eine Fernsteuerung für diese Kamerafunktion gibt es nicht, sondern dafür ist gute alte Handarbeit nötig. Das „Aus-dem Bild-Rücken“ beweist auf der anderen Seite aber auch, dass sich die Beine rasant in die Länge entwickelt haben. Mit etwas Glück – wenn der Blick frei auf das gesamte Bein frei ist – sieht man bei allen vier Jungen links über dem Fersengelenk den neuen schwarzen ELSA-Ring der Vogelwarte Radolfzell (auch die anderen Vogelwarten in Deutschland haben sich zur Verwendung dieses Rings entschlossen). Nicht unbedingt nötig, aber doch einen Hinweis wert, hat das Anbringen der Ringe am linken Bein in ungeraden Jahren (2003) zu erfolgen, am rechten Bein in geraden (2004). Sollten noch einige Tage vergehen und sich Alt und Jung immer mehr angleichen, kann man auch am Ring die Jungen von den Alten unterscheiden. Natürlich ist der kürzere und zum Schluss auch nie tiefrote Schnabel ein deutliches Erkennungszeichen, ganz zu schweigen von der schwarzbraunen und später allenfalls hellbraunen Beinfärbung der Jungen. Pauline und Georg zu unterscheiden, sollte in diesem Moment schon vielen möglich sein, ich werde auf den Schnappschüssen die „Personen“ immer mit benennen. Einige kleine „Hausaufgaben“ möchte ich zum Schluss noch loswerden: Achten sie, wie sich die „Standzeiten“ der Jungen entwickeln! Beobachten Sie mit gesteigerter Aufmerksamkeit, in welcher Weise die Unruhe des Quartetts zunimmt und in welcher Weise und wie lange Flügel ausgebreitet und bewegt werden (das ist beim 5-Sekunden-Takt allerdings schwer zu realisieren)! Wenn sie eine Fütterung erwischen, achten Sie, ob es Georg oder Pauline ist und wie sich ihr Fütterungsverhalten voneinander unterscheidet! Wann findet die letzte Fütterung statt? Im Augenblick ist es so kurz vor 22 Uhr. Wenn die Bilder der Webcam um 22 Uhr 30 plötzlich nicht mehr im gewohnten Takt aktualisiert werden, müssen Sie nicht an einen Defekt denken. Unsere Technik – sprich Andreas Kamm – hat die Kamera so geschaltet, dass während der Nachtstunden (aus Kostenersparnisgründen) nur alle 30 Minuten ein neues Bild gesendet wird. Noch eine letzte Hausaufgabe für heute: Gibt es schon jetzt Unterschiede in der „Flugaktivität“ der Jungen. Einer scheint mir ja schon ziemlich fortgeschritten zu sein. Und wann erfolgt die erste Sichtung eines freien Schwebens über den Nestboden, also kein Kontakt mehr zu diesem? Ich hoffe, mit dem neuen Eintrag wieder vielen eine ungetrübte Freude bereitet zu haben. Passen wir auf unser Quartett besonders gut auf und freuen wir uns auf viele weitere, hoffentlich nur angenehme und auch spannende Geschichten um Storch & Co.

06. Jul. 03

Ich wechsle heute zu einem etwas entfernteren Nestblick. Immer noch nahe, aber doch so, dass die Jungen im Stand meist komplett zu sehen sind. Wenn die „Sprungphase“ kommt, entfernen wir uns ein weiteres Stück vom Nest. Während des Einrichtens der neuen Kameraeinstellung gelang Wolfgang Horlacher schon einmal ein Schnappschuss aus dem „Weitwinkelblick“.


Das Storchennest einmal ganz anders!

So oder ähnlich müssen Sie sich in etwa das Schlussbild der diesjährigen Storchensaison vorstellen, dann aber ohne volles Nest. Ob es auch danach noch ein Bild – quasi als kleine Werbung für die Stadt Dinkelsbühl gibt – ist noch nicht entschieden. Warten Sie also die weitere Entwicklung ab. Da man das von der Kamera gesendete Bild des Nestes im Dachboden des alten Rathauses nicht sehen kann (kein Kontrollmonitor!), stellte ihr Tagebuchschreiber – wie auch in den bisherigen, vergleichbaren „Verstellsituationen“ – eine Handyverbindung zu seinem Sohn am heimischen PC her, der ihm dann die erforderlichen Anweisungen gab. Denn wir hatten vorher genau besprochen, wie der „Ausschnitt danach“ auszusehen habe. Nach etwa fünf Minuten hatten wir das gewünschte Bild im Kasten. Dass man vor Betreten des Rathausen einen Schlüssel holen muss, dessen „Besitzerin“ auch nicht immer zu Hause ist, sei nur am Rande erwähnt. Nach dem Einrichten der Kamera wechselte ich noch zu einem kleinen Kontrollblick ans Schaufenster der Adler-Apotheke, wo sich wieder einige Personen eingefunden hatten und dem Treiben im Storchennest mit Begeisterung zusahen.


Der neue Kamerablick! Ob sich Pauline auch so gefällt?

Dass der neue Router sowie der neue Server seit Inbetriebnahme am 11. April unter dem Dach des Rathauses in so beeindruckender Weise ohne eine Störung (von Konfigurationsproblemen ganz am Anfang abgesehen) arbeiten, verdient Respekt. Andreas Kamm von K&K Computersysteme hat dies zwar schon vorher in dieser Weise angekündigt, doch so ganz überzeugt waren wir davon nicht. Andreas behielt Recht und stellt damit seinen fachlichen Fähigkeiten ein überragendes Zeugnis aus. Sollte sich die Storchenkamera Dinkelsbühl in den nächsten Jahren weiter entwickeln, kommen wir an seinem Know –how sicher nicht vorbei. Einem aufmerksamen Betrachter der Kameraseite der Homepage dürfte nicht entgangen sein, dass seit kurzem der Link zu Helmut Wilflings Modehaus neben dem Bildfenster nicht mehr existiert. Dies geschah nicht, um Helmut zu ärgern, sondern ausschließlich auf Grund der Tatsache, dass über das „Haus Wilfling“ kein Sponsoring mehr betrieben wird. Alle technischen Anlagen, die für die Übertragung unserer Bilder benötigt werden, sind seit April ausgelagert. Helmut behielt den Empfänger für die Bildsignale und überträgt weiter Live-Bilder in ein Schaufenster seines Unternehmens. Dass er seine Homepage für zusätzliche Informationen aus dem Leben der Dinkelsbühler Störche bereit hält (siehe zum Beispiel den großartigen Film der Fremdstorchattacke!), steht außer Frage und Helmut wird, wenn es etwas zu berichten gibt, sicher immer im Gästebuch darauf verweisen. Wer nicht so lange warten will, soll einfach Helmuts Website seinen Favoriten hinzufügen. Ansonsten gebührt ihm als Mann der ersten Stunde und leidenschaftlichem Bastler die Ehre, während zweier Jahre unter nicht immer leichten Umständen die Bildübertragungen gesichert und wertvolle Dienste geleistet zu haben. Wer einen Besuch in Dinkelsbühl mit einem in Helmuts Laden verbinden möchte (gegenüber dem Nestgebäude), bekommt auf alle Fälle einen Espresso gratis und erfährt vieles über die Dinkelsbühler Störche aus erster Hand.

Wer von Ihnen das Getümmel während der Fütterungen mit Leidenschaft beobachtet, wird sich manchmal fragen, weshalb nicht das eine oder andere Junge dabei aus dem Nest gestoßen wird?

Who is who? – Getümmel im Nest mit Pauline

Erst recht bei den nun beginnenden, noch zaghaften Flügelbewegungen mag manchem schon der Atem gestockt haben und er oder sie sich schon mit dem Absturz des Unglücklichen abgefunden haben, doch siehe da! Beim nächsten Bild stand er immer noch im Nest und schien sich über Ihre Aufregung köstlich zu amüsieren.


Flügelspreizen mit einbeinigem Stehen!

Ich rate also jedem, sich in solchen Situationen möglichst cool zu verhalten und erst einmal damit zu rechnen, dass nichts passiert. Ein Reflex, der selbst nach hohen Sprüngen die Jungen immer wieder ins Nest zurückführt, wird unsere Freunde nicht so leicht ins Verderben stürzen lassen. Bei diesen Überlegungen sind mir zum Beispiel und Ihnen zum Trost die Nester von Graureihern mit Jungen in Erinnerung, die teils in den Baumkronen hoher und stark schwankender Bäume ebenfalls wild mit den Flügeln schlagen und das auch häufig zu viert oder zu fünft bei einem viel kleineren Nestdurchmesser schadlos überstehen. Das Dinkelsbühler Nest schwankt nur ganz unerheblich, wie ich beim Beringen feststellen konnte. Wind oder Berührungen, An- und Abfliegen der Altvogel lösen lediglich ein leichtes Vibrieren aus. Wenn man unser Quartett momentan in Rückenansicht im Fersensitz zu Gesicht bekommt, sieht man, dass auch die Schwanzfedern, die in letzter Zeit etwa zu kurz gekommen waren, einen deutlichen Wachstumsschub erleben durften. Sie lugen nun schon deutlich unter den schwarzen Armschwingen am angelegten Flügel hervor. Diese wichtigen Steuerorgane werden in Zukunft auch dazu beitragen, dass ein Manövrieren im Nest bei den ersten Sprüngen wieder auf sicheren Boden zurück führt. Warten wir noch gut eine Woche – also so um Mitte Juli herum – haben die Federn ihr Wachstum beendet und die Jungen die Größe des Altvogels beinahe erreicht. Schon jetzt werden die Schwingen immer häufiger gespreizt und gestreckt oder heftige Flügelschläge ausgeführt. Und anschließend folgen, von einem kurzen, etwas hölzern klingenden Geklappere begleitet, nach einigen unruhigen Schritten die ersten kurzen Luftsprünge im Gegenwind. Mit etwa 60 Tagen, das ist in unserem Fall so um den 25. Juli, kann mit den ersten Ausflügen gerechnet werden.

Zum Schluss einige Beobachtungen, die Sie durch eigenes Nachforschen bestätigen oder aber widerlegen können. Mit einbrechender Dämmerung, momentan in Dinkelsbühl so um 21:30 Uhr, tritt bei unserem Quartett eine deutlich sichtbare Ruhephase ein, in der man alle vier sehr lange in der Liegend-Position bewundern kann. Die Eltern übernachten nicht mehr auf dem sichtbaren Teil des Rathausdaches. Sie ziehen es also vor, in noch größerer Distanz zu den Jungen die Nacht zu verbringen. Bei einigen Fütterungen der vergangenen Tage kam es zweimal zu Begegnungen der Eltern am Nest. In beiden Fällen war Georg als erster erschienen und Pauline folgte ihm, während er noch Futter auswürgte. Und jedes Mal drängte sie ihn einfach vom Nest, obwohl er sich noch gar nicht „ausgekotzt“ hatte. Sage noch einmal einer, Pauline hätte in Ernährungsfragen nicht die Hosen an. Georg wirkte dabei reichlich verdutzt, als Pauline ihn so sang- und klanglos überrumpelte. Auch konnte man Georg – man beachte die Arbeitsteilung – nach den Regentagen mit reichlich Nistmaterial anfliegen sehen. Dies muss als sehr sinnvolle Maßnahme betrachtet werden, zu der Störche instinktmäßig veranlasst werden, wenn der Nestboden aufgeweicht und vielleicht zu nass erscheint. Macht weiter so, Georg und Pauline! Ihr seid für mich einfach Spitze und im weiten Internet so und so die Besten! Wer es schafft, im Umfeld von Dinkelsbühl vier Junge groß zu ziehen, verdient dieses Attribut uneingeschränkt. Wegen zahlreicher anderer Verpflichtungen (es war Sonntag und da galt es für mich im Kirchenchor und als Lektor das gottesdienstliche Leben der Kirchengemeinde bereichern zu helfen und außerdem war die Kamera neu einzustellen), fiel die Zahl meiner Schnappschüsse heute eher bescheiden aus.

07. Jul. 03

Heute vor sechs Wochen schlüpfte unser kleinster Jungstorch aus dem Ei. Damit sind nun alle „Viere“ in einem Alter zwischen 42 und 44 Tagen und haben bereits Dreiviertel der Nestlingszeit hinter sich. Ich denke doch, dass das Wetter insgesamt in diesem Sommer dem Storchennachwuchs mehr genützt als geschadet hat. Als der Regen ausblieb, wechselten Georg und Pauline auf Fischkost und später mit dem Einsetzen eines höheren Nahrungsverbrauches gab es dann die nötige Nagerkost in Gestalt von Maus & Co. Sind die Jungen erst einmal flugfähig, beginnt für sie auch die Zeit, sich ihre Nahrung selbst zu suchen. Dazu sind verständlicherweise einige Erfahrungen nötig, die es dann erst erlauben, erfolgreich auf Mäusejagd zu gehen. Nebenbei kommt es in dieser Phase aber weiterhin regelmäßig zu Fütterungen der Jungen durch die Eltern. Da Junge und mindestens einer der Altvögel meist gemeinsam auf Nahrungssuche gehen, kommt es vor, dass die Altvögel von ihren großen Kindern auf der Wiese angebettelt werden und Futter dann auch abseits des Nestes auswürgen. Regelmäßiger werden sie aber – wie in unserem Fall – dann von Georg oder Pauline nach ihrer Rückkehr im Nest gefüttert. Diese Phase währt vielleicht 14 Tage mit abnehmender Tendenz, das heißt die Fütterungen werden seltener und schließlich auch ganz eingestellt. Bis es so weit ist, dürfen wir das immer turbulenter werdende Treiben im Nest beobachten und sicher mehr und mehr genießen. Dass es inzwischen schon zum guten Ton gehört, die Flügel zu spreizen und heftigst damit zu schlagen, dürfte keinem mehr entgangen sein. So gelangen besonders Darklord einige eindrucksvolle Schnappschüsse.

Trainingsstunden

Dabei entdeckte ich, dass zumindest einer der Jungen im Bereich der Armschwingen doch die eine oder andere Lücke offenbart, wo eine solche gar nicht vorgesehen ist.

Sind hier Lücken in den Armschwingen oder nicht?

Ob diese Lücke nun die Flugeigenschaften in dramatischer Weise verschlechtert, glaube ich zwar nicht, aber von Vorteil kann ein solches Loch wahrlich nicht sein, wird an dieser Stelle doch der tragende Auftrieb jäh unterbrochen. Ob auch die Hand Lücken aufweist oder bei anderen Jungen ähnliche „Defekte“ vorliegen, wird die Zukunft erweisen. Nun mausern Störche ja regelmäßig, das heißt abgenutzte und alte Federn werden ersetzt. So fehlen bei erwachsenen Brutstörchen eigentlich immer mal Federn – auch am Flügel. Dies geschieht sukzessive, so dass die Flugtauglichkeit nicht beeinträchtigt wird. Bei Jungen, die ihre erste Federgeneration tragen, entwickelt sich normalerweise schon ein kompletter Federnsatz, aber halt nicht immer. Ein Jungstorch des Mosbacher Storchenpaares hatte eine ähnliche Fehlbildung, allerdings im Bereich einiger Handschwingen. An dieser Stelle wirkt sich dies natürlich viel entscheidender aus. Deshalb landete dieser Storch auch bei seinem ersten Flug im Hof eines benachbarten Anwesens. So weit muss man bei unserem Mitglied der Viererbande nicht gleich gehen. Doch vom Tisch ist die Sache damit noch nicht. Es bleibt aber keine andere Wahl als zu warten, bis er oder sie schließlich auf dem Altrathausplatz landen, um ihn dann in Gewahrsam zu nehmen. En Eingreifen zum jetzigen Zeitpunkt würde die gesamte Brut gefährden, da ein Abspringen der Jungen dabei nicht auszuschließen wäre. Aber denken wir an eine solche Möglichkeit erst ganz zum Schluss. Im Augenblick besteht kein Anlass zur Sorge und wahrscheinlich ist unser Freund auch so flugfähig. Wenn alle so mühelos versorgt von Pauline und Georg versorgt werden können die Vierlinge ja weiterhin nur Loblieder auf ihre Eltern singen.

Mama, was hast du
heute mitgebracht?
Papa, hast du einen
langen Hals!
Vier
Chorknaben

 

08. Jul. 03

Dieser Tag brachte der Technik – sie war erst vorgestern im Tagebuch so überschwänglich gelobt worden – die erste größere Störungsmeldung überhaupt. Gegen 18:35 Uhr am frühen Abend verabschiedete sich das Bild, bzw. die Aktualisierungen erfolgten nicht mehr. An der Kamera lag es nicht, denn die läuft seit Ihrer Inbetriebnahme im April 2001 ohne eine Pause und ohne einen einzigen Ausfall. Da sind schon eher einmal Router und Server betroffen, die nicht selten bei hohen Temperaturen unter dem Dach (40 bis 45 Grad) schon einiges zu erdulden haben. Kurzfristige Stromausfälle können das System auch einmal für längere Zeit zum Ausfall bringen. Eine dicke Entschuldigung deshalb für die entgangenen Freuden mit unseren Störchen. Während ich dies schreibe, läuft das Bild allerdings schon wieder, so dass die Ausfallzeit – eine ganze Nacht mit eingerechnet – bei etwas über 17 Stunden lag. Sie werden und Sie müssen es verschmerzen, gerade weil es doch so selten vorkommt. Mit unseren Jungen läuft es weiter wie am Schnürchen. Ihre gestiegene Aktivität im Nest wird in nächster Zeit nicht ganz ohne Spuren in diesem Bereich bleiben.


Aufstehen! Die Sonne scheint!

Der die eigentliche „Nestmulde“ umgebende Kranz aus Ästen wird mehr und mehr nach außen getreten werden, dabei flacher werden und in Teilen sogar abbrechen.


Erinnerungen an die Bremer Stadtmusikanten!

Am linken Nestrand sowie vor dem Turm der Paulskirche deutet sich diese „Neuerung“ bereits an.


Vorsicht! Ich starte!

Heute gelang es mir erneut, an den Bewegungen der Jungen vor dem Auftauchen des Altvogels zur Fütterung, diese vorherzusagen.

Schaut mal da oben! Papa ist im Anflug! Bin schon da, Kinder!

Schon eine knappe Minute vorher blickten die Jungen mit seitlich verdrehtem Kopf (Augen senkrecht in den Himmel gerichtet) umher. Dies machten alle und unmittelbar darauf „fiel“ Georg ins Nest und fütterte.

09. Jul. 03

Gegen 11:50 Uhr lernen die Bilder unserer Kamera wieder laufen und die Störung, welcher Art sie auch immer gewesen sein mag, ist behoben. Zur Belohnung für einige Stunden „Gucken in die Röhre“ erleben wir gleich Pauline bei einer ihrer strammen Fütterungen, bei der einiges an Nahrung den Besitzer wechselt. Tief gebeugt in die brodelnde Masse ihrer Jungen gibt sie ihr Bestes und muss den einen oder anderen Schnabelhieb einstecken.

Pauline muss nun
wieder ran!
Pauline ist abgetaucht!
Wer kann sie entdecken!

Dies alles geschieht aber stets immer in dem Bestreben, niemanden zu verletzen. So tritt immer rechtzeitig eine Hemmung ein, die beiderseits die Aggression minimiert. Es wäre ja wirklich nicht im Sinne des „Erfinders“, würden sich Junge und Altvögel in dieser Phase der Entwicklung „beschädigen“. Pauline und ihren Gemahl sieht man schon seit Tagen wirklich nur für den jeweiligen Fütterungsvorgang im Nest.


Bei Georg ist es nicht anders!
Er erscheint bereits drei Minuten nach Pauline!

Sobald dies erledigt ist, schweben sie davon und selbst die Ruhezeiten auf dem Dachfirst hinter dem Nest dauern nur wenige Augenblicke. Sie hätten neben dem nicht in reichem Maße vorhandenen Platz auch keine Ruhe. Die Vierlinge würden unablässig nach Futter gieren. Da ist es schon besser, sich an ein stilles Örtchen zu verziehen, es kann ja durchaus in der Nähe sein. Nur ist es für unsere Helden im Augenblick mangels Flugtauglichkeit (noch) nicht erreichbar. Regen blieb auch heute wieder Mangelware. Es gab einfach keinen! Nach einigen trüben und auch kühleren Tagen, legt der Sommer nun erneut zu und soll bis zur nächsten Woche abermals zur Höchstform auflaufen. Nichts dagegen! Wir können uns in den Schatten zurückziehen und die „Fab Four“ sind solche Verhältnisse eh gewöhnt. Wenn sie zudem im Laufe des August ihre große Reise antreten, dann erleben sie im Winterquartier in Westafrika oder im Großraum „Sudan“ mit Sicherheit regelmäßig noch höhere Temperaturwerte als sie in Dinkelsbühl jemals gemessen werden. Sie müssen somit unsere Nicht-Mehr-Kleinen keineswegs bedauern, sondern dürfen ihnen schon einige Hitzresistenz zutrauen. Man steht immer häufiger, man bewegt die Flügel immer ausgeprägter, man geht schlicht und einfach in die letzte Phase vor dem großen Absprung. Dass es nun fast nur noch um die Weiterentwicklung des Großgefieders geht, wird schnell verständlich, wenn man sich überlegt, dass unser Quartett drei Wochen nach seinem Abzug aus Dinkelsbühl (so zwischen Mitte und Ende August – wenn alles normal läuft) bereits 4500 Kilometer von der schönen Stadt an der Wörnitz entfernt ist. Auf nachfolgendem Schnappschuss sieht man wunderschön die Armschwingen am linken Flügel des größten Jungen. Die inneren sechs Armschwingen – soweit sichtbar - tragen silbrige Außenfahnen, während die äußeren (mehr zum Körper hin) der insgesamt 22 Armschwingen rein schwarz sind. Von den 11 Handschwingen tragen an unserem Musterbeispiel die vier inneren, kürzesten Handschwingen ebenfalls diese im englischen „frosted grey“ bezeichnete Farbschattierung, während die 7 verbleibenden langen und sehr langen Handschwingen nicht voll entfaltet sind und ohne diese hellgraue Markierung im frischen Zustand bleiben.

Dieser so genannte Storchenexperte kann sich jetzt nicht mehr über unser Gefieder auslassen, sondern wir zeigen ihm einfach unsere kalte Schulter.

Allein macht es auch
mal wieder Spaß!
Und rudern können wir jetzt
abwechselnd auch wieder!

 

10. Jul. 03 Da Lehrer – wie gemeinhin bekannt – zweimal im Jahr auch etwas arbeiten müssen, besteht für mich gerade diese Notwendigkeit. Für weniger mit der Lehrermaterie befasste Zeitgenossen sei nicht verschwiegen, dass Ihr Tagebuchschreiber und im Hauptberuf Volksschullehrer sich momentan mit dem Verfassen der Jahreszeugnisse seiner Zweitklässler abquält. Ich sollte lieber sagen: „Abmüht“. Es ist nicht ganz einfach während zweier Schuljahre und über vier Zeugnisse verteilt, möglichst immer andere Formulierungen über das Verhalten und den Leistungsstand der Schüler auf einer ganzen DIN A4 – Seite auszubreiten. Bis Dienstag muss und wird auch diese Arbeit getan sein und damit der letzte große Brocken auf dem Weg in die Ferien aus dem Weg geräumt sein. Ich erzähle dies, um bei Ihnen Verständnis zu finden für einen einmal etwas kürzer geratenen Eintrag im Tagebuch. Einige Schnappschüsse des Tages sollen Ihnen als kleine Entschädigung und zur Dokumentation des Wohlergehens unserer vier Jungen dienen.
 
 Morgenlicht
leuchtet!
Pauline begibt sich
erneut ins Getümmel
Kein
Durchblick!
Nun ist Georg in der Höhle der Löwen! Georg auf der Flucht!
Glück gehabt! Alle haben sich von ihren Plätzen erhoben!

 

11. Jul. 03

Ein schöner Tag folgt dem anderen. Da kann man schon ein wenig wehmütig werden, wenn man an die Monate denkt, in denen das Storchennest leer sein wird. Die längste Zeit durften wir das Geschehen live verfolgen. Nun bleiben vielleicht noch maximal acht Wochen, ehe die Jungen und schließlich auch Georg und Pauline verschwinden werden. Oder sollte es doch anders kommen? Werden alle Jungen den Absprung gesund und wohlbehalten überstehen. Wird einer – ähnlich wie in Mosbach im vergangenen Jahr – uns fast bis Weihnachten auf Trab halten und damit die Storchenzeit verlängern? Ich will es nicht hoffen, sondern bin ganz und gar zufrieden, wenn alles in der Schlussphase ganz normal verläuft.


Sie wachsen und wachsen

Ich möchte nicht vergessen, sie ein weiteres Mal auf unsere Spendenaktion hinzuweisen. Das kleine Paradies an der Wörnitz zwischen Gerolfingen und Reichenbach wird den beiden benachbarten Storchenpaaren in Gerolfingen und Wassertrüdingen sicher eine Hilfe in Nöten sein. Was sich sonst an Kostbarkeiten botanischer und zoologischer Art in dieser Fläche verbirgt, soll der kleine Bericht am Schluss dieses Tagebuchteiles ein wenig beleuchten. Es ist nur ein winziger Ausschnitt, der zeigt, dass sich ein finanzieller Beitrag – egal wie groß er ausfällt – lohnt. Rund 10% der Kaufsumme, die der Bund Naturschutz bereit stellen muss, sind bereits von Ihnen gespendet worden. Das ist mehr als wir uns nach so kurzer Zeit hätten träumen lassen. Dafür danke ich im Namen der Kreisgruppe Ansbach des Bund Naturschutz schon einmal ganz herzlich.

Dass unser Quartett nun schon auf die Vollendung ihrer siebten Lebenswoche zugeht, lässt den Ausflugtermin damit immer näher rücken. So beinhalten die beiden nächsten Wochen doch eine Menge an Spannung und ich freue mich schon auf den ersten Schnappschuss, der nicht mehr vier Junge im Nest zeigt und damit belegt, dass man auf Ausflug gegangen ist. Wie schnell die Jungen wachsen, beweist die Tatsache, dass beim Stehen in aufrechter, gestreckter Haltung die Köpfe bereits wieder aus dem oberen Bildrand wandern und damit bald eine neue Kameraeinstellung fällig werden wird. Dann sollte es möglich sein, auch die ersten Sprünge besser zu verfolgen. Im momentanen Alter besteht nun zwischen Jung und Alt kein großer Gewichtsunterschied mehr. Im Gegenteil, die Gewichtskurve bewegt sich sogar ein wenig auseinander und die Jungen sind schwerer als ihre Eltern. Deshalb beginnt bald für die Jungen eine Diät-Phase, in der die Alten die Futtergaben und somit auch das Gewicht der Jungen reduzieren.

Georg gibt sein Bestes... ...und sucht schnell das Weite

Dadurch soll einmal ein günstigeres Fluggewicht erreicht, zum anderen auch die Bereitschaft gestärkt werden, die Jungen zum Ausfliegen zu veranlassen. Wer einen knurrenden Magen verspürt, wagt vielleicht den Absprung eher, als wenn man ihn nach wie vor über die Maßen im Nest mit Futter versorgt und quasi einen Mast-Storch aus seinen Kleinen macht. Bisher fanden alle Flügelbewegungen mehr oder weniger im Alleingang statt. Das heißt, wenn einer seine Flügel bewegte, hatten die Geschwisterchen Pause und schauten dem Treiben allenfalls zu.

Mann, braucht der viel Platz! Das ist die Platz sparende Variante!

Am Abend sitze ich um 22 Uhr vor dem Cafe am Kreuzgang in Feuchtwangen im Garten, das Thermometer zeigt noch satte 23 Grad und es kommen echt mediterrane Gefühle auf. Der Eingang zum Geviert des romanischen Kreuzgangs entlässt gegen 22:45 Uhr etwa 600 Besucher der Freilicht-Theateraufführung „Der Brandner Kasper und das ewig Leben“ und der Marktplatz füllt sich mit Gästen aus Nah und Fern. Da ist doch richtig was los in meiner Heimatstadt! Dass das Storchenpaar über meinem Kopf auf dem Kamin des alten Rathauses durchaus interessiert dem Treiben zusieht, kann man fast aus ihrer Körperhaltung ablesen. Als sich gegen 23 Uhr eine große Besuchergruppe zur nächsten Sonderveranstaltung im Rahmen der diesjährigen Kreuzgang-Spielzeit begibt, verabschiede ich mich von meinen Chormitgliedern und dem Storchenpaar und gehe mit Frau und Sohn nach Hause.

12. Jul. 03

Die Sonne scheint auch an diesem Samstag unermüdlich vom Himmel. Da ich nicht gerade zu den Sonnenanbetern gehöre und ich eher die Hautfarbe „weiß“ favorisiere, macht es mir nichts aus, im relativ kühlen Arbeitszimmer zu sitzen und weiter Zeugnisse für meine Zweitklässler zu verfassen. Dass dabei nebenher schon der eine oder andere Blick ins Dinkelsbühler Storchennest möglich ist, gestaltet die ganze Angelegenheit wesentlich angenehmer.

Wieder ein Stückchen
größer!
Das kommt von der
guten Versorgung!
Wo ist
Georg?

Eine Frage, deren Beantwortung mich schon länger beschäftigte, konnte heute endlich aus der Welt geräumt werden. Wenn sie das abendliche Bild aus unserem Storchennest in letzter Zeit bis 22 Uhr verfolgt haben, wissen Sie, dass Georg und Pauline weder im Nest noch im Blickfeld der Kamera übernachten. Über die Gründe habe ich mich bereits in einem der vergangenen Tagebucheinträge geäußert. Ich fuhr nach Einbruch der Nacht zur Klärung dieser Frage ins benachbarte Dinkelsbühl. Schon in den vergangenen Tagen hatte ich in dieser Beziehung so meine Vermutung. Man muss sich ja nur die Nachbardächer einmal genau ansehen. An den Spuren auf dem Dach erkennt man dann genau, wo und wie lange sich Störche am jeweiligen Platz aufhalten. So trägt das Dach unter dem Kamin neben der Kamera schon lange ein weißes „Deckchen“. Ebenso das Ende des  Dachfirstes des Nestgebäudes. Weitere weiße Marken tragen seit geraumer Zeit das Dach unter der Giebelspitze des Cafes Haagen, schräg gegenüber des Neststandortes sowie das Dach unter der Giebelspitze der Buchhandlung Bauer. Heute entdecke ich Pauline und Georg auf den beiden zuletzt genannten Gebäuden. Wer nun wer ist und war, konnte ich bei den herrschenden Lichtverhältnissen nicht mehr ausmachen. Fest steht: Einer der beiden Elternteile wählte das Cafe Haagen, der andere die Buchhandlung Bauer zu seinem Schlafplatz. Auch wenn ich vielleicht jetzt für einen Macho gehalten werde, tippe ich beim Gast auf dem Cafehausdach auf Pauline, beim Besucher der Buchhandlung auf Georg. Es kann aber auch geradeso umgekehrt sein. Beide Standorte erlauben es den Eltern, das Nest genau im Auge zu behalten. Pauline sollte dabei etwas engeren Kontakt zu ihren Kindern halten (es ist ja schließlich die Mutter), während Papa Georg ein paar Meter weiter Stellung bezogen hat. Dass beide Ehepartner nun nicht eng aneinander gekuschelt auf dem selben Hausdach stehen, darf nicht überraschen, es ist in dieser Zeit der Jungenaufzucht ganz normal. Man hat eben andere Probleme und Sorgen und ist froh, seinerseits auch mal ganz zur Ruhe zu kommen. Ich werde die Schlafplätze in nächster Zeit immer wieder einmal besuchen und notieren, wie sie sich verändern und ob nicht weitere Gebäude in dieser Statistik auftauchen werden.

Immer schön der Reihe nach! Mama hat gesagt,
dass ich jetzt an der Reihe bin!
So klappt es doch! Wir müssen
uns nur immer einigen!

Auf der Hinfahrt führte mich der Weg über Mosbach. Ich wurde Zeuge einer Fütterung durch das vierjährige Weibchen. Die drei Jungen erhielten ihre Zusatzration im Nest, obwohl alle drei ihre ersten Ausflüge längst hinter sich haben. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Jungen die Insektennahrung in mühsamer „Kleinarbeit“ aus dem Nest gepickt hatten. Die Storchenmutter hatte in der Zwischenzeit schon ihren Schlafplatz auf dem Dach der Nachbarscheune  bezogen. Auf der Rückfahrt von Dinkelsbühl machte ich einen kurzen Zwischenstopp in Schopfloch. Dort fand ich gegen 22:30 Uhr drei Junge allein im Nest vor, während ein Altstorch auf einem Wohnhausdach an der Hauptdurchgangsstraße stand. Vom zweiten „Alten“ fand ich keine Spur, es war aber auch noch nicht vollkommen dunkel, so dass dieser durchaus auf Futtersuche gewesen sein konnte. Außerdem leuchtete ein Fast-Vollmond die Gegend noch ziemlich hell aus.

 

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Inzwischen sind weitere Spenden eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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