Storchenkamera
Storchentagebuch 2004
...was bisher geschah
Unterstützt durch
Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
Teil 6
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10. Mai 04
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Begleiten Sie mich heute auf meiner
Storchenreise entlang der Wörnitz ein Stückchen weiter.
Schon seit geraumer Zeit erhebt sich bei unserer Fahrt am
Horizont der Hesselberg, die mit 689 Metern höchste
Erhebung Mittelfrankens. Für geologisch und botanisch
Interessierte bietet dieser Zeugenberg eines ehemaligen
Jurameeres interessante Entdeckungen und ist schon allein aus
diesem Grund eine Reise wert. Natürlich müssen Sie damit rechnen,
dass an Wochenenden viele Menschen dort anzutreffen sind, die als
Model- und Gleitschirmflieger ihren Hobbys frönen. Wer sich mehr
nach Ruhe sehnt, sucht in Wittelshofen – vier Kilometer
östlich von Weiltingen – das Storchennest. Unterhalb des
Südabhanges des Berges am Zusammenfluss von Sulzach und Wörnitz
ist das Nest auf dem 25 Meter hohen Kamin der ehemaligen
Molkerei nicht zu übersehen und ragt weit über alle Häuser des
Ortes hinaus. Man muss schon weit zurückblicken, um in alten
Veröffentlichungen über den Storch in Franken Hinweise auf
Wittelshofen als Storchenort zu erhalten. Der von mir schon
häufiger zitierte Josef Gengler erwähnt Wittelshofen in
seiner Bestandsübersicht, die das Jahr 1903 betrifft und schreibt:
„Wittelshofen: Ein Nest stand seit urdenklichen Zeiten
auf dem Kamin des Pfarrhause. Vor etwa zehn Jahren ließ das
K. Landbauamt das Nest wegnehmen und neben dem Kamin auf dem First
aus Brettern eine Unterlage für ein neues Nest herrichten. Die
Störche kommen seitdem wohl in jedem Frühjahr auf einige Tage auf
das Pfarrhaus, verschwinden dann aber wieder.“ In allen späteren
Erfassungen des Storchenbestandes (in den Jahren 1933/35,
1958, 1965, 1974) taucht Wittelshofen nicht mehr auf. Die
Geschichte des Nestes kann im Folgenden auf Grund eigener
Beobachtungen weiter geschrieben werden. In meinen
Aufzeichnungen finde ich Wittelshofen erstmals unter dem Datum vom
5. Juli 1971: 2 ad. (=erwachsene) Weißstörche, beide
beringt, auf dem Kamin der Molkerei. Im Herbst des Jahres
1978 wandte sich der Leiter der Molkerei Wittelshofen
überraschend an mich und unterbreitete mir einen interessanten
Vorschlag. Da der Betrieb den Kamin nicht mehr benötige, wäre man
bereit, den still gelegten Kamin als Unterlage für ein Storchennest
zur Verfügung zu stellen. Die Idee sei ihm gekommen, nachdem er in
der Zeitung viel über meine Arbeit in Sachen Storchenschutz gelesen
hätte. Mein Freund Hans Tschunko kletterte kurze Zeit später auf den
Kamin, nahm die Maße und anschließend fertigte ein Schmied ein
entsprechendes Gestell an, das am 20. April 1979 mit
Hilfe der Feuerwehrdrehleiter aus Bechhofen am Kamin
befestigt wurde. Bereits am 16. Juni stand erst mal ein Storchenpaar
für einige Stunden im Nest, dem weitere Besucher folgten. Bereits im
nächsten Jahr, wir schrieben das Jahr 1980, gab es die erste
erfolgreiche Brut mit 3 ausfliegenden Jungen. Ein
weiteres Märchen wurde wahr und Wittelshofen hielt wieder Einzug in
den Kreis der Storchenorte. In den folgenden Jahren blieb der Erfolg
nicht aus. Bis 1995 war der Ort nur in einem Jahr nicht
besetzt. Bei 15 Bruten flogen 33 Junge aus. Doch das Jahr 1995
war überschattet vom Stromtod eines der Altvögel. Danach
verwaiste der Brutplatz und das Nest wurde nur noch sporadisch
angeflogen. Erst im Jahr 2002 fand die Geschichte eine
weitere Fortsetzung mit der Brut eines Paares und dem
erfolgreichen Ausfliegen zweier Jungstörche. Nach dem Verlust
der Jungen durch Kämpfe im vergangenen Jahr, hat sich in diesem
erneut ein Paar gefunden, das in diesen Tagen mit dem
Schlüpfen der Jungen rechnen kann.
Das Nest auf dem Kamin der ehemaligen Molkerei,
heute ist in Teilen des Gebäudes die
Gemeindeverwaltung untergebracht
Kamin und Nest im momentanen Zustand
Der
Regen hat aufgehört und die Temperaturen kletterten heute erstmals
wieder etwas über die 10-Grad-Marke. Von Sonne konnten wir auch
während dieses Tages nur träumen. Unser Paar betreibt seine
Brutgeschäfte weiterhin ohne Probleme und ohne jegliche Störungen.
Die Ablösungen erfolgen immer reibungslos. Die Burtanteile beider
Partner halten sich in etwa die Waage, d.h. beide brüten gleich
lang. Frisches Gras belebte über weite Strecken des Tages den
Nestinnenraum.
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Morgengruß
um 7:12 Uhr |
Ein Ei will
hoch hinaus! |
Frau Storch erscheint zur Ablösung |
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11. Mai 04 |
Die Regenzeit scheint zumindest im
Augenblick überstanden zu sein. Leider haben die Tage
zwischen dem 1. und dem 8. Mai in Mosbach an der
Wörnitz zu Verlusten unter den Jungen geführt. Da man
dort nicht in die Nestmulde sehen kann, sind einige
Schlussfolgerungen aus meinen Beobachtungen rein spekulativ. Fest
steht aber, dass am 6. Mai drei Junge im Alter von
ganz wenigen Tagen (1 bis 4 Tage) im Nest lagen, die beiden
Eltern diese huderten und mit Sicherheit weitere Eier bebrüteten. Am
8.Mai konnte ich jedoch während eines längeren Ansitzes am
Nest keine Jungen mehr ausmachen und ich vermutete an diesem
Tag bereits, dass die drei vom 6. Mai nicht mehr am Leben
seien. Da aber das Weibchen während meiner Anwesenheit eine Eischale
aus der Nestmulde entfernte und am Nestrand ablegte, musste neues
Leben im Nest sein. Dies konnte ich am 10. Mai
bestätigen, als ich erneut in Mosbach war und für kurze Zeit
einen Kopf aus der Nestmulde ragen sah. Auch heute, am
11. Mai, ergab sich für mich die gleiche Situation.
Ein Junges hat bisher überlebt!
Auf Grund dieser Beobachtungen schließe ich
folgendes. Die zuerst geschlüpften drei Jungen sind unmittelbar nach
dem 6. Mai verendet. Spuren fanden sich nirgends. Am 8. Mai
schlüpfte ein viertes Junges, das im Augenblick das einzige zu sein
scheint. Da man nicht weiß, wie groß das Gelege war, muss abgewartet
werden, ob noch weitere Junge schlüpfen. In den vergangenen beiden
Jahren bestand das Gelege desselben Weibchens aus jeweils 6 Eiern.
Heute brachte „Sie“ ausgiebig Futter in Form von Regenwürmern, die
sie in Rufweite zum Nest gesammelt hatte. Der morgendliche Nebel
zauberte an unserem Nest milchig zarte Töne. Die ganze
Szene hatte bei morgendlicher Beleuchtung etwas Unwirkliches und
konnte einen gewissen Reiz nicht verbergen. Ich wünschte mir öfters
solche Nebelbilder, bedeutet Nebel für unser Paar doch keinerlei
Gefahr. Vielleicht verzögert eine ganz dicke Nebelsuppe am Morgen
den ersten Abflug ein wenig. Nachdem sich der Nebel gelichtet hatte,
wurde es ein herrlicher Sonnentag, der bis zum Einbruch der Nacht
auch keinerlei Gewitter- oder Unwettergefahr erkennen ließ. So
können Mensch und Tier friedlich in die Nacht entschlummern. Kurz
vor 21 Uhr erschien der Storchenmama und auch in der
hereinbrechenden Dunkelheit wendete „Er“ die Eier, sehr zur Freude
Ihres Tagebuchschreibers, der noch einen letzten Schnappschuss
dieser Szene beisteuern konnte.
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Nebelimpressionen |
Sie lässt ihn
allein im Nebel zurück |
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Steh auf! Ich bin wieder dran! |
Der Tanz um das Gelege |
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Nun übernimmt er das Brutgeschäft! |
Eindeutig 4 Eier! Wo ist das 5.? |
Oder gibt es doch keines? |
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12. Mai 04 |
Ich kann und muss mich heute sehr kurz fassen.
Der Morgen begann mit herrlichstem Sonnenschein und so blieb
es fast den ganzen Tag über. Unsere beiden „Eltern in spe“ machten
ihre Sache ganz ausgezeichnet und sollten in knapp
zwei Wochen für ihre Leistungen auch belohnt werden. Ein
fünftes Ei ließ sich heute nicht einmal andeutungsweise im Nest
erkennen. Dafür gab es aber einige prächtige, durch nichts getrübte
Blicke auf das Ei-Quartett.
Nach Adam Riese komme ich
eindeutig auf vier Eier |
Schnell wieder
zudecken! |
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Da heißt es warten,
bis sich „er“ bequemt aufzustehen! |
Die Begrünung der Nestmulde gehört
weiter zum guten Ton! |
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13. Mai 04 |
Es war unserem Paar nicht vergönnt, das
Begonnene auch erfolgreich zu beenden. Da hatte doch
alles so reibungslos und glatt angefangen und bis in
die späten Nachmittagsstunden deutete nichts auf die
kommenden Ereignisse hin. Gleich vorab: Das, was geschehen
ist, wird man nie verhindern können und es gibt auch
keinen Anlass, deshalb sehr traurig zu sein. Darum bitte
ich alle meine Leser, den bitteren Verlust des Geleges zu
akzeptieren (es bleibt uns ja wirklich nichts anderes übrig!)
und den Blick nach vorne zu richten. Die Kamera wird
weiter laufen und sie wird das Geschehen der nächsten Tage,
Wochen und Monate ebenso aufzeichnen wie das Vergangene. Wer weiß,
was uns noch alles geboten wird? Ihr Tagebuchschreiber wird
auch darüber zu berichten haben und vielleicht kann ich Sie
im Weiteren über neue Erkenntnisse informieren und vielleicht
ereignet sich ja noch etwas, was uns über den Verlust
dieses Tages hinwegtröstet.
Ein Bild aus glücklichen Tagen!
Doch lassen Sie mich die Ereignisse, die
uns so betroffen machen, im Moment in kurzen Zügen zu
Papier bringen und in den nächsten Tagen auf gewisse Details und
Fragen, die im Gästebuch angeschnitten wurden, antworten. Das
Unglück nahm – wie sich später herausstellte - bereits in den
späten Nachmittagstunden seinen Lauf. Ich saß um 17
Uhr, wie meist, wenn ich schulische Dinge zu erledigen habe, am
Computer und hatte dabei ein Auge auf das Kamerafenster
mit dem Bild vom Dinkelsbühler Storchennest geworfen. Um 17:05
Uhr fertigte ich einen Schnappschuss des die Eier wendenden
Weibchens, während ihr Gemahl am Nestrand stand und sich der
Gefiederpflege hingab.
Sie kümmert sich um das Gelege, er ordnet die Federn!
Um 17:18 Uhr hatte ich bei einem
Bildwechsel eine Szene vor mir, die die beiden Dinkelsbühler Störche
weiter im Nest zeigte, aber auch Teile eines dritten Storches.
5 Sekunden später (ein Schnappschuss gelang mir dabei nicht) standen
beide Dinkelsbühler und die vorher frei liegenden Eier, waren fast
komplett mit Gras zugedeckt. Ich denke aber nicht, dass in diesen
Augenblicken der Fremdstorch im Nest Fuß gefasst hatte.
Luftalarm!
Wir sind aber auf Draht! |
Nun habe ich die Eier
wieder versteckt! |
Die Abwehrmechanismen des Paares griffen in
diesen Momenten einwandfrei und wie es sich gehört, flog Papa-Storch
mehrmals in der Folgezeit vom Nest und versuchte, außerhalb des
Blickwinkels der Kamera den Eindringling zu vertreiben. Er erschien
zwischendurch immer wieder am Nest, es wurde gedroht, geklappert und
die ganze Größe zur Schau gestellt. Die Szene beruhigte sich
vermeintlich und Ihr Tagebuchschreiber entfernte sich von seinem
häuslichen Ansitz, da ihn weitere Verpflichtungen außer Haus riefen.
Diesen Zeitraum überbrückte allerdings zu meiner Freude
Helmut Wilfling, Anrainer des Storchennestes und Inhaber eines
Modehauses am Ledermarkt. Da bei ihm per Funk die Kamerabilder in
Fernsehqualität und als Livestream auflaufen, konnte er einen
weiteren Angriff um 17:47 Uhr dokumentieren.
Hoffentlich geht das gut!
Diese Attacke erwies sich schon als
ernster und heftiger, doch auch hierbei konnten die
„Dinkelsbühler“ die Oberhand behalten und ein längeres Bleiben des
Fremden am Nest verhindern. Als ich gegen 18:17 Uhr meine
letzten Schnappschüsse des Geleges machte, befanden sich die
Eier noch alle in der Nestmulde. Unser Weibchen wendete die Eier,
das Männchen stand daneben.
Den wären wir los!
Musikalische Neigungen führten Ihren
Tagebuchschreiber nun endgültig außer Haus, so dass er
das weitere dramatische Geschehen nur an Hand ihm
eingesandter Schnappschüsse rekonstruieren konnte. Dafür
möchte ich mich bei Helmut, Gisela und ganz
besonders bei Ulrich bedanken, dem die eindrucksvollsten
Schnappschüsse der aufregenden Minuten kurz vor 21Uhr zu
verdanken sind. Dennoch klafft – bisher – eine Lücke in den
Beobachtungen von 18:17 Uhr bis 20:12 Uhr. Der Beginn weiterer
Angriffe – diese müssen in dem genannten Zeitraum stattgefunden
haben – lässt sich durch Beobachtungen von Thomas Joas weiter
eingrenzen, da er bis gegen 20 Uhr das Nest beobachtete und
dabei keine bedrohlichen Ereignisse bemerkte. Die Eier
waren zu dieser Zeit noch vorhanden. Doch unmittelbar
darauf muss der entscheidende Angriff des Fremdstorches
passiert sein. Max schreibt im Gästebuch von einem
Storch und einem Ei am Nestrand, sein Eintrag
stammt von 20:12 Uhr. Der nächste Schnappschuss zeigt 20:15 Uhr
und verdeutlicht die beschriebene Situation. Rechts neben dem Kopf
des liegenden Storches schimmert weiß ein Teil des Eies. Ein Storch
steht auf dem Dachfirst. Es ist mit größter Sicherheit der
Fremdstorch, der auf eine weitere günstige Gelegenheit wartet.
Nun hat es uns doch noch voll erwischt!
Ob das Männchen zu diesem Zeitpunkt allein am
Nest war, was zu vermuten ist, lässt sich nicht eindeutig belegen.
Der entscheidende Schnappschuss von 20:32 Uhr zeigt auf alle Fälle
das Ergebnis der erfolgten Attacke. Ein unberingter Storch (sicher
unser Männchen) steht in Nest. Am oberen Nestrand ist ein Ei zu
erkennen, das da nichts verloren hat.
Das nimmt kein gutes Ende!
Vier Minuten später ist es weg und von Ulrich
erfahren wir, dass es beim Versuch des „heimischen“ Männchens, es
zurück in die Nestmulde zu rollen, über Bord gegangen ist.
Nun ist dieses Ei auch verloren!
Ab 20:51 Uhr tobt schließlich die
entscheidende Schlacht, in dessen Verlauf mindestens ein
weiteres Ei (es waren also noch nicht alle über Bord gegangen!)
an den Nestrand gerät und anschließend „verschwindet“. Ein
Schnappschuss zeigt einen Storch (den Fremden?), der ein Ei im
Schnabel hält, das 10 Sekunden später für Augenblicke am
hinteren Nestrand zu sehen und wieder kurze Zeit später auch
von dort entschwunden ist.
Ei im Schnabel! |
Ei am Nestrand! |
Während der gesamten Kampfzeit war das
zweijährige Weibchen auf keinem der vielen Schnappschüsse zu
erkennen, so dass kein Zweifel bestehen kann, dass es sich auch in
keinster Weise an den Auseinandersetzungen beteiligte.
War dies Zufall? Hat die Storchendame das Geschehen
fernab im Nahrungsgebiet zugebracht, ohne auch nur das
Geringste mitzubekommen? Teile der horstnahen Wörnitzwiesen sind
seit heute gemäht, so dass Nahrung auch im Umfeld des Nestes in
reichem Maße gegeben war. Hielt sie sich bewusst aus der ganzen
Sache heraus? Ich will hier um nichts in der Welt eine
Schuldzuweisung erteilen. Kein Tier macht das eine oder das andere
bewusst. So auch die zweijährige Erstbrüterin nicht! Doch im
Storchenleben lernt man eben aus Erfahrung und eine solche
Erfahrung mit fremden Angreifern fehlt der
Storchenmama auf alle Fälle, bei Papa Storch wissen wir es
nicht. Ohne Worte sei noch eine kleine Auswahl der packendsten
Schnappschüsse vom Kampf um das Gelege angeführt!
Um 21:01 Uhr, die Schlacht ist
geschlagen, tritt die Dame des Hauses auf den Plan,
wird vom Sieger begrüßt und schließt einen traurigen Tag
ab.
Was ist denn hier passiert, mein Storchenmann?
Da momentan in Dinkelsbühl um 22:30
Uhr die Lichter ausgehen, bleibt offen, ob sich weitere
Angriffe im Schutz der Dunkelheit ereigneten. Ich glaube dies
nicht, es gab für den Fremden auch keinen Anlass mehr.
Die Eier waren hinausgeworfen und zerstört, ein weiteres Attackieren
gegen eine Übermacht sicher aussichtslos. Nun hat also unser Paar
einen Pyrrhussieg errungen, denn die beringte Storchendame
ist nach wie vor am Nest und das gleiche gilt auch
für den Partner. Die Eier aber sind unrettbar verloren. Nun
hat es in diesem Jahr unser Nest erwischt und ein Angreifer hat für
eine kleine Tragödie gesorgt, die aber in keinem Verhältnis zu
menschlichen Tragödien und Schicksalsschlägen steht und stehen darf.
Im letzten Jahr waren es in der Nähe von Dinkelsbühl die Angriffe
von fremden Störche, die Gelege und Junge in den Nestern von
Wittelshofen und Gerolfingen vernichteten. Die Reihe der bekannten
und unbekannten Vorfälle dieser Art ist sicher grenzenlos. Es gab
sie schon immer und es wird diese Verluste weiterhin geben. Die
Kamera wird weiter Bilder ins weltweite Internet liefern, als ob
nichts geschehen wäre. Das Tagebuch wird weitergeführt und ich
verspreche, auch ohne Nachwuchs im Nest über alles zu berichten. Im
Jahr 2002 gab es in unserem Nest auch keine Jungen und dennoch waren
die Ereignisse in und um das Nest mindestens ebenso spannend und
voller „Sex and Crime“, dass meine Leser über entgangene
Kinderfreuden nur kurz enttäuscht waren. Mein Tipp: Blättern Sie
wieder einmal im Tagebuch des Jahres 2002 Auf mehreren Hundert
Seiten erleben Sie hautnah die Tragödien und Eskapaden eines
ereignisreichen Jahres. Damit Sie schnell über die heutigen
Ereignisse informiert werden können, verschiebe ich weitere
Erläuterungen auf die nächsten Einträge. Bleiben Sie bitte
unserer Website nach wie vor treu! Sie werden es nicht
bereuen! Vielleicht wartet unser Paar noch mit der einen oder
anderen Überraschung auf. Dabei bleiben und staunen! |
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14. Mai 04 |
Der gestrige Tag ging in puncto
Dramatik und Ereignisreichtum in die Geschichte
des Nestes ein. Seit der Wiederbesetzung Dinkelsbühls durch
Störche nach 25-jähriger Pause im Jahre 1993 hat sich nichts
Vergleichbares ereignet. Es gab zwar nicht immer Nachwuchs,
dies lag aber durchwegs an weniger aufregenden Begebenheiten. Nun
wurde ich im Gästebuch mehrmals gefragt, wie sich die Geschichte
weiter entwickeln wird.
An diesen Anblick muss
man sich gewöhnen |
Wo ist unser
Gelege? |
Vielleicht wird auch dieser Blick
zu den vertrauten gehören?
Da lassen sich viele Antworten finden.
Die unwahrscheinlichste gleich zu Beginn. Die Storchendame
legt in einigen Tagen weitere Eier. Es kommt zu einer
neuen Brut. Diese Variante hätte vielleicht gegriffen,
wenn der Gelegeverlust unmittelbar nach Fertigstellung
desselben eingetreten wäre, die Hormone also weiterhin
auf Eiproduktion eingestellt gewesen wären. Das ist aber
leider nicht der Fall. Da das Weibchen nicht
gewechselt hat, müssen wir davon ausgehen, dass die hormonelle
Konstitution des Weibchens von der Möglichkeit, Eier zu produzieren,
bereits zu weit entfernt ist. Hätte sich bei den Kämpfen ein
neues Paar durchgesetzt, wäre es vom Zeitpunkt der
Nestbesetzung aus betrachtet vielleicht gerade noch mit einer
Brut gut gegangen. „Mein“ spätester Brutbeginn in 35
Jahren Storchenforschung lag um den 20. Mai. Also vergessen
wir ganz schnell die Geschichte mit dem Nachgelege und möglichem
Nachwuchs. Das wird nichts mehr. Für die größten
Optimisten unter meinen Lesern sei aber dennoch angeführt, dass
sich Vorbereitungen für eine Zweitbrut an bestimmten
Verhaltensweisen ablesen lassen. Dazu zählen beispielsweise
Kopulationen (Paarungen), ohne die kein befruchtetes Gelege
zustande kommt. Was passiert aber dann, wenn keine weitere
Brut einsetzt? Heute stand der Storchenmann – soweit ich
es beurteilen kann – fast ununterbrochen im Nest, häufig auch
in Gesellschaft seiner Partnerin. Diese machte aber schon
gelegentliche Ausflüge, die länger dauerten. Die aufregenden
Stunden des gestrigen Tages sind also nicht spurlos an
„ihm“ vorüber gegangen. Die physischen Anstrengungen lassen
seine „Standhaftigkeit“ am Nest sicher erklärbar werden. So oder
ähnlich wird es auch in den nächsten Tagen weiter gehen. Die
Anwesenheiten am Nest werden sich verkürzen, spannend
wird auf jeden Fall der abendliche Einflug und die Frage nach der
Übernachtung am Nest. Es könnte sein, dass sich das Paar aus
Dinkelsbühl zurückzieht und an anderer Stelle ein
neues Nest in Besitz nimmt und dort den Rest des Sommers verbringt.
Es könnte ebenso der Fall eintreten, dass dann ein neues Paar
in Dinkelsbühl aufkreuzt und die Stelle des ursprünglichen
Paares übernimmt. Es könnte aber auch sein, dass unsere so sehr vom
Schicksal getroffenen Jung-Eltern den ganzen Sommer dem Nest
die Treue halten, uns die meiste Zeit durch ihre
Präsenz erfreuen und dass im nächsten Jahr beide mehr Glück mit
einer Brut erleben werden. Doch da die letzten Gedanken
allesamt auf bloßen Vermutungen beruhen, müssen und
dürfen wir uns in der nächsten Zeit selber von den tatsächlichen
Gegebenheiten überzeugen. War der gestrige Eindringling
einer der Brutpartner aus dem letzten Jahr? Von Georg
oder Pauline war da die Rede. Ich will nichts ausschließen,
denn ein Beweis für solche Vermutungen kann nicht geführt werden.
Betrachten wir das Leben des berühmten Senderstorches „Prinzesschen“
sind solch verspätete Ankünfte eines erfahrenen alten Storches
durchaus möglich, aber sicher nicht die Regel. Wenn also bei Pauline
und Georg alles normal verlaufen wäre, wären sie sicher rechtzeitig
an ihrem alten Nest eingetroffen. Meine Vermutung geht in
eine andere Richtung. Bei unserem „Täterstorch“ könnte es
sich um einen echten „Störstorch“ handeln, der ohne die
Absicht ein Nest zu besetzen oder gar selbst zur Brut zu schreiten,
anderen Paare durch solche Aktionen Schaden zufügt. In der Literatur
wird dabei von „Halbstarken“ gesprochen, die durch diese Taten ihre
eigenen Fähigkeiten testen, um vielleicht im kommenden Brutjahr
diese Erfahrungen gezielt bei der Besetzung des eigenen Nestes zur
Anwendung bringen. Soweit man solche Störer bisher identifizieren
konnte, handelte es sich abgesehen von den eigentlichen
„Eigentümern“ meist um junge Störche, die ihre erste Brut noch vor
sich hatten.
Nachdem nun zumindest vorläufig kein absoluter
Nahblick in die Nestmulde mehr nötig ist und außerdem die Störche in
nächster Zeit bevorzugt im Nest stehen werden, habe ich mich
entschlossen, den Nestblick wieder etwas totaler zu
gestalten.
Die Kamera zeigt ab sofort diesen Ausschnitt
Zu diesem Zwecke wurde die Kameraeinstellung
etwas zurückgezoomt. Ich denke Thomas Joas und mir ist dabei
eine schöne Darstellung gelungen, die wir vor Beginn der
Brutzeit in ähnlicher Weise schon einmal vorliegen hatten. So können
wir es die nächste Zeit sicher belassen und werden so auch nichts
verpassen. Während des ganzen Tages gab es immer wieder Luftalarm
über dem Nest. Den Fremden von gestern oder einfach andere
Überflieger galt es mit Klappern und Drohen auf Distanz zu halten,
denn auch ohne Gelege beansprucht unser Paar nach wie vor sein Nest
und ist in keiner Wiese bereit, es in nächster Zeit aufzugeben.
Es geht doch nicht schon
wieder los? |
Gott sei Dank! Das ist nur meine
Gemahlin! Die darf landen! |
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Jetzt ist es aber
wirklich ein Fremder! |
Lass mich nur machen!
Dem fliege ich jetzt mal nach! |
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15. Mai 04 |
Der zweite Tag nach der Katastrophe am
Storchennest! Die Sonne überstrahlt alles und lässt die
Situation freundlicher erscheinen als sie in
Wirklichkeit ist.
Es könnte so schön sein!
Wie sich unser Paar jetzt wohl fühlen
könnte, kam in zahlreichen Gästebucheintragungen zur
Sprache. Da wurden bewegende und aus menschlicher Sicht durchaus
einleuchtende Beiträge verfasst, die alle tiefe Trauer
um den Verlust des Geleges ausdrückten und ein ratloses
Elternpaar vor sich sahen. Wenn plötzlich ein ausgesprochen
starker Schlüsselreiz, wie er von Eiern in einem Gelege
ausgeht, für ein auf Brut programmiertes Individuum ausfällt,
entsteht sicher keine Trauer. Vielmehr löst die neue
Situation ein neues Verhaltensrepertoire aus, auf das
die Vögel zu reagieren haben. Gebrütet wird natürlich ohne
Eier nicht mehr, das Wenden der Eier fällt ebenso flach, das
Eintragen von Nistmaterial (bevorzugt Gras) unterbleibt ab sofort.
Die langen Anwesenheiten am Nest sind noch ein Rest aus den Tagen
des Brütens. Da gab es ja regelmäßig stundenlanges Ausharren auf dem
Gelege, bis die Ablösung kam. So besteht also nach wie vor eine
gute Chance, beim Blick ins Nest auch Störche zu sehen.
Inzwischen habe ich Material von Joachim bekommen,
welches das Geschehen vom Donnerstag lückenlos
ab 17 Uhr bis zum Abschalten der Kamera in 5-Sekunden-Intervallen
veranschaulicht. Rund 4000 Schnappschüsse müssen da
gesichtet und ausgewertet werden. Eine spannende Sache! Die
erste Einsicht in die Abläufe brachten dabei
bemerkenswerte Enthüllungen, die sich mit meinen Vermutungen im
Tagebucheintrag vom 13. Mai, denen lediglich rund 20
Schnappschüsse zugrunde lagen, nur teilweise decken.
Danach geschah – und
ich beschränke mich auf die ersten Ergebnisse – um 20:00:37 Uhr
folgendes: Das Weibchen brütete, sie war allein am Nest.
5 Sekunden später erhob es sich
und war weitere 5 Sekunden später vom Nest verschwunden. Das
Gelege stand zu dieser Zeit möglichen Angriffen schutzlos
ausgeliefert.
Die Flucht des Weibchens kann nur damit erklärt werden, dass
sie einen fremden Storch gesichtet hatte, mit dem sie vielleicht
schon in den späten Nachmittagsstunden unangenehmen Kontakt
hatte und vor dem sie nun Reißaus nahm (wird noch geklärt!).
Dieses Verhalten ist sicher nicht ganz regelkonform, doch mag
das jugendliche Alter der Störchin dafür eine Erklärung und auch
Entschuldigung sein. 20 Sekunden nach dem Abflug landet ein
unberingter Storch im Nest, der sicher nicht zum Dinkelsbühler
Paar gehörte und wohl der Grund für den panikartigen Abflug der
jungen Störchin war.
Doch nach einem ersten, kurzen Stochern in der Nestmulde, bei
dem noch keine Eier zu Schaden kamen, legte sich der Fremde um
20:01:47 Uhr wie zum Brüten ins Nest.
Als um 20:04:02 Uhr die Dinkelsbühler Storchendame auf dem
Dachfirst hinter dem Nest landet, zeigt der im Nest liegende
Storch keine Reaktion. Sie verhält sich ebenfalls in keiner
Weise aggressiv und zeigt keinerlei Anzeichen, um ihr Gelege zu
kämpfen.
Es vergehen weitere fünf Minuten, ohne dass sich an der
Situation etwas ändert. Um 20:09:02 Uhr zeigt der Schnappschuss
den Fremden, wie er ein zerbrochenes Ei im Schnabel hält. Ohne
Vorankündigung hatte er sich innerhalb eines
5-Sekunden-Intervalls erhoben, ein Ei gepackt und zum Bersten
gebracht.
Wie es weiter geht, lesen Sie in den nächsten
Tagebucheinträgen. |
Zurück zum Tagesgeschehen! Den ganzen
Tag über herrschte immer wieder Unruhe am Nest, ein
sicheres Zeichen, dass weitere Fremdstörche im
Blickfeld unseres Paares waren. Zu direkten Angriffen kam es
allerdings, soweit ich es überblicken konnte, nicht.
Keine Ruhe für unser Paar! Die Attacken gehen weiter!
Auf in die nächste Runde!
Selbst in der Nacht kam es zu
Abflügen des Männchens, den letzten konnte ich dabei um 22:29
Uhr beobachten. Dann ging das Licht aus und hüllte alles weitere
in ein Dunkel.
Es gibt immer noch keine Ruhe!
Unser Nest scheint in diesem Jahr
besonders attraktiv zu sein und steht damit im Blickpunkt
herumstreifender Störche ohne Nestbindung. Nun wäre es natürlich
sehr einfach zu denken, man bietet in Dinkelsbühl weitere Nester an
und hätte dann drei Brutpaare statt einem. Ein solches Vorgehen
hätte sogar den gegenteiligen Effekt und sollte somit tunlichst
unterlassen werden. Eine zweite Nestunterlage würde – gesetzt
den Fall, es gäbe eine solche – zu ununterbrochenen
Auseinandersetzungen zweier Paare führen mit der Folge,
dass keines mehr eine erfolgreiche Brut durchziehen könnte. Und
außerdem sollte man solche Versuche den Störchen selbst
überlassen. Wenn man sich arrangieren wollte, stünden in der
Altstadt Dinkelsbühls eine Vielzahl geeigneter Nistunterlagen zur
Verfügung. Doch bisher hat kein einziger Storch den Versuch
unternommen, ein zweites Nest zu bauen. In den besten
Zeiten gab es im Bereich der Altstadt drei Nester
(klicken Sie auf den Link „Historisches“ unter dem
Bildfenster der Kamera). Doch diese Zeiten sind wenigstens im
Augenblick vorbei, denn der Lebensraum bietet nun mal
nicht mehr als einem Paar eine Überlebenschance
und im Wissen darum verteidigen unsere Störche ihr Nest und auch die
Gebiete im weiten Umkreis vor einer möglichen Ansiedelung eines
zweiten Paares. In Gebieten mit weitaus besseren
Lebensbedingungen für Störche gibt es dann auch Orte, in
denen Störche kolonieartig brüten. Dabei beschränkt
sich das Areal, das verteidigt wird, auf den engeren Nestbezirk
und das können gerade mal 2 Meter sein. Merken Sie sich ganz einfach
als Faustregel: Je besser der Lebensraum, desto toleranter sind
Störche zueinander und desto kleiner wird auch die Fläche, die
verteidigt wird und in der man keinen anderen Storch duldet. In
suboptimalen Lebensräumen, wie in Oberschwaben nachgewiesen,
verteidigen die Brutstörche sogar auch ihr
Nahrungsrevier und vertreiben aus diesem sogar fremde Störche.
Wenn die Dinkelsbühler Störche schon nicht mit
Jungen aufwarten können, möchte ich Sie abschließend mit einem
Tagesbild aus dem nahen Mosbach erfreuen. Doch so ganz
ungetrübt kann die Freude dort auch nicht sein, denn meine
Hoffnung nach weiteren Jungen im Nest, hat sich leider
nicht erfüllt. Der einzige Spross des dortigen Paares
schaute einmal vorwitzig aus der kleinen Nestmulde heraus und das
Porträt des 8-tägigen Jungvogels war geschafft.
Hast du mich gut im Bild, Tagebuchschreiber?
Vom Verschwinden und vom Tod der drei zuerst
geschlüpften Jungen habe ich ja schon berichtet. |
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16. Mai 04 |
Meine Recherche durch 4000 Schnappschüsse,
die mir Joachim dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat,
führte mich auch heute wieder zurück zum schrecklichen Donnerstag,
der unserem Paar das Gelege kostete. Es fällt nicht leicht,
das Geschehen abermals aufleben zu lassen, aber die einmalige
Chance einer lückenlosen Beweisaufnahme, wie sie durch die
Kameraüberwachung gegeben ist, macht die Mühen und die Bestürzung
über das Vorgefallene sicher erträglicher. Ich beginne nach
meinem gestrigen Bericht über die Minuten zwischen 20 Uhr und 20:09
Uhr mit den ersten Angriffen des Fremdstorches in den späten
Nachmittagsstunden:
Der Tag war geprägt von einer großen Unruhe,
die immer wieder zu Klapperstrophen und dem gesamten
Abwehrrepertoire herausforderte. In den Minuten vor 17 Uhr hatte
das Weibchen Innendienst und bebrütete die vier Eier. Zwischen
16:54 Uhr und 17:17 Uhr fliegt das Männchen dreimal an und jedes
Mal steht das Weibchen kurz vor der Landung von den Eiern auf,
beide Partner klappern eine Weile, die Erregung klingt ab, das
Weibchen wendet sich erneut dem Gelege zu, legt sich auf die
Eier und das Männchen fliegt wieder ab. Dass sich das Weibchen
immer kurz vor der Landung des Partners erhob, zeigt die große
Angst, Unsicherheit und Erregung, denn bei einer normalen
Landung zum Zwecke der Brutablösung geschah dies in den letzten
Wochen nie. Erst nach einer gewissen Zeitspanne fanden da die
Ablösungen statt. Nach der Landung des Männchens um 17:17 Uhr
läuft es so wie beschrieben. Doch um 17:19:12 Uhr fehlt
innerhalb eines 5-Sekunden-Bildwechsels das Weibchen und man
sieht für 10 Sekunden 2 im Nest kämpfende Störche. Statt ihrem
Gemahl beizustehen, hat „Sie“ einfach vor der Landung des
Fremden die Flucht ergriffen.
Unser Mann bleibt als vorläufiger Sieger zurück, „Sie“
erscheint 20 Sekunden nach Kampfbeginn wieder im Nest.
Zwischen 17:19 Uhr und 17:21 Uhr kommt es zu drei
weiteren Abflügen des Männchens, danach kehrt für 25 Minuten
gespannte Ruhe ein.
Um 17:46 Uhr fliegt das Männchen erneut an und wird von
der „Frau des Hauses“ stehend begrüßt, beide sind sehr erregt!
Es kommt zu weiteren kurzen Abflügen des Männchens, bis ein
weiterer Angriff des Fremdstorchs um 17:49 Uhr erfolgt. Die
Situation ist identisch mit der vorher geschilderten. Beide
Dinkelsbühler stehen, das Weibchen flüchtet und unmittelbar
darauf sieht man abermals zwei ineinander verkeilte Körper im
Nest.
Der Sieger bleibt kurz allein, ihm schließt
sich postwendend die den Kämpfen ausweichende Dame an.
Nach weiteren, kurz nacheinander erfolgten Abflügen des
Männchens beruhigt sich die Szene erneut und das Paar bleibt
mehr als 35 Minuten gemeinsam im Nest, ohne dass weitere
Angriffe erfolgen.
Um 18:51 Uhr fliegt das Männchen erneut ab, kommt bis 19:29
Uhr zurück und verlässt sein Weibchen eine Minute später.
Diesmal scheint „Er“ etwas weiter weg geflogen zu sein, ein
fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Denn als
sich um 20 Uhr ein abermaliger Anflug anbahnte, erkannte das
Weibchen sofort, dass es der Fremde war. Sie stand vom Gelege
auf und flüchtete. Sicher zog sie sich auf ein Nachbardach
zurück, um von dort das weitere Geschehen abzuwarten. Doch der
mutige Kämpfer in Gestalt ihres Partners war diesmal nicht zur
Stelle. Die Minuten danach bitte ich Sie im Tagebucheintrag von
gestern nachzuschlagen. Diese Geschichte wird morgen
fortgesetzt. |
Die „Standzeiten“ unseres Paares im Nest sind
nach wie vor beachtlich! Es gab nur wenige Augenblicke, in denen das
Nest komplett verlassen war. Auch am heutigen Sonntag war es
vor allem das Männchen, den man bei einem Blick ins Nest
dort antreffen konnte. Um 20 Uhr gab „Er“ nach
einer längeren Abwesenheit sein abendliches Stelldichein,
genau eine Stunde später folgte sie. Zu dieser späten
Stunde war von Aufregung und Bedrohungen durch fremde Störche nichts
mehr zu verspüren. Das verhielt sich untertags aber noch
wesentlich anders. Immer wieder musste man sich behaupten
und sein Nest als besetzt darstellen, auch wenn es keine
Eier mehr zu verteidigen galt.
Immer noch dicke Luft über Dinkelsbühl!
Einen Rückfall in frühere Zeiten stellten
einige synchrone Bewegungsabläufe dar, die wir schon vor
Beginn der Brutzeit als besonderes Charakteristikum für
Paarfindung und Paarzusammenhalt feststellen konnten. Wer jetzt
glaubt, dass als nächstes die ersten Paarungen
stattfinden würden und bald ein neues Gelege im Nest zu
entdecken wäre, soll sich dieser Hoffnung weiter bedienen.
Ich halte dies erst für möglich, wenn die ersten Paarungen
tatsächlich einsetzen, aber das – und ich habe es schon ausführlich
dargestellt – wird nur ein Wunschtraum bleiben. Aber so lange uns
das Paar nicht vom Gegenteil überzeugt, dürfen wir noch ein wenig
träumen.
Im Gleichklang der Bewegungen
Während ich diesen Eintrag zum Abschluss
bringe, setzt sich der Kampf um das Storchennest
weiter fort. Immer wieder fliegt das Männchen, manchmal
auch er und sie kurz vom Nest, um nach einigen Runden
wieder zu landen. Die Lichtverhältnisse sind nicht die
besten, aber einen echten Störstorch hält dies nicht von seinem Tun
ab. Um 21:45 Uhr steht nur das Weibchen im Nest,
während er seine Kräfte mobilisiert, um dem Eindringling
seine Potenz zu zeigen. Leider hat Papa Storch mit seiner
Partnerin in dieser Beziehung eine Niete gezogen. Aber
auch wenn ich mich wiederhole: Es war für unsere Erstbrüterin
halt doch ein wenig zu früh, einen Brutversuch zu starten.
Mit der gesammelten Erfahrung weiß sie vielleicht im nächsten Jahr
bei einer ähnlichen Situation erfolgreicher zu reagieren.
Zweijährige Störche sind im Fortpflanzungsgeschehen
unserer Art noch nicht vorgesehen und es klappt nur mit einer
Brut, wenn man unwahrscheinliches Glück hat, Und dieses
hatten wir heuer nicht. Einem erfahrenen Paar passiert ein
solches Missgeschick eben viel seltener. Und es kommt
nicht von ungefähr, dass Störche ab dem 5. oder 6. Lebensjahr und
älter signifikant bessere Brutergebnisse vorweisen können. Die
Unruhe an unserem Nest geht weiter. Gerade ist der
Storchenmann wieder zu einem Verfolgungsflug
gestartet.
Die Kamerauhr zeigt 21:53 Uhr. Wann
wird heute Nacht endlich Ruhe einkehren?
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17. Mai 04 |
Gestern nach Redaktionsschluss trudelte
der Storchenmann um 22:03 Uhr am Nest ein. So viel als
Nachschlag zum Tagebucheintrag des vergangenen Tages. Nach den
Turbulenzen der letzten Tage möchte ich mich heute etwas
kürzer fassen und die weiteren Nachträge auf spätere
Einträge verschieben.
Noch herrscht traute Zweisamkeit
Dazu gehört auch die momentan unterbrochene
Serie über die Geschichte der Storchennester des Landkreises
Ansbach. Beides wird selbstverständlich penibel und zuverlässig
weiter bearbeitet. Der vierte Tag nach der Katastrophe war
erneut geprägt von pausenlosen Attacken verschiedener
Fremdstörche, die es unserem Männchen kaum ermöglichten, einmal
Luft zu holen.
Kämpft unser Held nun endgültig einen einsamen Kampf?
Ulrichs „Verbindungsfrau“ in Dinkelsbühl
konnte zeitweise sogar vier Störche in der Luft über dem Nest
beobachten und auch wir normalen Sterblichen konnten an den
ununterbrochenen An- und Abflügen des Männchens
erahnen, welchen Attacken er ausgesetzt war. Auch Helmut Wilfling
ließ in mehreren Gästebucheintragungen sein Erstaunen durchblicken,
mit welcher Ausdauer und Intensität die Angriffe über Stunden
andauerten. Nicht verwunderlich nach den Ereignissen vom
Donnerstag war auch heute die völlige Passivität des
zweijährigen Weibchens. Seit den ersten Attacken um die
Mittagszeit (vielleicht auch schon früher) wurde sie nicht
mehr gesehen. Auch während ich diese Zeilen schreibe, wartet
„Er“ immer noch vergeblich auf seine Gespielin. Sollte sie es heute
vorgezogen haben, all dem Theater aus dem Wege zu gehen und ihn
mit seinem Nest sitzen zu lassen. Ich möchte mir vorläufig
weitere bissige Bemerkungen zur Liaison unseres nun
geprellten Ehemanns mit einer frühreifen Storchendame verkneifen.
Aber so viel steht fest. Auf die Figur kommt es eben nicht
alleine an. „Sie“ war ein Rasseweib, „Er“ fiel auf sie
herein und nun steht er doch richtig gehörnt da.
Weniger die überragende Körpergröße der Angebeteten war
letztlich ausschlaggebend, sondern die fehlende innere
Reife verhinderte ein erfolgreiches Durchsetzen gegen den
Fremdstorch. Gerade – die Uhr zeigte 21:32 Uhr – fand
schon wieder eine Attacke am Nest statt, die von unserem
Helden erfolgreich abgewehrt werden konnte. Was werden die
nächsten Tage bringen? Kommt „Sie“ wieder zurück? Bleibt er
allein? Gesellt sich eine neue Partnerin dazu? Oder setzen sich zwei
neue Störche durch? Es darf von vorne mitgefiebert werden wie am
Tag, als unser Männchen zum ersten Mal seinen Fuß ins Dinkelsbühler
Nest setzte. Man schrieb den 3. April. |
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18. Mai 04 |
Lassen
Sie mich heute zuerst die Ereignisse, die zum Verlust
des Geleges geführt haben, abschließend aufarbeiten. Am 15.
Mai berichtete ich über die Geschehnisse, die sich am Donnerstag,
13. Mai, zwischen 20 Uhr und 20:09 Uhr zugetragen hatten und gestern
über die Abläufe des Unglückstages zwischen 17 und 20 Uhr. Blättern
wir im Schnappschussfilm und wenden uns den Ereignissen zu, wie sie
nach 20:09 Uhr geschahen, als der Fremdstorch das erste Ei im
Schnabel hielt und aus dem Nest beförderte
Auf der Kamerauhr stand 20:09:37 Uhr, als sich der Angreifer
erneut dem Nestinneren zuwandte. Ein 2. Ei kullert an den
Nestrand und verfängt sich in den Zweigen der äußeren
Nestbegrenzung.
20
Sekunden später packt der Eindringling ein weiteres, das dritte
Ei, mit dem Schnabel und wirft es aus dem Nest.
Unser Vierergelege ist bis auf ein Ei in diesem Augenblick
vernichtet. Nun beginnt eine weitere Ruhephase. Der Fremde legt
sich ins Nest, unser Weibchen steht nach wie vor auf dem
Dachfirst hinter dem Nest und vom Männchen ist nach wie vor weit
und breit nichts zu sehen. Weitere 17 Minuten später fliegt das
beringte Weibchen ab, ohne dass der neue Nestbesetzer eine
Reaktion zeigt. Um 20:34 Uhr genau 34 Minuten nachdem das
Unglück begann, kommt wieder Bewegung ins Geschehen. Der
Okkupant wendet sich für eine Minute dem am Nestrand liegenden
Ei zu und stößt es nach mehreren Versuchen ganz in den Abgrund.
Ab diesem Zeitpunkt sehen wir den Übeltäter für eine
Viertelstunde unruhig im Nest hin und her laufen, ehe um 20:50
Uhr endlich das Dinkelsbühler Männchen erscheint und dem
Eindringling Paroli bietet. Was sich in den nächsten Minuten
abspielt ist an Dramatik kaum mehr zu überbieten.
Es kommt zu allen nur denkbaren Variationen, wer sich gerade im
Nest aufhält. Zwischendurch landet auch „Sie“ immer wieder
einmal für kurze Zeit allein oder mit ihrem Gemahl im Nest, hält
sich aber aus jedem Kampf heraus. Das zeigt., dass die
zweijährige Storchendame zu jeder Zeit in der Nähe abgewartet
hatte und immer, wenn etwas Ruhe eingekehrt und der Fremde außer
Reichweite war, sofort im Nest stand. Um 20:53:33 Uhr ergreift
der Eindringling das letzte Ei und schleudert es weg.
Auch dieses Ei landet nach mehreren Zwischenetappen am Nestrand
und verschwindet letztlich auch von dort. Das war es mit unserem
so viel bestaunten Vierergelege. 53 Minuten dauerte es also, bis
der Fremdstorch sein Werk vollendet hatte.
Für unseren tapferen Storchenmann war danach aber noch lange
keine Ruhe. Zwischen 21:21 Uhr und 21:23 Uhr ereigneten sich die
schwersten Kämpfe des gesamten Tages.
In
diesen Minuten sah man ununterbrochen ineinander verhakte und
verschlungene Körper. Danach schien der Eindringling eine Pause
verdient zu haben und ließ das Paar bis zum Abschalten der
Stadtbeleuchtung in Ruhe. |
Die
zweijährige Storchendame ist verschwunden. Sie kam am
gestrigen Abend ebenso wenig zurück wie am heutigen Tag. Auf keinem
Bild konnte man sie entdecken.
Einsamer
Kämpfer!! Nach der ersten Nacht allein!
Dafür
galt es für „Ihn“, sich gegen weitere Angreifer zur Wehr zu setzen.
Nun wird es für unser verbliebenes Männchen zusehends schwerer, sich
der ständigen Attacken zu erwehren.
Auf der Verfolgung!
Mehrere Beobachter vor Ort in Dinkelsbühl bestätigten auch heute die
ununterbrochenen Angriffe auf das Nest. An diesen Angriffen
waren nach einhelliger Meinung der Beobachter mindestens zwei
Fremde beteiligt. Dass es dabei auch zu kurzen
Nestbesetzungen der fremden Störche kam, ist gut möglich,
Bildbeweise fehlen dafür aber. Peter glaubte bei einem Storch im
Nest einen Aluminium-Ring am linken Bein erkannt zu haben und auch
Helmut konnte das kurzzeitige Fußen eines Angreifers im Nest
beobachten. Bei so viel Betrieb im und um das Nest sind solche
Zwischenlandungen immer gut möglich. Was wird uns der Abend bringen?
Wird es der tapfere Storchenmann noch lange durchhalten, sein Nest
vor einer feindlichen Übernahme zu schützen? Wir werden mit höchster
Aufmerksamkeit die weiteren Entwicklungen am Nest verfolgen und die
Chronik fortschreiben. Ihr Tagebuchschreiber konnte in der
Zwischenzeit in der Regionalzeitung von den Vorgängen berichten,
ebenso brachte die Abendzeitung, eine große Boulevardzeitung aus dem
Nürnberger Raum, heute einen Bericht über unsere Storchentragödie
und auch die Bildzeitung befasste sich heute mit den Geschehnissen
an unserem Nest |
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Bitte helfen Sie den Störchen mit Ihrer
Spende.
Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
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Thomas Ziegler
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