Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2004
...was bisher geschah

Unterstützt durch

Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!

Teil 2

01. Apr. 04

 

Der erste Schritt ist getan. Als die „Übertragungsmaschine“ um 7:00 Uhr ihre Arbeit wieder aufnimmt, ist es immer noch über die Maßen dunkel. Die Selbstreinigungskräfte im Falle „Übertragungsprobleme“ scheinen über Nacht keine Verbesserung gebracht zu haben. Das Erfreuliche aber stellt der Zeittakt dar, der von 15 Minuten auf 20 Sekunden gesenkt werden konnte. Wenn jetzt noch die Dunkelheit weichen könnte! Leider muss ich vorher noch in die Schule. In der Pause werfe ich einen Blick auf die Website und muss zu meiner Freude und ein wenig auch zu meinem Schrecken einen Gästebucheintrag Helmut Wilflings lesen und ein Bild sehen, das einen neuen Storch in unserem Nest zeigt. Es ist der 1. April 2004 um 09:14 Uhr.


Kein Zweifel! Ein Storch!

Kein Zweifel und kein Aprilscherz! Helmut durfte das Erlebnis genießen, während die meisten von uns im Dunkeln saßen. Frau Ulrich war ebenfalls von ihrer Arbeitsstelle im Rathaus aus Augenzeugung dieses Anfluges. Und dann ging es eigentlich erfolgreich weiter. Um 12:51 Uhr wird abermals von einer Beobachtung berichtet, während dies Ihrem Tagebuchschreiber nach seiner Rückkehr von der Schule nach Hause zunächst noch verborgen blieb.

Meine erste Beobachtung als Augenzeuge lag schließlich zwischen 13:34 Uhr und 13:35 Uhr.


Originalbild um 13.35 Uhr

Das gleiche Bild, nachbearbeitet

Nur durch massive Nachbearbeitung des Originalbildes ließ sich der Storch im Nest erkennen.

   
Meine erste Sichtung! Doch Dunkelheit liegt auf dem Land!

Dann durfte ich keine Zeit mehr verlieren, wollte ich doch Sie wieder ins rechte Licht rücken. Also ging es die 13 Kilometer in meine Nachbarstadt und nach Besorgung des Schlüssels schnell ins Rathaus, dem Nestgebäude unserer Störche. Über eine Handyverbindung zu mir nach Hause wurden die ersten Tests vorgenommen und als die Hausmannschaft nach einer Weile ein helles Bild signalisierte, war schon eine Menge gewonnen. Bei dieser Gelegenheit veränderte ich auch gleich die Kameraeinstellung, so dass ab sofort alle Ereignisse um das Nest in besserer Qualität und vor allem aus größerer Nähe zu betrachten sein werden. Ich hoffe, damit auch den Geschmack der meisten Seher getroffen zu haben. Die malerische Kulisse der Stadt haben wir lange genug genießen dürfen und unser Auge erfreut sich auch wieder über eine neue Sichtweise der kommenden Dinge. Je nach Lage und Entwicklung am Nest werde ich nach Bedarf weitere Veränderungen vornehmen. Nun heißt es wieder gespannt auf die Abendstunden zu warten. Kommt „Er“ oder „Sie“ noch einmal zum Nest zurück oder war es doch wieder nur ein Kurzbesucher? In dieser Einschätzung sind wir ja schon gebrannte Kinder und mit solcherlei Gegebenheiten bestens vertraut. Sollte es so kommen, gibt es keinen Grund zur Traurigkeit! Es werden weitere Störche erscheinen und irgendwann ist der richtige bestimmt dabei. Ich werde zusammen mit dem Techniker an einer weiteren Senkung der Bildintervalle arbeiten und dies auch sicher in den Griff bekommen.

Bei unserem heutigen Gast handelte es sich leider „nur“ um eine Eintags- besser eine Halbtagsfliege. Nach 13:35 Uhr wurde Freund Adebar nicht mehr gesehen und wir müssen – wie schon angekündigt – wieder von Neuem warten. Aber dies macht ja die Spannung aus, dass man am Abend nicht sicher weiß, was in Sachen Storch der neue Tag bringen wird. Eine Vermutung über den Verbleib des Kurzbesuchers kann allerdings schon gegeben werden. Am späten Nachmittag erreichte mich ein Anruf von Thomas Joas aus dem 8 Kilometer von Dinkelsbühl entfernten Wilburgstetten. Hier hielt sich bis heute bereits ein Einzelstorch auf. Seit den Nachmittagsstunden sind es aber zwei. Wenn das kein Zufall ist. Bei seiner Suche im Umfeld von Dinkelsbühl fühlte sich unser Gast offensichtlich von dem in 30 Metern Höhe auf dem Dach des Kirchturmes befindlichen Nest mehr angezogen als von dem unsrigen in rund 20 Metern Höhe. Kann man nichts machen. Gut, dass dies menschliche Eingriffe noch nicht beeinflussen können. Der Rest des Storchenlebens dagegen wird mehr und mehr nach menschlichen Gesichtspunkten strukturiert und die Übergänge zur Storchenzucht sind – wie Sie als treue Leser des Tagebuches schon längst wissen – keine Utopie mehr, sondern schreckliche Wirklichkeit. Ich freue mich aber schon jetzt auf die Überraschungen, die der morgige Tag für uns bereit hält. Bleiben Sie am „Ball“ und werden Sie Augenzeuge weiterer spannender Begebenheiten um das schönste Storchennest der Welt. 


Kleine Plauderei im Nest:
„Die neue Kameraeinstellung ist super!“

 
02. Apr. 04

„Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte,“ Unter dieser Voraussetzung müssen doch weitere Störche an Land, sprich an ihre Nester, gespült werden! Trotzdem blieb es auch an diesem Tag auffällig ruhig in Sachen „Storch in Dinkelsbühl“. Der gestrige Besucher scheint sich doch tatsächlich in Wilburgstetten niedergelassen zu haben, denn auch heute beobachteten zahlreiche Wilburgstettener über viele Stunden zwei Störche im Nest. Es gibt auch Neuigkeiten von den anderen Webcam-Nestern. In Zwettl und in Freistadt kann ein Paar vermeldet werden. Selbst im fernen Dänemark, in Ribe, hat sich an einem der aller letzen Storchennester der erste Storch niedergelassen und in Radensdorf im Spreewald braucht man auf Störche nicht mehr zu verzichten. Das Paar ist dort ebenfalls komplett. Und am Abend erfahre ich noch eine Neuigkeit. In meiner Heimatstadt Feuchtwangen klapperte am späten Nachmittag ebenfalls ein Kurzbesucher im nicht mehr vorhandenen Nest auf dem alten Rathaus. Sollte es vielleicht sogar so weit kommen, dass Feuchtwangen heuer in Storchenangelegenheiten Dinkelsbühl den Rang ablaufen und früher mit einem Storchenpaar auf Zeit aufwarten kann?

 
03. Apr. 04

Das Warten hat ein Ende! Hoffentlich! Zumindest fürs Erste! Um 12:21 Uhr betrat der erste Dauergast des Jahres die Arena „Nest“. Er tat dies mit einem kleinen Zwischensprung vom Dachfirst des alten Rathauses aus. Die gerade anwesenden Dohlen erklärten sich mit der plötzlichen Hausbesetzung des künftigen Nestinhabers alles andere als einverstanden. Sie besaßen sogar die Dreistigkeit, den eigentlichen Hausherren heftig zu attackieren. Ohne Erfolg, wie man sich denken kann.


Da werde ich doch einmal kurz zur Tat schreiten!

Der Neue – und diesem Umstand galt mein erster Blick – trägt keinen Ring. Auch die Partner unseres Paares aus dem Jahre 2003 waren unberingt. Kaum hatte der lange Ersehnte im Nest Fuß gefasst, ging er bereits ans Werk.


Ich war schon lange in keinem Nest mehr gestanden.

Die Dohlen kamen ihm dabei noch einige Male gefährlich nahe, aber er begann sofort mit dem Aufräumen. Zweige am Nestrand wurden dazu nach einem nicht durchschaubaren System in eine etwas neue Ordnung gebracht und an anderer Stelle wieder neu verankert. Das Ganze hatte so viel Zug und Power, dass ich mir in diesen Minuten nicht mehr vorstellen konnte, unseren Neubürger abermals zu verlieren.

    
Dann mal erst den Hausputz erledigen!

Die beiden Vorgänger verhielten sich zu diesem Zeitpunkt eher ängstlich und zögerlich. Der Neue jedoch arbeitet mit System und Ausdauer. Nach einer guten halben Stunde Präsenz trat Unruhe in unserem Freund zu Tage. Er begann, ständig nach oben zu schielen, zu klappern, zu drohen und dabei mit beiden Flügeln heftige pumpende Bewegungen zu machen.

    
Hier bin ich! Haut ab!

Sieht unser Freund etwas, das wir nicht sehen können? Offensichtlich bewegte sich zu dieser Zeit ein oder mehrere Fremdstörche im Luftraum über Dinkelsbühl. Zwischen 13:04 Uhr und 13:45 Uhr flog der Altrathausstorch sieben Mal kurz vom Nest, um nach wenigen Sekunden bzw. etwa einer Minute erneut zu landen und seine Nestansprüche durch sein gesamtes angeborenes Verhaltensrepertoire zu untermauern. Danach kehrte wieder Ruhe ein und wie zur Unterstreichung des Gesagten ließ man sich um 14:03 Uhr erstmals im Nest nieder.


Wer arbeitet, darf auch ruhen!

Ohne zu viel zu spekulieren, glaube ich fest daran, dass dieser Storch zunächst sicher bleiben wird, vielleicht schon bald in Gesellschaft eines Partners.

Nach knapp 3 Stunden Daueranwesenheit am Nest flog der Neubürger erstmals ab. Fast zeitgleich mit seinem Abzug erschien das muntere Dohlenvolk und wechselte sich in bunter Folge beim Klau von Nistmaterial ab. Es verging kaum eine Minute, in der man nicht wenigstens eine Dohle bestaunen durfte. Adebar war in der Zwischenzeit vor die Tore der romantischen Stadt geflogen, um seinen Hunger zu stillen und erste Kontakte mit der Nahrhaftigkeit seines Lebensraumes herzustellen. Nach fast genau zwei Stunden blitze es gegen 17 Uhr wieder im Nest und eine schwarz-weiße Blume entfaltete ihre „Blütenpracht“.


Hier bin ich der Herr!

Ciconia ciconia war wieder zurückgekehrt.


Wieder zurück! Klappern gehört zum Handwerk!

Nun gab es für weitere 90 Minuten deutliche Signale, dass hier einer haust, der gewillt ist, seine Eroberung gegen alle Eindringlinge zu verteidigen.


Verteidigung macht müde!

Kaum war der Neu-Dinkelsbühler ein zweites Mal abgeflogen, rückten die Dohlen abermals zur Nestplünderung an. Als sich die Dämmerung bereits über Stadt und Land senkte, flog Adebar um 19:41 Uhr zur ersten Übernachtung in der Storchenbehausung ein.


Meine erste Nacht in Dinkelsbühl!

 
04. Apr. 04

So könnte es weiter gehen!


Guten Morgen!

Der bleibt jetzt auf alle Fälle, so wie er den Tag verbracht hat. Ein Gast auf Zeit legt nicht eine solche Dynamik an den Tag. Auch von gelegentlichen Regenschauern ließ sich der Unsrige in keiner Wiese beirren und tat das, was er für richtig hielt. Als er nach dem morgendlichen Abflug um kurz nach 8 Uhr wieder am Nest erschien, begann eine längere Bauphase, in der eifrig an der Behausung Ausbesserungsarbeiten ausgeführt und Zweige am Nestrand in die richtige Position gebracht wurden.


Hier droht Absturzgefahr!

Unterbrochen wurden diese Aktionen immer wieder durch lang anhaltende Klapperstrophen und Imponierverhalten, womit Adebar eindeutig zum Ausdruck bringen wollte, wer hier Herr im Hause sei. Einige Male rückte der Hausbesitzer ohne erkennbaren Grund auf den Dachfirst hinter dem Nest.


Abgerückt!

Man hatte den Eindruck, dass er sich von diesem Platz aus über den äußeren Zustand des Nestes informieren wollte.


Außeninspektion!

Nach wenigen Sekunden war das kurze Intermezzo vorbei und er sprang, unterstützt von einigen kurzen Flügelschlägen, zurück auf die Nestplattform.


Auch von hier klappert es sich vorzüglich!

Wie aufmerksame Leser sicherlich schon bemerkt haben, spricht ihr Tagebuchschreiber bei der Personalisierung des Storches von einem „Er“. Das fällt mir im Augenblick ein wenig leichter, aber erst nach dem möglichen Erscheinen eines Partners wird man (vielleicht) letzte Klarheit bekommen. Doch alles deutet in unserem Falle darauf hin, in unserem Neststorch einen Mann vor uns zu haben. Als die Dämmerung und dunkle Regenwolken den Himmel über Dinkelsbühl doch schon merklich verfinstert hatten, drehte unser Freund noch eine Ehrenrunde ums Nest, um sich schließlich doch noch einmal einen Bissen vor den Toren der Stadt zu gönnen. Als er nach bangen Minuten des Wartens wieder erschien zeigte die „Nestuhr“ immerhin schon 20:20 Uhr. Respekt, Herr Specht! Bei diesen Lichtverhältnissen quasi im Blindflug zurück zum Nest zu fliegen ist schon keine Selbstverständlichkeit.


Morgen komme ich etwas früher zurück!

Ist der heutige Übernachtungsgast vielleicht mit der Dinkelsbühler Nestumgebung aus dem Vorjahr schon vertraut. Könnte es sein, dass ...? Viele Fragen, die auf eine Klärung warten. Die anderen Storchennester im Internet beginnen sich ebenfalls mehr und mehr zu füllen. In Vetschau ist das Paar ebenfalls komplett, in Riesa verhält es sich ähnlich wie in Dinkelsbühl: Der erste Storch ist da! Auch im Landkreis Ansbach – dem Landkreis mit den meisten Storchenpaaren in Bayern (im Jahre 2003 waren es 13!!) – füllen sich die Nester nach und nach. In Wassertrüdingen hat sich schon seit mehreren Tagen ein Paar „eingenistet“, während Herrieden diesen Zustand erst seit kurzem aufzuweisen hat. Der Einzelstorch in Wittelshofen ist jedoch leider wieder abgezogen, so dass man sich hier noch etwas in Geduld üben muss.

 
05. Apr. 04

April, April, der weiß nicht, was er will! Ganz im Gegensatz dazu wusste unser Neststorch sehr wohl, was er zu tun hatte. Nestbau pur war angesagt. Und er legte sich trotz sehr durchwachsenen Wetters mächtig ins Zeug. Heftige Regen- und Graupelschauer wechselten sich mit einigen Minuten Sonnenschein in bunter Folge ab. Der Wind blies von Zeit zu Zeit ein am linken Nestrand hängendes Stück weißer Plastikfolie hoch, so dass mancher glauben wollte, ein zweiter Storch stünde schon „Gewehr bei Fuß“ und sei jederzeit bereit, den Sprung ins Nest zu wagen.


Leider! Kein zweiter Storch!

Das Folienteil stammt noch aus dem Vorjahr, als unser männlicher Storch – wir gaben ihm den Namen Georg – eine von Plastikmüll geprägte Sammelleidenschaft entfachte. Während des Winterhalbjahres aperte dieses besagte Teil aus und verfing sich letztlich an den Zweigen des linken, unteren Nestrandes. Wem also schon deswegen der Atem stockte, sei beruhigt und lehne sich noch entspannt zurück. Heute wurde es mit unserem zweiten Storch noch nichts, aber das hatte ja auch niemand schon erwartet. Ihr Tagebuchschreiber rechnet aber dennoch innerhalb einer Woche mit seinem Erscheinen. Die Ereignisse des Tages erhärteten den schon gestern geäußerten Verdacht, in unserem Nestbesetzer einen Storchenmann ausgemacht zu haben. Seine enorme Nestbautätigkeit sowie sein immer wieder gezeigtes Revierverhalten im Nestbereich sollten ein sichtbarer Ausdruck seiner Männlichkeit sein, wenngleich sich auch die Weibchen am Nestbau und der Nestverteidigung aktiv, aber weniger stark beteiligen.

    
Drohverhalten im Fersensitz

Das Volk der Dohlen konnte den Abflug Adebars immer kaum erwarten und war sofort zur Stelle, wenn es an den Raub von Nistmaterial ging. Fünf Exemplare der schwarzen Rabenvögel tummelten sich zeitgleich in der Nestmulde.


Dohlenangriff!

Diese erhielt am heutigen Tag ihre erste Ausstattung mit altem Gras, immerhin ein Anzeichen für den beginnenden Innenausbau des Nestes.


Punktlandung!

Startklar!

Gerade noch erwischt

Der letzte Abflug des Tages vom Nest fand um 19:40 Uhr statt, die letzte Rückkehr um 20:00 Uhr. Danach senkte sich die zweite Nacht über Freund Adebar, die er wie schon gestern in überwiegend liegender Position anging.

Einen ganz besonderen Service bietet Burhard aus Bernau bei Berlin. Er hat eine Flashanimation aus insgesamt 250 Bildern zusammengestellt. Eine wunderbare Dokumentation über die Aktivitäten des Storches, nicht nur für diejenigen, die aus Zeitgründen nicht so oft nach unserem neuen Storch schauen können. Bravo Burkard!

 
06. Apr. 04

Die Temperaturen bewegen sich weiter auf Talfahrt. Der Vormittag, einschließlich der frühen Nachmittagsstunden, geriet zu einer einzigen Wetterkatastrophe.


Heutiger Dauerzustand!

Gelegentlich entluden sich sogar heftige Schneeschauer, während derer es mit gerade mal drei Grad fast winterlich wurde. Von alle dem bekamen Sie heute während zweier Stunden nichts mit, gab es doch seitens der Technik, hier vertreten durch Andreas Kamm und Wolfgang Horlacher (Webmaster), einiges an Umstellungsarbeiten. Als Ergebnis präsentieren wir Ihnen heute einen 5-Sekunden-Zeittakt, der uns vorerst einmal zufrieden stellen sollte, entgehen uns jetzt sogar kleinere Details nicht mehr. Ob es weitere Verbesserungen in dieser Hinsicht geben wird, wird die Zeit mit sich bringen. Dass die Schnappschussfunktion im Augenblick nicht mehr möglich ist, bedauert Ihr Tagebuchschreiber am allermeisten, fehlen nun doch Bildbelege zur Gestaltung der Tagebucharbeit. Andreas Kamm wurde inzwischen gebeten, hier eine Lösung zu finden und wie ich ihn kenne, wird er dies auch schaffen. Also noch ein wenig Geduld! Während der Zeit, in der nichts zu sehen war, flog unser Storch nur zweimal ab, ansonsten stand er wie der sprichwörtlich begossene Pudel im Nest und machte sich so klein wie möglich, um dem prasselnden Regen wenig Angriffsfläche zu bieten. Das Nest überstand diese regnerische Bewährungsprobe in vorzüglicher Weise, obwohl der Innenausbau fast komplett fehlt, bildete sich nicht die kleinste Pfütze. Nur kurzzeitig spiegelte sich an einigen Stellen die Nässe. Gegen 14 Uhr wurde es mit dem Dauerregen deutlich besser und Sie konnten bereits eine Stunde früher das neue Bildgefühl erproben. Nur langsam verschwanden die Regentropfen von der Scheibe des Kameragehäuses und unser Storch begann so langsam mit Trocknungsübungen.


Sitzt, passt, wackelt und...

Dem folgten dann auch bald regelmäßige, kurze Absenzzeiten, die Adebar damit nutzte, um Polstermaterial für die Trockenlegung seines Nestes herbeizuschaffen.


Reife Bauleistung!

Erfreulich, was sich heute nicht nur in Sachen Technik, sondern auch auf dem Gebiet des Wohnungsbaus ereignete und das bei einem derart miesen Wetter. Als sich dieses am Nachmittag spürbar besserte, flog Adebar in kurzen Abständen hin und her und brachte einige weitere Portionen altes Gras für die Innenauskleidung des Nestes.


Aus alt mach neu!

Kurz nach 20 Uhr – dieser Zeitpunkt scheint sich einzupendeln – landete unser schon lieb gewonnener Freund zum letzten Mal im Nest. Liegend döste er in seine dritte Nacht in Dinkelsbühl.

 
07. Apr. 04

Die Wetterkapriolen halten an! Doch kein Mensch muss sich deshalb um unsere Störche sorgen. Sie haben im Laufe ihrer Storch-Werdung schon ganz andere Witterungsperioden überstanden. Sie können sich denken, was da im Laufe von über 100 Millionen Jahren so zusammen kommt. Und die meiste Zeit dieser mehr als 100 Millionen-jährigen Vergangenheit haben sie es ohne Menschen geschafft. Das bisschen Schnee in Isny macht einem Storch in der Brutzeit doch überhaupt nichts aus. Vielleicht scheitert einmal die Brut oder er räumt langfristig den offensichtlich wenig geeigneten Brutort. Da haben Zustand, Aussehen und Konstruktion des Nestes nicht den geringsten Einfluss. Wird ihm dabei jedoch ständig durch übertriebene Tierliebe und Besserwisserei ins Handwerk gepfuscht, entwickeln sich zunehmend Verhaltenskrüppel, die zu echten Problemfällen werden und die Naturschutzarbeit erschweren. Ist doch schon merkwürdig: In einer Stadt im Allgäu landet ein Storch auf dem Flachdach eines Parkhauses und lässt sich dort füttern. Gab es vielleicht Schweinerollbraten oder doch lieber frisches Rinderhack? Das funktioniert aber nur, wenn Adebar Futterstelle und Fütterer durch lange Erfahrung kennt. Ich möchte gar nicht wissen, an wie vielen anderen Nestern abseits vom Kamerablick ähnlich traurige Zoostörche herangezogen werden. Es ist längst an der Zeit, mit solchem Unfug aufzuhören. Wer in einem Freilandzoo leben will, kann dies gut heißen. Dann soll man aber nicht so verlogen tun, sondern die Tiere in den Zoo stecken und sie dort bewundern. Armer Storch, kann man da nur sagen! Die Zahl der Winterstörche steigt und steigt. Ohne Grund werden sie, auch bei bestem Wetter ohne eine Schneeflocke, geschweige denn einer geschlossenen Schneedecke, gefüttert auf Teufel komm raus. Störche sind sehr findig. Sie lassen sich gerne bedienen und fressen alles, was ihnen vor den Schnabel kommt. Und hier erliegen gerade die Tierschützer unter uns dem Kindchenschema, das von einer so beliebten Vogelart wie dem Weißstorch ausgeht. „Die verhungern doch, wenn man sie nicht füttert!“ Kann sein! Wenn keine Nahrung vorhanden ist, ziehen Vögel normalerweise ins Winterquartier. Sie sind auch in der Lage, selbst auf großräumige Klimaveränderungen – wie sie sich momentan weltweit abspielen – zu reagieren und diese neu gewonnene Erfahrung innerhalb weniger Generationen genetisch anzupassen. Beim Storch erleben wir gerade diese Anfänge einer Veränderung in einer Zugwegverkürzung. Schuld ist das Nahrungsangebot, das spanische Müllkippen vor allem in Andalusien bereit halten. Was wird sein, wenn diese Müllkippen in absehbarer Zeit zu Müllverbrennungsanlagen mutieren? Füttert man Störche vor den Werkstoren weiter mit Schlachtabfällen, Fischabfällen und anderem werden sie bleiben. Dies wird bei der großen Zahl an Tieren aber nicht realisierbar sein und es wird keinen geben, der dafür Zeit und Geld opfert. Also werden sich die Adebare nach anderem umsehen. Finden sie nichts, wird es zu Todesfällen kommen. Einige Findige werden sich an ihre Vergangenheit erinnern und erneut den Sprung über die Straße von Gibraltar wagen. Dieses Wissen wird weiter gegeben und in einigen Jahren werden wieder die meisten nach Afrika übersetzen. Zurück in unsere Breiten: Hätte man mit dem Unfug der Fütterung nicht angefangen, hätte sich diese Tradition auch nicht herausgebildet. Gewiss, es wäre zu Todesfällen gekommen! Kein Problem, kein Grund zur Aufregung! Wer zählt die vielen toten Eisvögel nach einem strengen Winter? Wer regt sich deswegen schon auf? Ihre Zahl sinkt in einem solchen Falle dramatisch ab. Verlassene Gebiete werden aber wieder besiedelt und nach einigen milden Wintern hat die Zahl der Vögel wieder einen hohen Ausgangswert erreicht. Wird der Lebensraum in der Zwischenzeit jedoch verändert und für den Eisvogel unbewohnbar, bleibt er auch nach vielen milden Wintern aus! Noch ein Letztes: Während man in der Umwelterziehung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zum behutsamen Umgang mit Vögeln und deren Nestern aufruft und jegliche Störung am und um das Nest einer Vogelart zu vermeiden sucht und sogar ausdrücklich verbietet (Kinder wissen noch ganz genau, dass es sich bei den Brutstätten um extrem sensible Bereiche handelt), ruft man in bestimmten Kreisen zu massiven Nesteingriffen auf und dies sogar während der Brutzeit. Manche Nestern werden vor und während der Brut und Jungenaufzucht fünf, sechs Mal angefahren. Da ist es doch echt einfacher, das Gelege gleich am Anfang zu entnehmen und sich so manchen Ärger zu sparen. In den letzten Tagen hat man sich an anderer Stelle sogar über unser Storchennest in beinahe spöttischer Weise geäußert und auch hier zu massivem Nesteingriff aufgefordert. Von „Platte“ im Nest war da die Rede, ferner sei es für Wasser nicht durchlässig und versumpft. Nur schade, dass unser Storch sein Nest noch selber bauen muss und sich dennoch allemal besser damit auskennt als jeder Storchenschützer. Innerhalb von 3 Tagen ist hier ein Meisterwerk entstanden, das sich vor keinem hausgemachten Storchennest zu verstecken braucht. Deshalb: Hände weg vom Storchennest! In den letzten Tagen häufen sich die Berichte, dass eine bestimmte Gruppe von Storchenschützern ihre abstrusen Ideen Bayernweit zu streuen beginnt, indem Gemeinden mit einem Storchennest auf den „richtigen“ Umgang mit Nest und Storch hingewiesen werden. Diese „Empfehlungen“ konterkarieren die Naturschutzgesetze ebenso wie die Richtlinien der Naturschutzverbände und Naturschutzbehörden bis hinauf in die Ministerialbürokratie. Bewundern Sie doch bitte einmal in aller Ruhe unser altes, neues Nest. Der Storchenmann hat offenbar Gefallen an feineren, weil etwas dünneren Zweigen gefunden, die sich nun als frische Auflage deutlich vom Unterbau abheben. Auch die Nestmulde, die eigentlich keine Mulde ist, hebt sich nun durch die Begrünung – auch Mist wurde eingetragen – deutlich vom übrigen Bau ab. Adebar legt sich häufig für kurze Zeit ins Nest und ändert bei jedem Liegevorgang die Position. Dadurch entsteht die vollendete Kreisform des jungen Nestes. Man könnte die Situation als Nest im Nest beschreiben. Und in dieser Weise geht es Jahr für Jahr eine Schicht weiter noch oben, das Nest gewinnt an Höhe. Leider gibt es solche „Nestburgen“ immer weniger, da die Sucht der Nestreinigung und Nestmanipulationen ein Wachsen gar nicht mehr zulässt. Dabei sind solche Eingriffe nur bei der Gefahr des Absturzes oder der fehlenden Stabilität der Nestunterlage angebracht. Das höchste Storchennest in Deutschland stand bis vor kurzem in Bälow in Brandenburg und maß 2,20 Meter in der Höhe. Es wurde abgeräumt und die Störche verschwanden. Neulich fand ich in einem großartigen, auf dänisch verfassten Buch von Hans Skov „Storken“ ein eindrucksvolles Foto aus Spanien, das ein Nest mit sage und schreibe 3,80 Metern Höhe zeigt. Hier kam über Jahrzehnte keiner auf die Idee, am Nest herumzufummeln. Im Gegenteil bieten solche richtigen Nester eine viel höhere Attraktivität und werden bei der Auswahl immer bevorzugt und häufig als erste besetzt. Ich hoffe, Ihnen mit meinen Erläuterungen meine Sichtweise der Storchenarbeit ein wenig näher gebracht zu haben. Dabei bin ich mir voll bewusst, dass andere dies eben anders sehen. So wird es im menschlichen Miteinander immer sein und bleiben, ohne dass man deshalb nicht miteinander reden könnte.

Für alle Philatelisten gab es heute durch die Deutsche Post ein Highlight in Form einer Sonderbriefmarke zur Thematik „Bedrohte Tierarten“.


Das Prachtstück der Deutschen Post

Dass dabei der Weißstorch berücksichtigt wurde findet natürlich unser aller Gefallen. Dass der gezeigte Storch auch noch beringt ist und einen Sender trägt (sieht man aber nicht!) und Prinzesschen heißt und zur Zeit in Israel Station macht und vielleicht Ende April an ihrem Nest in Loburg eintrifft, macht die Angelegenheit nach pikanter. Also an die Postschalter und mindestens einen Bogen für die Tagespost kaufen. Sicherlich bereiten Sie den Empfängern damit eine kleine Freude. Zum Schluss möchte ich Sie noch mit einigen Bildern des Tages erfreuen. Unser Mann blieb auch am heutigen Mittwoch noch Single, doch es wird der Tag kommen............

    
Regen war auch heute das Thema des Tages

    
Feinarbeit am Nest!


Der prächtige Neubau! Auch Sonne gab es zwischendurch!

 
08. Apr. 04

Ein überaus ereignisreicher Tag liegt nun schon fast hinter uns. Doch möchte ich zunächst die Begebenheiten der Reihe nach erzählen. Zum Baueifer, mit dem unser Storchenmann weiter zu Werke geht, braucht man eigentlich kein Wort mehr zu verlieren. Es machte auch heute riesigen Spaß, ihm dabei über die „Schulter“ zu schauen. In kurzen Abständen standen An- und Abflüge auf der Tagesordnung und angesichts der abnehmenden Schauer- und Regentätigkeit fielen die Flüge auch weniger Kraft raubend aus. So nahm das Nest weiter Gestalt an und präsentierte sich am Abend in einem prächtigen Zustand.


Außen- und Innenausbau abgeschlossen..

    
Richten der Grobstrukturen!

Am Nachmittag gegen 14 Uhr stand ich in der Altstadt von Dinkelsbühl und konnte einige Aufnahmen aus einer anderen Perspektive, als Sie es gewohnt sind schießen.


Ob er weiß, was heute am Abend noch passiert?

Doch kurz darauf verließ der Baumeister seine Behausung und ward bis gegen 16 Uhr nicht mehr gesehen. Sicherlich hatte er sich in eines seiner Nahrungsgebiete begeben, doch an der Froschmühle stromaufwärts sowie im Brühl Richtung Wilburgstetten war er nicht. Vielleicht war er – wie mir Ulrich neulich berichtete – doch wieder in die Richtung der Weiherkette bei Botzenweiler – Tiefweg geflogen, wo er sich an zahlreichen kleineren Gewässern leicht der Beobachtung entziehen kann. Für mich standen ab 18 Uhr wichtige Proben mit dem Posaunenchor für die kommenden Feiertage an. Als mich um 19:33 Uhr eine SMS auf meinem Handy erreichte, dass zwei Störche im Nest stehen, war der Rest der Probe gelaufen und erst nach unendlich langen 20 Minuten, genau um 19:53 Uhr, hatte ich wieder einen direkten Blick vom heimischen Computer aus ins Nest. Doch durch Ihre lieben Gästebucheinträge sowie durch gelungene Schnappschüsse von Gisela lassen sich die mir fehlenden Minuten leicht rekonstruieren. Es muss so gegen 19:20 Uhr gewesen sein, als buchstäblich auf den letzten Drücker ein zweiter Storch am Nest erschien. Ob unser Erstankömmling zu der Zeit im Nest war und der zweite dazustieß, entzieht sich im Augenblick meiner Kenntnis. Wilfrieds Notiz um 19:21 Uhr lautet knapp: „Ich glaube ich sehe 2 Störche.“ An dieser Deutung der Situation gibt es keinen Zweifel, wenn Wilfried auch keine genaueren Details zu berichten weiß. Auf seinem meisterlichen Schnappschuss – man beachte seine Ruhe und Übersicht – sieht man den Storchenmann klappern und die Neue etwas scheu und abwartend neben ihm stehen.


Es ist fast schon vollbracht!

Ulrich und Gisela folgen mit gleich lautenden Beobachtungen kurz nacheinander. Offenbar duldete der Storchenmann – der Neuankömmling ist ein Weibchen – seine neue Flamme, denn auf zwei Schnappschüssen, für die ich mich bei Gisela bedanken möchte, sind jeweils Paarungsversuche des unberingten Männchens mit einem beringten Weibchen auszumachen. Dass diese Versuche ins Leere stießen, muss nicht verwundern.

    
Vergewaltigung! 

Die Zeit des Wartens hatte in unserem Storchenmann so viel Hormone fließen und stauen lassen, dass er zu dieser Vergewaltigungsorgie fähig war. Doch solch Handeln konnte ja zu nichts führen, war sie doch in keiner Weise paarungsbereit. Nach der ersten, offensichtlich wenig durchdachten Überreaktion, erinnerte sich Georg – belassen wir es einmal bei dieser Deutung – an seine Pauline und erkannte, dass er hier eine andere vor oder besser unter sich hatte. In einer Übersprungreaktion ging er in der Folge aggressiv gegen seine Partnerin vor.


Ich glaube, du bist doch die Falsche!

Vom Dachfirst aus beobachtete die Neue die Situation und er ließ sie gewähren. Beide standen sich so eine ganze Weile gegenüber. Nicht Fisch, nicht Fleisch!


Darf ich oder darf ich nicht?

Doch dann probierte es die noch Verschmähte ein weiteres Mal im Nest Fuß zu fassen. Es kam zu einer kurzen Rangelei, die mit dem Abflug der Dame endete. Sie muss wohl im Anschluss einige Runden um das Nest gedreht haben, denn immer wieder warf „Er“ den Kopf nach hinten, klapperte und drohte dem Neuankömmling.


Er spielt den Macho


Drohen oder Imponieren?

Und plötzlich stand sie wieder auf dem Dach. Beide putzten sich, aber nur so zum Schein als Aggressionsabbau-Handlung. Und wieder einige Minuten später – die Kamera sandte malerische Stimmungsbilder, bei denen die beiden Störche nur noch als Silhouetten zu sehen waren – wagte sie den nächsten Schritt. Sie sprang ins Nest und durfte bleiben.


Endgültig vereint!

Keine aggressiven Handlungen mehr, kein Drohen und Klappern. Nach einer guten Stunde war man sich also einig geworden und ein neues Weibchen hatte das Dinkelsbühler Nest und einen Mann erobert. Dass es nicht Pauline vom Vorjahr sein kann, belegt der Ring, den „Sie“ rechts über dem Fersengelenk trägt. Der schwarze ELSA-Ring wird seit einigen Jahren von deutschen Vogelwarten verwendet. Man kann deshalb in Unkenntnis der Ringnummer und der Ringinschrift schon so viel vermuten, dass es sich um eine noch recht junge Störchin handeln dürfte (2 bis maximal 4 Jahre). Das Ablesen ist bei dieser Art von Ring ein Kinderspiel. Morgen werde ich diese Aufgabe erfüllen und Ihnen dann mehr berichten können. In den nächsten Tage sollte sich die neue Gemeinschaft festigen und ihr Verhalten synchronisieren. Dies ist eine Voraussetzung für erfolgreiche Paarungen und diese wiederum sind Voraussetzung für die Ablage befruchteter Eier und dies wiederum ist die Voraussetzung für einen Bruterfolg. Nun gilt es seit wenigen Jahren als nicht mehr verwunderlich, wenn sich zweijährige Störche erfolgreich an einer Brut beteiligen. Es gilt aber nach wie vor die Faustregel, dass sehr junge Störche weniger Nachwuchs aufziehen als ältere Störche. Das bedeutet: Wenn unser Storchenweibchen erst zwei Jahre sein sollte, wäre eine Jungenzahl von drei schon in den Bereich des Maximums anzusiedeln. Viel wahrscheinlicher wäre eine niedrigere Nachwuchsziffer. Und das ändern weder optimale Wetter- und Nahrungsbedingungen noch die Beschaffenheit des Nestes. Bis jetzt ist aber noch alles Spekulation. Einen nicht zu verachtenden Nebeneffekt der Beringung stellt nun die Möglichkeit dar, die Geschlechter einwandfrei und spielend leicht zu unterscheiden. Bei allen Beobachtungen kann immer gesagt werden, ob die Handlung vom Weibchen oder Männchen ausging, welche Marotten die beiden so an den Tag, wer als erster am Morgen abfliegt, wer die längere Zeit brütet, wer von beiden sich verstärkt an der Jungenaufzucht beteiligt, wer in der Nacht brütet usw.? Sie sehen, es wird noch spannender und noch interessanter als im letzten Jahr. Vorausgesetzt, das Paar bleibt in dieser Formation zusammen. Dass das letztjährige Weibchen doch noch auftaucht, kann nicht ausgeschlossen werden. Dann kommt es auf die individuelle Konstitution aller an den möglichen Auseinandersetzungen beteiligten Störche an, wer sich durchzusetzen vermag. Die besten Chancen haben jedoch die jeweiligen Nestinhaber, denn da heißt es in unserem hypothetischen Fall „zwei gegen eine“.

 
09. Apr 04

An den Anfang möchte ich heute eine etwas längere Bemerkung zum Thema Winterfütterung stellen. Ich werde damit eine kleine Serie von Beiträgen beginnen, die brisante Themen des Storchenschutzes aufarbeiten und entweder von namhaften Ornithologen, von Laien oder von Personen stammen, die sich mit der Materie auskennen. Ganz besonderes Gewicht haben in diesen Belangen Naturschutzverbände, die nun wahrlich nicht von Ignoranz oder Besserwisserei gekennzeichnet sind. Bayerns größter Naturschutzverband mit über 100.000 Mitgliedern, der Landesbund für Vogelschutz, äußert sich zur angesprochenen Thematik wie folgt:

Sie sehen, dass sich die Einsichten, die hier vorgebracht werden, komplett mit meinen decken. Die Reihe wird mit Stellungnahmen zur Problematik des Eingriffs an Nestern fortgeführt.

Das neue Weibchen ist vielleicht eine Wuchtbrumme! Erstens ungemein frühreif und dann noch ein Apparat von Storch! Wenn beide so nebeneinander stehen, behaupte ich einmal ganz keck: Das Weibchen ist direkt größer. Dass das Männchen seine Partnerin überragt, kann in unserem besonderen Falle ausgeschlossen werden. Da haben sich zwei gefunden, die zumindest die gängige Lehrmeinung widerlegen. Das hätte ich in dieser Form nicht erwartet und kenne ich aus meiner bisherigen Beobachtertätigkeit in dieser krassen Form auch noch nicht.

    
Ist die Dame (rechts) aber groß!

Dann heißt es immer wieder, Männchen hätten den längeren und kräftigeren Schnabel. Von wegen! In dieser Beziehung steht die Storchendame ihrem Partner ebenfalls in Nichts nach! Ich wage es noch gar nicht zu äußern: Sollten sich hier zwei gleichgeschlechtliche Partner gefunden haben? Dies widerspräche allen angeborenen Verhaltensmustern, die solche Beziehungen eigentlich ausschließen sollten. Sollte sich ein Schwulenpaar gefunden haben? Die bisherigen Paarungsversuche gingen bisher alle gänzlich in die Hose. Wenn die so weiter machen, dann werden wir unser blaues Wunder erleben. Also in den nächsten Tagen aufgepasst! Wer eine Paarung beobachtet (Männchen steigt auf Weibchen!), sollte penibel genau darauf achten, ob der Vorgang nur angedeutet ist, vor dem Vollzug abgebrochen wird oder ob es tatsächlich zu einem solchen kommt. Eine erfolgreiche Kopulation hat dann statt gefunden, wenn  der Storchenmann auf das Weibchen steigt, dann im Fersengelenk einknickt, unter Flügelschlag am Schultergelenk des Weibchens Halt findet und abschließend beide Kloaken deckungsgleich aufeinander gepresst werden. Im Augenblick des Schreibens haben sie es gerade miteinander gemacht! Und liebe Leser, es hat gar nicht schlecht ausgesehen.


Alles muss gelernt werden! Nicht so...


...sondern so!

Dann muss ich mich halt schon jetzt eines besseren belehren lassen. Die beiden brauchen nur ein wenig Zeit und die wollen wir ihnen gerne gönnen. Während des ganzen Tages waren sie beständig dabei ihr gesamtes Verhaltensrepertoire zu synchronisieren. Sie taten alles gemeinsam und bewegten sich sehr häufig im Gleichklang. Sie putzten sich im Gefieder, jeder in gleicher Körperhaltung und an der gleichen Stelle. Flog „Er“ ab, folgte „Sie“ auf der Stelle, zupfte „Er“ am Nistmaterial herum, tat „Sie“ es ihm gleich. All dies sind unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Paarung.


Synchrone Bewegungen!

Diese ist bei Vögeln eine schwierige Unternehmung und nicht immer von Erfolg gekrönt. Deshalb finden ja auch täglich mehr als 10 Versuche statt. Unser Weibchen – und dies lässt sich nicht wegdiskutieren – ist ohne Frage riesig von Gestalt und dem Männchen in dieser Beziehung nicht unterlegen. Zweitens: Unser Weibchen ist jung. Ich habe inzwischen den schwarzen ELSA-Ring, den „Sie“ über dem Fersengelenk (schaut so aus wie das Knie, ist aber kein Knie – Sonderausbildung bei Vögeln!?) trägt, abgelesen. Die den Ring ausgebende Vogelwarte ist die Vogelwarte Radolfzell. Das heißt, dass betreffender Storch im Arbeitsbereich dieser Vogelwarte beringt wurde. Von mir – das steht auch fest – ist er nicht markiert worden. Bleiben als Beringungsorte andere Teile Frankens, Baden-Württemberg, Hessen oder die Pfalz. Die vierstellige Nummer mit dem voran gestellten Buchstaben A lässt auf eine erst zweijährige Störchin schließen. Sobald die Beringungsdaten vorliegen, werde ich meine Leser exklusiv davon unterrichten. Wer sich über den ELSA-Ring, seine Entwicklung sowie über die Bedeutung der vier Buchstaben ELSA informieren möchte, klicke doch einfach auf die Website der Vogelwarte Radolfzell. Hier erfahren Sie alles Wichtige zu dieser Möglichkeit der Storchenforschung. Wenn man den beiden noch etwas Zeit geben muss, dann auch, weil das Weibchen mit Sicherheit eine Erstbrüterin ist.


Kann sich doch schon sehen lassen. „Er“ steht, „Sie“ liegt.

Das bedeutet im Klartext, dass sie sich gestern und heute zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem männlichen Storch gepaart hat. Dass man bei derlei Schwierigkeiten auch in diesem Punkt ein wenig Erfahrung braucht, muss ich Ihnen sicher nicht besonders eindrücklich erklären. Als kleine Hausaufgaben für die Osterfeiertage: Achten Sie auf synchrones, also gleichzeitiges Verhalten, vergleichen Sie öfters beide Partner und bestätigen oder korrigieren Sie meinen Eindruck vom „Riesenweib“, beobachten Sie kritisch, ausschließlich nach wissenschaftlichen, weniger aus voyeuristischen Gesichtspunkten heraus die Paarungsabläufe (Kloake auf Kloake!!) und senden Sie mir zur Bebilderung der Tagebucheinträge Belegaufnahmen der sexuellen Handlungen.

Ich muss es zum Schluss noch einmal wiederholen und kann mich gar nicht genug wundern: Ist das Weibchen groß! Und während ich das schreibe, hat sie bereits die Hosen an und lässt „Ihn“ fürs Erste schon mal sitzen. Er bleibt allein im Nest zurück, erstmals seit ihrer Zweisamkeit. Nun scheint zum Schluss sich doch alles zum Guten zu wenden. Das Paar ist nicht schwul und mit den Paarungen bekommen es die zwei auch noch auf die Reihe. Kurzum: Es lohnt sich in Dinkelsbühl vorbeizuschauen. Und noch ein Hinweis! Bitte weiter sagen, dass es hier das beste Storchennest, die besten Informationen, die beste fachliche Begleitung und in dieser Kombination das beste Kamerabild weltweit zu sehen gibt. Das müssen auch manche Kritiker zugeben, die unserer Website abgeschworen haben, aber nun doch heimlich Bild und Text in sich hineinziehen, weil sie überzeugt sind, nirgends Besseres zu finden. Ist völlig in Ordnung und ich freue mich sogar, wenn ich Anlass zu Diskussionen bieten kann. Wo sollten denn sonst all die Unzufriedenen ihren Frust und ihre Ängste los werden? Ein Buch und sei es nur ein unverkäufliches Tagebuch, findet doch bekanntlich mehr Beachtung, wenn  sich darin Reibungspunkte ergeben und die werden auch in Zukunft nicht unter den Teppich gekehrt oder verschwiegen, wie bei den meisten der anderen Webcams. Storchenwebcams sind in den beiden  letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Derzeit sind es 28. Bei den meisten lohnt sich nicht einmal ein Blick ins Nest (man sieht so und so nicht viel). Es bleibt eine Hand voll, die zumindest vom Bild einigermaßen gelungen sind. Den Rest sollte man lieber vergessen!


Aus der Bahn! Ich komme wieder!

 

 

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Thomas Ziegler

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